Maut in Europa:Nur Deutschland mag es kompliziert

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Autobahnvignette: In Österreich müssen Aufkleber an die Windschutzscheibe geheftet werden. (Foto: Tobias Hase/dpa)
  • In Deutschland soll eine Pkw-Maut für Ausländer eingeführt werden. Es ist ein kompliziertes und umstrittenes Konzept, das womöglich gegen EU-Recht verstößt.
  • Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, Bundesverkehrsminister Dobrindt den Maut-Start daraufhin verschoben.
  • Der folgende Überblick schlüsselt auf, wie hoch die Maut in anderen Ländern ist und wie sie berechnet wird.

Von Thomas Harloff

Hier fahren sie frei: In den Benelux-Ländern, den Staaten Skandinaviens und des Baltikums sowie auf Malta, Zypern und in Deutschland wird aktuell keine generelle Autobahngebühr für Pkw erhoben. Zumindest in Deutschland soll sich das ändern. Nach dem Willen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der großen Koalition soll es eine "Infrastrukturabgabe für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen" geben - eigentlich schon 2016. Nun hat Dobrindt den Start auf 2017 verschoben, weil die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten wird.

De facto verbirgt sich hinter der "Infrastrukturabgabe" eine Pkw-Maut, die komplizierter kaum sein könnte. Deutsche Autohalter müssen eine Jahresvignette kaufen, deren Höhe sich an der Umweltfreundlichkeit und dem Hubraum ihres Autos orientiert. Maximal soll diese Vignette 103,04 Euro für Benzin- und 112,35 Euro für Dieselfahrzeuge kosten. Beispiellos ist, dass die Kfz-Steuer, die jene Halter für ihr Auto entrichten müssen, um exakt denselben Betrag sinken soll.

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Ein Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 sei unmöglich: Verkehrsminister Alexander Dobrindt muss den Beginn der Maut verschieben. Die EU-Kommission wird juristisch gegen Deutschland vorgehen.

Ausländische Fahrer müssen die Pkw-Maut auf jeden Fall entrichten. Entweder ebenfalls für ein Jahr und ebenfalls in einer Höhe, die sich an Umweltfreundlichkeit und Hubraum des Autos orientiert. Oder aber allein abhängig von der Zeit: entweder als zehn Euro teure Zehn-Tages-Vignette oder Zwei-Monats-Vignette für 20 Euro. Die meisten Experten sehen in diesem Modell eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer, die den Betrag nicht über die Steuer zurückbekommen. Deshalb schaut sich die zuständige EU-Kommission die deutschen Pläne ganz genau an.

Doch sind die Mautsysteme anderer EU-Länder wirklich einfacher gestrickt? Welche Modelle gibt es überhaupt? Und wer erhebt seine Autobahngebühren nach einem Zeitschema und wer macht den Betrag von den gefahrenen Kilometern abhängig? Diese Übersicht klärt auf.

  • Österreich

Österreich behält seine Mautaufkleber bei, die deutlich sichtbar an die Frontscheibe geklebt werden müssen, hat die Gebühr für Autobahnen und Fernstraßen in diesem Jahr aber erhöht. Die Jahresvignette für einen Pkw kostet 84,40 Euro, die Maut für zwei Monate beträgt 25,30 Euro. Wer sich mit dem "Pickerl" für zehn Tage zufriedengibt, zahlt 8,70 Euro. Auch die Preise der Vignetten für Motorradfahrer haben sich leicht erhöht. Sie zahlen für die gleichen Zeiträume 33,60 Euro, 12,70 Euro oder fünf Euro. Auf einigen Streckenabschnitten, etwa Passstraßen, Tunnels oder Brücken, können Extragebühren anfallen.

  • Schweiz

Die Schweiz hat europaweit das simpelste Maut-Modell. Eine Jahresvignette für Pkw kostet 40 Franken, aktuell etwa 38 Euro. Wer dort auf der Autobahn fahren möchte, muss diesen Betrag bezahlen, selbst wenn er kürzer im Alpenstaat unterwegs ist. Wie in Österreich muss die Vignette an die Frontscheibe geklebt werden.

