Rose Reveal Six Disc im Test:Ein Bild von einem Rennrad

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Optisch tritt das Reveal Six Disc deutlich rasanter, schneller und aufregender auf die meisten anderen Rennräder von Rose. (Foto: Rose)

Mit dem neuen Reveal Six Disc poliert Hersteller Rose seine Marke ordentlich auf. Nur in den Regen sollte man damit nicht kommen.

Von Sebastian Herrmann

Das Begehren an und für sich wird stets von einer hoch irrationalen Energie befeuert. Es fällt oft schwer, in Worte zu fassen, warum man etwas großartig findet, warum etwas anziehend wirkt und die Leidenschaften weckt. Genauso unmöglich ist es, die Beweggründe einer Liebe zu sezieren und zu sortieren. Das sind natürlich hochtrabende Worte, wenn es denn - wie an dieser Stelle - um ein Fahrrad geht, ein Rennrad, um genau zu sein. Jedoch wirken auch im Rennradwesen irrationale Kräfte: Das Begehren richtet sich stets auf neue Modelle, und so richtig erklären, warum das eine Rad Sehnsucht weckt und das andere weniger, ist häufig schwer. An den technischen Gegebenheiten liegt das selten, denn die meisten guten Rennräder sind genau das: gute Rennräder. Stattdessen geht es um Optik, um Anmutung, um Image und die Frage, ob ein Rennrad Leidenschaft weckt.

Das neue Marathonmodell des Versenders Rose aus Bocholt trägt derlei Überlegungen Rechnung: Das Reveal Six Disc tritt mit einer Anmutung vor den Rennradfahrer, die den Rädern des Unternehmens bisher ein wenig gefehlt hat. Optisch ist das Reveal deutlich rasanter, schneller und aufregender, als die Marke bisher aufgetreten ist. Vielleicht lässt sich Rose da ein wenig mit dem Konkurrenten Canyon aus Koblenz vergleichen, der seine Räder ebenfalls direkt vertreibt: Vor Jahren wurden die Modelle von Canyon vor allem stets wegen des Preis-Leistungs-Verhältnisses gelobt, gute Technik zu guten Preisen. Aber längst hat sich die Marke so aufgeladen, dass ihre Räder als begehrenswerte Premiummodelle gelten. Profiteams fahren darauf, der Spanier Alejandro Valverde gewann 2018 die Straßen-Weltmeisterschaft auf einem Canyon und Hobbyfahrer richten ihr Begehren derweil auf die Räder, weil sie ihre Leidenschaft wecken.

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Die Konkurrenz von Rose hat in den vergangenen Jahren ihrerseits sehr gute Modelle gebaut, die in Sachen Preis-Leistung ziemlich gut waren. Das Rennradmodell X-Lite hat viele Fans, das Gravelbike Backroad gilt als sehr gelungene Interpretation dieses Fahrradsegments - aber trotzdem funkelte die Marke Rose noch nicht so strahlend, dass sie die irrationalen Seiten des Radsportlers weckte.

Züge? Wo sind da Züge?

So gesehen lässt sich das neue Reveal als Schritt interpretieren, die Marke weiter zu polieren und die Räder langsam und stetig zu Sehnsuchtsprodukten aufzubauen. Das Reveal Six Disc sieht sehr gediegen aus, auf die Optik haben die Entwickler offenbar besonderen Wert gelegt. Sämtlich Züge, beziehungsweise die Leitungen der Scheibenbremsen sowie die der elektronischen Shimano Ultegra-Di2-Schaltung sind fast komplett versteckt. Nur in der Mitte unterhalb des Lenkers, wo die Leitungen in den Rahmen geführt werden, sind ein paar Zentimeter zu sehen. Das gibt dem Reveal das aufgeräumte Äußere, auf das gerade so viele Hersteller setzen.

Auch der Karbonlenker von Ritchey ist Ausdruck eines Trends: Das Querrohr ist geformt wie die Tragfläche eines Flugzeugs. Aerodynamik ist ein großes Thema, mit dem die Hersteller werben - und nun sehen Lenker eben gelegentlich aus wie Flügel. Ob man damit schneller ist? Gewiss nicht, aber das Rad wirkt flotter, und gut greifen lässt sich der Lenker dennoch. Die Karbonfelgen der Laufräder der Eigenmarke Rose haben recht hohe Flanken, auch das wirkt schnell und aerodynamisch. Die Laufräder sind leicht, steif und wirken schnell. Bei einer Fahrt im Regen läuft jedoch das Hinterrad mit Wasser voll. Über ein kleines Loch in der Felge kann man es zwar wieder abfließen lassen, aber für eine Weile rollt Schwungmasse mit. Komischerweise dringt nur einmal Wasser in die Felge ein, bei zwei weiteren Regenfahrten tritt dieses Problem nicht mehr auf, obwohl diese sogar deutlich länger dauern.

Trotz allen aerodynamischen Anklängen steht beim Reveal der Fahrkomfort im Vordergrund, schließlich handelt es sich um ein Modell für lange Strecken. Besonders am Heck dämpft das Rad deutlich spürbar Erschütterungen weg. Die Sitzstreben setzen recht tief am Sitzrohr an, ein optisches Element, das viele Hersteller seit einiger Zeit einsetzen. In diesem Fall ergibt sich daraus Platz, um ein Stück der Rückseite des Sitzrohres auszusparen, so dass die Karbonsattelstütze Raum hat, um zu flexen, also nachzugeben und Stöße abzufedern. Die Klemmung für die Stütze befindet sich dort unter einer Plastikabdeckung, die Schraube seitlich im Rahmen. Die Dämpfung verleiht dem Reveal gelegentlich ein leicht schwammiges Fahrgefühl am Heck, was aber eine Frage der individuellen Einstellung ist.

Der Fahreindruck? Äußerst agil

Ansonsten hinterlässt das Rad einen agilen Fahreindruck, ein kleines bisschen wendiger und weniger gutmütig, als man das von vielen anderen Marathonmodellen gewöhnt ist. Die Sitzposition ist aufrecht, das Rad fällt verhältnismäßig kurz aus - so dass man in der gewöhnten Rahmengröße gerne mit einem längeren Vorbau als sonst fahren könnte.

Mit der Shimano-Ultegra-Ausstattung samt Scheibenbremsen und der elektronischen Di2-Schaltung wiegt das Rad etwa 7,2 Kilogramm und kostet 4799 Euro. Viel Geld auf der einen Seite, für diese Ausstattung auf der anderen Seite aber ein guter Preis.

© SZ vom 08.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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