IAA-Neuheiten:Kompakt und recycelbar

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Die BMW i Vision Circular bei der Präsentation auf der IAA in München. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Auf der IAA reden alle von Nachhaltigkeit. Der Elektroantrieb allein ist dafür aber nicht ausreichend. BMW will mit der i Vision Circular Antworten geben.

Von Joachim Becker

Auf der IAA reden alle vom Umweltschutz, auch der BMW-Chef: "Für uns gibt es kein Premium ohne Nachhaltigkeit", verspricht Oliver Zipse. Ohne Krawatte (allein das ist schon eine Revolution) steht er in der Münchner Messehalle und präsentiert die "BMW i Vision Circular": Ein Kompaktauto im VW-Polo-Format, das wie ein futuristischer BMW i3 aussieht. Monovolumen nennen das die Designer, wenn das Auto wie ein kleiner Van keine Motorhaube und keinen herausstehenden Kofferraum mehr hat. Für BMW ist so ein "One-Box-Design" neu. Aber die Studie Mini Urbanaut ist ja auch einem VW Bulli ähnlicher als einem klassischen Mini.

Auf der IAA vor zehn Jahren hat schon der erste vollelektrische City-Flitzer von BMW gezeigt, dass er innen viel mehr Platz bieten kann als ein konventionelles Auto mit Verbrennungsmotor und einem Abgasstrang, der durch das ganze Auto läuft. Auch der neue Vier-Meter-Zwerg wirkt innen großzügig - und außen erst einmal gewöhnungsbedürftig: Mit seiner flächigen Front und der aufsteigenden Keilform erinnert die BMW-Studie ein bisschen an Teslas Cyber-Truck. Zugleich hat das Stadtauto weich fließende Konturen an den Seiten, die an klassische Sportwagen denken lassen. Ein Handschmeichler, der maximal aerodynamisch sein will. Sieht so das BMW-Design der Zukunft aus?.

BMW-Chef Oliver Zipse präsentiert die BMW i Vision Circular. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

BMW ist die Sechszylinder-Marke mit der langen Motorhaube. Deshalb hat schon der stupsnasige i3 bei Traditionalisten für Verwirrung gesorgt. Als Pionier der E-Mobilität sollte er nicht nur emissionsfrei fahren, sondern mit seiner Karosserie aus nachhaltig produziertem Karbon auch ein Umdenken in der Autoindustrie anschieben. Doch das hochfeste schwarze Wundergarn lässt sich schlecht recyceln und ist noch immer viel zu teuer für die automobile Massenproduktion. Jetzt also eine neue Kehrtwende für mehr Klimaschutz auf der Straße: Bis 2030 will BMW die weltweiten CO2-Emissionen pro Fahrzeug über den gesamten Lebenszyklus um 40 Prozent reduzieren. Es reicht also nicht, die Batteriezellen mit Ökostrom herzustellen; die gesamten bisherigen Lieferketten bis hin zur Rohstoffförderung müssen neu geknüpft werden. Viel Arbeit für einen Autohersteller, der seine Zulieferer bisher auf Qualität, vor allem aber auf einen niedrigen Einkaufspreis eingeschworen hat.

Der Klimakiller Chrom in der Front ist verschwunden

Vieles ist erst im Aufbau. Es reicht nicht, wenn Reifen ein bisschen Löwenzahn-Kautschuk enthalten oder einige Tausend Tonnen Stahl mit Ökostrom hergestellt werden. Bei der BMW i Vision Circular ist auch der Klimakiller Chrom aus den Nierenstäben in der Front verschwunden. Aber damit ist die Zeit der Wegwerfautos noch nicht vorbei.

Die inneren Werte: So sieht es in der BMW i Vision Circular aus. (Foto: BMW)

Die Unternehmensberatung McKinsey erwartet zwar, dass die Zukunft der Autoindustrie in Europa schon bald weitgehend elektrisch sein wird: Im Jahr 2030 könnten die Stromer einen Marktanteil von 75 Prozent an den Neuzulassungen erreichen. Dann soll bereits jeder vierte Pkw im Bestand - insgesamt mehr als 70 Millionen Fahrzeuge - einen elektrischen Antrieb haben. Dafür seien 24 Batterie-Gigafabriken in Europa nötig, jede Woche müssten 15 000 neue öffentliche Ladepunkte gebaut werden - und der Bedarf an Strom aus erneuerbaren Energien werde um fünf Prozent steigen. Doch das alles genügt nicht, wenn die Metalle, Batteriematerialien und vieles mehr nicht in einer Kreislaufwirtschaft immer wieder neu verwendet werden.

Im vergangenen Jahr haben BMW und einige andere Hersteller unfreiwillig demonstriert, dass dieser Kreislauf nur im Ansatz besteht. Tausend Plug-in-Hybride mussten wegen Qualitätsproblemen in den Batterien zurückgerufen werden. Doch die Recycling-Kapazitäten für derart viele Energiespeicher waren noch gar nicht vorhanden. Also wurden die Akkus erst einmal eingelagert. Bis aus Pilotanlagen eine leistungsfähige Recycling-Industrie entsteht, wird es noch Jahre dauern. Aber dann, so die Hoffnung, werden sich die Rohmaterialien zum größten Teil zurückgewinnen lassen. Spätestens dann ist auch der Streit beendet, ob Elektroautos tatsächlich umweltschonender sind als Modelle mit Verbrennungsmotor.

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