Einige glauben, das Wasserstoff-Zeitalter komme nie, auch wenn einige davon träumen. Ein Paradebeispiel sei die Autoindustrie: Seit den Neunzigerjahren forschen vor allem Hyundai, Daimler und Toyota an der Antriebsalternative. Doch auf der Straße ist kaum etwas von den Milliarden-Investitionen zu sehen. Weltweit sind etwa 18 000 Fahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb im Einsatz. Die meisten in den USA und Asien, mit deutlichem Abstand gefolgt von Europa. Bei einem Pkw-Bestand von mehr als einer Milliarde Fahrzeuge sind das weniger als 0,0018 Prozent. Der Aufbau einer Infrastruktur lohnt sich dafür eher nicht. 700 Pkws braucht eine Wasserstofftankstelle pro Tag, um rentabel zu sein. 80 Tankstellen warten mit entsprechenden Zapfsäulen auf Kunden. Doch in Deutschland gibt es weniger als 200 Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Das kann sich nicht rechnen.
Einerseits. Andererseits wird auch der Aufbau einer öffentlichen (Schnell-)Ladeinfrastruktur für Millionen von Elektrofahrzeugen zum finanziellen Kraftakt. Es geht also um politische Weichenstellungen - und um Unternehmensstrategien. VW-Chef Herbert Diess hat sich bereits entschieden: Er will sich auf reine Batteriefahrzeuge konzentrieren und die Entwicklung der Brennstoffzelle nur noch "auf Grundlevel" betreiben. Von dieser Entscheidung ist auch die Konzernmarke Audi betroffen, die sich gerade als Wasserstoff-Kompetenzzentrum profilieren wollte.
Ganz anders sehen die Vorzeichen bei Hyundai aus. Der Kooperationspartner der Ingolstädter setzt stark auf den Antrieb: Bis 2030 wollen die Koreaner ihre Produktionskapazität für Brennstoffzellensysteme auf 700 000 Einheiten pro Jahr aufstocken. Die Energiewandler sollen nicht nur in Autos, sondern auch in größeren Drohnen, Schiffen, Schienenfahrzeugen und Gabelstaplern eingesetzt werden. Außerdem werden sie bei Wasserstoff-Großspeichern gebraucht, um das Gas in Strom zu verwandeln. Es geht also nicht nur um den Verkehr, sondern um eine Sektorenkopplung mit der Energiewirtschaft. Denn die Speicherfrage ist zentral für die Energiewende: Wo soll der Grünstrom für Batterieautos herkommen, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint?
Absehbar kann Deutschland nicht genug Strom aus erneuerbaren Quellen selbst produzieren. Forschungsministerin Anja Karliczek sieht Wasserstoff deshalb als das Öl von morgen - also als das Mittel der Wahl für CO₂-freie Energieimporte: "Meine Idee ist, dass wir bis 2050 unseren Energiebedarf zu über 50 Prozent aus importiertem, nachhaltig erzeugtem Wasserstoff decken werden. Rund 25 Prozent können wir nach Expertenberechnungen aus heimischen Wind- und Solaranlagen gewinnen."
Wenn Wasserstoff, in welcher Form auch immer, zum Energieträger über längere Distanzen wird, ergibt es Sinn, auch die entsprechende Speicherinfrastruktur auszubauen. Verteilen ließe sich der gasförmige Wasserstoff auch über ausgediente Teile des Erdgasnetzes (L-Gas). Wenn die Weichen richtig gestellt werden.