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  • Slowenien

Das Mautsystem für die Autobahnen und Schnellstraßen Sloweniens ist eines der teuersten in ganz Europa. Eine Sieben-Tages-Vignette für Pkw kostet hier 15 Euro, die Gebühr für einen Monat beträgt 30 Euro und ein Jahr kostet 110 Euro. Motorradfahrer müssen statt der Ein- eine Sechs-Monats-Vignette kaufen, die ebenfalls 30 Euro kostet. Für die anderen Zeiträume zahlen sie die Hälfte der Autotarife. Die Aufkleber werden an Tankstellen, Grenzübergängen und in Postämtern verkauft.

  • Tschechien

In der Tschechischen Republik gibt es für alle Autobahnen und Schnellstraßen Zehn-Tages-, Ein-Monats- oder Jahresvignetten. Die Kosten belaufen sich für Pkw auf 310, 440 oder 1500 Kronen, was umgerechnet derzeit gut elf, etwa 16 und knapp 55 Euro entspricht. An Tankstellen, Grenzübergängen und Postämtern im Grenzgebiet lassen sich die Aufkleber erwerben, auf denen das Autokennzeichen vermerkt werden muss.

  • Slowakei

Das Mautsystem der Slowakei funktioniert ähnlich wie das Tschechiens - mit dem Unterschied, dass der Euro hier das offizielle Zahlungsmittel ist. Eine Zehn-Tages-Vignette kostet zehn Euro, für einen Monat zahlen Pkw-Fahrer 14 Euro und für ein Jahr werden 50 Euro fällig. Auch in der Slowakei sind die Aufkleber am einfachsten an Grenzübergängen, Tankstellen und Postämtern erhältlich.

  • Ungarn

Hightech in Ungarn: Hier gibt es eine elektronische Vignette, die auch online gekauft werden kann. Daten zum Fahrzeug oder zur Gültigkeitsdauer werden zentral gespeichert. Für zehn Tage wird eine Autobahngebühr von 2975 Forint fällig, aktuell etwa 9,50 Euro. Die Ein-Monats-Vignette kostet 4780 Forint (gut 15 Euro), für ein ganzes Jahr müssen 42 980 Forint (knapp 140 Euro) bezahlt werden.

  • Frankreich

Frankreich erhebt auf fast allen Autobahnen eine kilometerabhängige Maut für Pkw, Motorräder und Wohnmobile. Der Preis pro Kilometer bewegt sich im Schnitt zwischen sieben und 14 Cent. Einzelne Brücken oder Tunnelabschnitte kosten extra. Hier werden Pauschalpreise fällig. Bezahlt wird entweder bei Auf- oder Abfahrt an einer Mautstation.

  • Italien

Italien nutzt ein ähnliches Mautsystem wie Frankreich. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der zurückgelegten Entfernung sowie der Art der Straße und des Fahrzeugs. Wer das Land komplett durchquert, kommt auf einen Betrag von gut 70 Euro. Wie weit man gefahren ist, wird über eine Karte erfasst, die Autofahrer beim Auffahren auf die Autobahn erhalten und beim Abfahren bezahlen. Eine Sondermaut wird auf verschiedenen Brücken und in einigen Tunnels erhoben. Die Städte Mailand und Bologna verlangen eine Citymaut.

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  • Spanien

Auch in Spanien hängt die Höhe der Mautgebühr von der Entfernung und der Art des Fahrzeugs ab. Sie wird auf fast allen Autobahnen und Schnellstraßen erhoben, ausgenommen sind einige Stadtautobahnen und die Fernstraßen der Kanarischen Inseln. Auch einige Tunnels oder Brücken sind gebührenpflichtig. Die Bezahlung läuft über Mautstationen.

