Mögliches Verbot von Dieselautos:Paris legt radikalen Plan gegen Luftverschmutzung vor

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Bürgermeisterin Anne Hidalgo will bessere Luft in Paris. (Foto: Kenzo Tribouillard/AFP)
  • Radikale Maßnahmen gegen Staus und schlechte Luft: Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo will Dieselfahrzeuge aus der Stadt verbannen und die Innenstadt vom Durchgangsverkehr befreien.
  • Die Fahrrad-Infrastruktur soll ausgebaut werden.
  • In Paris werden Feinstaub-Grenzwerte der EU häufig überschritten.

"Ich will das Ende für den Diesel in Paris"

Für die Rue de Rivoli direkt am Louvre-Museum in Paris sind die Tage als "verpestete Schlucht" wohl gezählt: So nennt Bürgermeisterin Anne Hidalgo jene mehrspurigen Durchfahrtstraßen in der französischen Hauptstadt, durch die sich tagtäglich stinkende Blechlawinen quälen. Jetzt hat Hidalgo einen radikalen Umweltplan präsentiert, der vor allem gesundheitsschädliche Dieselautos binnen fünf Jahren aus der Stadt verbannen soll.

Seit Jahrzehnten wird in Paris über starke Luftverschmutzung geklagt, die zu großen Teilen auf die Dieselfahrzeuge zurückgeführt wird, die knapp 60 Prozent des Fuhrparks ausmachen. Nach ersten Weichenstellungen ihres Vorgängers Bertrand Delanoë, der unter anderem ein System von Elektro-Leihautos einführte, will die Sozialistin Hidalgo jetzt ernst machen: "Ich will effizient, schnell und hart vorgehen", sagte sie dem Journal du Dimanche. Das Ziel sei klar: "Ich will das Ende für den Diesel in Paris im Jahr 2020" und möglichst auch im gesamten Umkreis.

Die Sozialistin und ihre grünen Partner im Rathaus wollen den Plan schon nächstes Jahr umsetzen. Anfang Februar soll er im Stadtrat diskutiert werden, erste Verkehrseinschränkungen für besonders umweltschädliche Fahrzeuge solle es bereits Mitte nächsten Jahres geben, hatte Hidalgos grüner Stellvertreter Christophe Najdovski kürzlich angekündigt.

Verkehrsberuhigte Innenstadt

In den vier zentralen Bezirken - vom Place de la Concorde über den Louvre vorbei an Notre-Dame und dem Rathaus bis hin zur Bastille und dem Place de la République - sollen neben Fahrrädern, Bussen und Taxis allein die Autos von Anwohnern, Lieferanten und Notärzten zugelassen werden, so Hidalgo. Die Regelung solle zunächst für Wochenenden gelten, könne jedoch rasch auf den Rest der Woche ausgedehnt werden. Sie kündigte auch an, versuchsweise große Straßen wie die Champs-Elysées nur noch für besonders abgasarme Autos zu öffnen.

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Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur

Die Bürgermeisterin versprach außerdem, die Länge der Fahrradspuren bis zum Ende ihres Mandats 2020 zu verdoppeln. Insgesamt wolle sie zur Förderung des Fahrradverkehrs 100 Millionen Euro bereitstellen. Parallel zum bereits bestehenden Leihfahrradsystem Vélib' soll ein Verleih von Fahrrädern mit Elektroantrieb aufgebaut werden, zudem sollen die Pariser verstärkt auf Elektro-Mietautos oder die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen.

"Eine Situation wie beim Passiv-Rauchen"

Die Luftverschmutzung in Paris ist ein riesiges Problem. Häufig werden die EU-Grenzwerte für Feinstaub überschritten, vor einem Jahr erlebte die Metropole eine Woche lang eine der schlimmsten Smog-Phasen. Bis zu sechs Millionen krebserregende Feinststaub-Partikel hätten die Einwohner von Paris am schlimmsten Smog-Tag abends pro Liter Luft eingeatmet, ergab eine Studie. "Das ist eine Situation wie beim Passiv-Rauchen", hieß es in dem Bericht.

Pariser mehrheitlich für umweltschützende Maßnahmen

Die Bevölkerung unterstützt den Kampf gegen die Luftverschmutzung: 84 Prozent halten Maßnahmen dazu für vordringlich oder eher vordringlich, wie eine Umfrage ergab. Die Bürgermeisterin will sozial Schwachen auch finanziell Hilfestellung leisten, um vom Diesel loszukommen.

Dieselfahrzeuge sind in Frankreich besonders populär, mehr als jedes zweite Auto ist ein Selbstzünder. Sie gelten zwar tendenziell als effizienter als Benzinmotoren, produzieren aber Feinstaubpartikel, die besonders krebserregend sind. Andere große europäische Städte versuchen ebenfalls, den Staus und der Luftverschmutzung durch Autos Herr zu werden: So haben London und Stockholm bereits eine City-Maut eingeführt.

© SZ.de/AFP/Reuters/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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