Vier Vans im Familien-Test:Bulli und die starken Konkurrenten

Zuerst kam der Bulli und dann lange Zeit nichts. Mittlerweile gibt es aber reichlich Konkurrenz. Und die zeigt: Es muss nicht immer ein VW sein.

Von Felix Reek

1 / 18
(Foto: Hersteller)

"Die Oma soll hinten sitzen!", quietscht das eine Kind. "Die Mama auch!", das andere. Wer einen Großraum-Van als Familienauto fährt, merkt: Vorne am Steuer wird es schnell einsam. Während der nächsten vier Stunden haben die Kinder die Zeit ihres Lebens. Mama und Oma sitzen ihnen auf ausladenden Sesseln entgegen der Fahrtrichtung gegenüber, auf dem Tisch im Fond stapeln sich Bücher, Kuscheltiere und Malutensilien. Dazwischen ist in den Ablagen Platz für Getränke, Knabbereien und Obst. Jede längere Strecke fühlt sich nach Familienurlaub oder Klassenfahrt an.

2 / 18
(Foto: LEMAL JEAN BRICE; Opel)

Vielleicht ist das der Grund, warum gefühlt auf den Kindergarten-Parkplätzen immer mehr Eltern in Bussen ihren Nachwuchs abliefern, ohne dass es dafür eine praktische Erklärung gäbe: Mehr als zwei Kinder steigen auch hier in der Regel nicht aus. Die Hersteller jedoch melden steigende Absatzzahlen bei den Großraum-Vans und das mag auch an einem Versprechen liegen, dass diesen Autos innewohnt: nie mehr ein weiteres Fahrzeug in Anspruch nehmen zu müssen. Sie sind groß genug für die gesamte Familie plus Oma, Opa und Tanten, den Camping-Urlaub, den Besuch im Möbelhaus, sogar den Umzug (im Bild der Citroën Spacetourer). Und ganz nebenbei schlägt den Vans trotz ihrer Größe nicht die Abneigung entgegen, der sich zunehmend die Besitzer von großen SUVs ausgesetzt sehen.

3 / 18
(Foto: Matthias Leitzke; VW)

Das Vorbild all dieser Großraum-Vans ist der VW Bulli. Ein Sympathieträger, wie es heute nur noch wenige Autos sind. Seit er 1950 das erste Mal vom Band lief, träumten Generationen von ihm: Surfer, Hippies, Alternative, Geschäftsleute, Familien. Über lange Zeit war er konkurrenzlos, in den letzten Jahren hat sich das geändert. Mit dem Aussterben der Mini-Vans bringen immer mehr Hersteller Bulli-Konkurrenten auf den Markt, die für Familien interessant sind. Vier von ihnen haben wir speziell auf diesen Zweck hin getestet: die letzte Generation des VW Multivan, der T6.1, die Mercedes V-Klasse, den Citroën Spacetourer und den Opel Zafira Life.

4 / 18
(Foto: Opel)

Bevor die Wahl auf einen solchen Bus fällt, sollte man sich einige Dinge allerdings klar machen. Fahrzeuge in der Bulli-Kategorie sind groß (im Bild der Opel Zafira Life) - etwa fünf Meter lang und zwei Meter breit, das sind die Dimensionen, in denen sich auch die SUV-Topmodelle wie Audi Q7 oder Mercedes GLE bewegen. Wer in überfüllten Großstädten wohnt und täglich auf Parkplatzsuche gehen muss, wird damit nicht glücklich.

5 / 18
(Foto: LEMAL JEAN BRICE; Opel)

Der gewaltige Stauraum - beim Opel Zafira sind es zum Beispiel in der Langversion bis zu 4500 Liter - kann auch unpraktisch sein. Bei allen vier Modellen im Test schwingt die große Heckklappe weit nach hinten-oben auf. Hat hier über Nacht ein anderes Auto zu dicht geparkt, muss durch die Seitentüren geladen werden. Und drittens: Sie sind teuer. Großraum-Vans lassen sich das üppige Raumangebot ordentlich bezahlen. Los geht es in den Basisversionen der vier Modelle um die 35 000 Euro.

6 / 18
(Foto: Opel)

Am günstigsten ist der Opel Zafira in der mittleren Größe, den die Rüsselsheimer einst als Mini-Van etablierten und der jetzt mit dem Anhängsel "Life" zum Bus angewachsen ist. Beziehungsweise: Opel verpasste dem Vivaro einfach einen neuen bekannten Namen und strich den Mini-Van aus dem Programm. Einstiegspreis: 34 780 Euro.

7 / 18
(Foto: VW)

Danach folgt der aktuelle Bulli mit einem Grundpreis von 36 890 Euro.

8 / 18
(Foto: LEMAL JEAN BRICE; Citroen)

Am zweitteuersten ist erstaunlicherweise der Citroën Spacetourer, obwohl er weitestgehend baugleich mit dem Opel ist. In der mittleren Größe kostet er mindestens 37 490 Euro.

9 / 18
(Foto: Daimler AG)

Wenig überraschend am Ende der Preisskala: die Mercedes V-Klasse für 37 644 Euro.