  • Portugal

Portugal erhebt auf fast allen Autobahnen und Schnellstraßen sowie einigen Brücken und manchem Tunnel eine Nutzungsgebühr. Die Höhe der Maut richtet sich nach den gefahrenen Kilometern. Mit 1,30 Euro ist die Strecke von Carregado nach Lissabon die günstigste Route. Teuer wird es, wer nach Faro ganz im Süden des Landes möchte. Allein der Abschnitt zwischen Lissabon und dem Küstenort kostet 17,10 Euro. Für Wohnmobile und Autos mit Anhängern werden Aufpreise fällig. Gleiches gilt, wenn man mehr als zwölf Stunden zwischen zwei Mautstationen verbringt, etwa wegen einer Übernachtung.

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Sascha Gorhau
  • Kroatien

Wer nach Kroatien fährt, muss auf fast allen Autobahnen sowie einigen Brücken oder in manchen Tunnels eine Nutzungsgebühr bezahlen. Auf Autobahnen richtet sich diese nach der Entfernung und der Art des Fahrzeugs. Den mit sechs Kuna (derzeit etwa 80 Cent) geringsten Betrag zahlen Autofahrer zwischen Zagreb und Bregana. Die teuerste Route ist Zagreb - Lipovac; sie kostet 122 Kuna, etwa 16 Euro. Gezahlt wird bei Verlassen der Autobahn.

  • Serbien

Besonderheit in Serbien: Die Höhe der Maut, die kilometerabhängig auf Autobahnen erhoben wird, richtet sich bei Pkw nach der Fahrzeughöhe. Gemessen wird über der Vorderachse, die Grenze liegt bei 1,30 Meter. Das bedeutet, dass die Maut streng nach Vorschrift für einen Minivan oder Minibus deutlich höher ausfallen kann als für andere Pkw. Auf der Strecke Belgrad - Niš betragen die Kosten für Kategorie-I-Fahrzeuge unter 1,30 Meter beispielsweise 730 Dinar (derzeit gut sechs Euro) oder 2190 Dinar (18 Euro) für Kategorie-III-Autos, die höher sind. Bezahlt wird entweder klassisch an Mautstationen oder über ein elektronisches System, bei dem Guthaben auf einen Transponder geladen werden kann. Die Mautkosten werden an den Stationen automatisch abgezogen.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels wurde behauptet, dass die Grenze von 1,30 Meter Fahrzeughöhe am höchsten Punkt des Fahrzeugs gemessen wird und für einen VW Golf deshalb mehr Maut bezahlt werden müsste als für einen flachen Sportwagen. Dies haben wir inzwischen korrigiert. Wir möchten uns für diesen Fehler entschuldigen.

  • Großbritannien

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Das Vereinigte Königreich erhebt keine generellen Autobahngebühren. Abschnittsweise muss jedoch auf der M6 zwischen Birmingham und Wolverhampton eine Maut gezahlt werden, deren Höhe je nach Wochentag und Uhrzeit variiert. Hinzu kommen Kosten für einzelne Brücken und Tunnels. Und natürlich die Citymaut für jene, die mit dem Auto nach London wollen.

  • Griechenland

In Griechenland gibt es derzeit elf Autobahnabschnitte, für die Maut fällig wird. Dabei handelt es sich vor allem um die Transitstrecken, die die Städte Thessaloniki, Larisa, Athen, Patras und Tripoli miteinander verbinden. Hinzu kommen einige Sonderstrecken, etwa der Artemision-Tunnel in Korinth und die Straßen rund um den Athener Flughafen. Mit 2,80 Euro für Pkw ist die Fahrt von Athen nach Lavrio am günstigsten. Die Strecke Igumenitsa - Alexandroupoli ist mit 15,60 Euro die teuerste. Gezahlt wird an Mautstationen.

  • Polen

Auch Polen verzichtet auf eine generelle Autobahngebühr. Hier gibt es nur auf der A1, A2 und A4 Abschnitte, auf denen Maut bezahlt werden muss. Die Gebühr variiert zwischen 4,50 Złoty (gut einen Euro) und 69 Złoty (16,60 Euro).

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