10 / 18
(Foto: VW)

Zumindest in der Grundausstattung nehmen sich die vier Vans also nicht viel. Wer mehr Extras dazu bucht, bemerkt schnell die Unterschiede. Ein Beispiel: Besonders beliebt beim Bulli und seiner Konkurrenz ist die dritte Sitzreihe. Bei VW ist sie in der Grundausstattung enthalten. Opel verlangt dafür zwischen 200 und 600 Euro. Citroën und Mercedes lassen ihre Kunden richtig bluten: Bei dem französischen Hersteller kostet die durchgehende Bank 1350 Euro, bei Mercedes 1869 Euro. Allgemein lässt sich zusammenfassen: Am teuersten sind die Extras bei Mercedes, am umfangreichsten bei VW, deutlich günstiger sind Opel und Citroën - von der dritten Sitzreihe einmal abgesehen.

11 / 18
(Foto: LEMAL JEAN BRICE; Citroen)

Die Preisunterschiede werden auch bei der übrigen Innenausstattung offensichtlich. Der Citroën Spacetourer (im Bild) und der Opel Zafira Life sind Nutzfahrzeuge durch und durch. Zwar ist an der Verarbeitung nichts auszusetzen, doch sie wirken deutlich rustikaler als VW oder Mercedes. Das fängt bei den verwendeten Kunststoffen an, deren Ausdünstung in beiden Fahrzeugen deutlich zu riechen ist ...

12 / 18
(Foto: Opel)

... und endet bei den kleinen Displays, die im Vergleich zu den aktuellen, sich quer über die halbe Mittelkonsole erstreckenden Modellen anderer Hersteller, geradezu winzig und antiquiert erscheinen. Auch die schwache Auflösung ist in dieser Preiskategorie ungewöhnlich.

13 / 18
(Foto: VW)

Mercedes und VW machen das deutlich besser. Volkswagen hat erst im Herbst vergangenen Jahres seinen Multivan noch einmal aktualisiert, so dass es nun zu dem breiten Display in der Mitte auch den aus anderen Modellen des Konzerns bekannten digitalen Tacho-Bildschirm gibt.

14 / 18
(Foto: Daimler AG)

Den bietet Mercedes in der V-Klasse bisher nicht an. Dafür ist die Inneneinrichtung deutlich luxuriöser und komfortabler als im VW, der doch eher auf funktionale Sachlichkeit setzt. In den Sesseln des Mercedes fläzt es sich so bequem wie in einem Wohnzimmer.

15 / 18
(Foto: Daimler AG)

Das hat auch mit dem unterschiedlichen Konzept der V-Klasse zu tun. Bis 2014 war der Van von Mercedes mehr oder weniger die umgebaute Variante des Handwerker-Transporters Vito. Vom eigenen Premium-Anspruch der Marke war wenig zu spüren. Vor sechs Jahren änderte Mercedes seine Herangehensweise radikal: Die V-Klasse sollte mehr Großraum-Limousine sein als Bus. Das ist gelungen. In Multivan, Spacetourer und Zafira Life sitzt man aufrecht und hoch über dem Verkehr, in der V-Klasse deutlich tiefer. Der Vorteil: Der Mercedes fährt sich eher wie ein SUV oder eine große Limousine. Die Lenkung ist direkt, die Abstimmung des Fahrwerks komfortabel, die serienmäßige neunstufige Automatik arbeitet perfekt, der Motor ist ohne Makel. Was aber auch daran liegen dürfte, dass im Testwagen die Topmotorisierung mit 239 PS verbaut ist, die den V300 auf einen Preis von mindestens 55 000 Euro katapultiert.

16 / 18
(Foto: VW)

Der Multivan von VW fährt sich nicht zwingend schlechter, er ist seit dem Update im Herbst deutlich spritziger und direkter. Nur ist die Anmutung eben weiterhin die eines Nutzfahrzeuges. Direkt nach Mercedes und VW folgen Zafira Life und Spacetourer gleichauf. Sie fahren sich solide, aber unspektakulär.

17 / 18
(Foto: Opel)

Wirklich schlecht ist keiner der Familienbusse. Es kommt eher darauf an, was der Besitzer damit vorhat. Wer nur viel Platz braucht und über ein begrenztes Budget verfügt, der ist mit dem Citroën Spacetourer und dem Opel Zafira Life gut bedient. Beide bieten solide, sparsame Motoren (Opel Zafira Life 7,03 Liter in unserem Test, Citroën Spacetourer 6,53 Liter Diesel), die aufgrund des geringeren Gewichts im Vergleich zu VW und Mercedes punkten (Mercedes V-Klasse: 7,49 Liter Diesel, VW T6.1: 8,41 Liter).

18 / 18
(Foto: Daimler AG)

Wer möglichst viel individualisieren will, ein modernes Entertainment-System und viele Sicherheitssysteme möchte, landet beim Multivan von Volkswagen oder der V-Klasse von Mercedes. Der VW bietet mehr Optionen und der Wertverlust als Gebrauchtwagen ist geringer, der Daimler fährt sich einfach besser. Als Familienfahrzeug taugen sie beide. Wenn es denn wirklich ein Bus sein muss. Denn vier Wochen mit den Bulli-Konkurrenten zeigen auch: Das überdurchschnittliche Platzangebot verleitet dazu, viel zu viel mitzunehmen. Bei einem Kombi hingegen ist der Kofferraum irgendwann voll. Dafür ist es aber auch nicht so einsam auf dem Fahrersitz. Hinweis der Redaktion Ein Teil der im "Mobilen Leben" vorgestellten Produkte wurde der Redaktion von den Herstellern zu Testzwecken zur Verfügung gestellt und/oder auf Reisen präsentiert, zu denen Journalisten eingeladen wurden.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: