Dieselmotoren:"Der Abgasskandal ist noch lange nicht ausgestanden"

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Nach dem Dieselbetrug versprachen die Konzerne, ihre Autos mit Updates sauberer zu machen. Doch das gelang offenbar nicht immer. (Foto: AFP)

Im realen Fahrbetrieb seien die Verbesserungen durch Software-Updates nur marginal, sagt Martin Pley, dessen Firma Hardware-Nachrüstungen anbietet. Dennoch werde uns der Dieselmotor noch sehr lange begleiten.

Interview von Joachim Becker

Martin Pley, 42, ist Spezialist für Abgastechnik. Seit zwölf Jahren beschäftigt sich seine Firma Dr. Pley mit Stickoxidemissionen von Kohlekraftwerken, Schiffen, Lkws sowie Pkws. Nach acht Jahren Beratungstätigkeit zu diesem Thema, vor allem in China, bietet er jetzt auch die passenden Reinigungssysteme vom Katalysator bis zur Steuerungselektronik an.

SZ: Euro-5-Diesel sind von den Fahrverboten in Stuttgart ausgeschlossen, wenn sie ein Software-Update bekommen. Wie sauber sind diese aufgefrischten Diesel wirklich?

Martin Pley: Im realen Fahrbetrieb sind die Verbesserungen durch Software-Updates nach unseren eigenen Messungen nur marginal. Daher gehe ich davon aus, dass die "Ausnahmegenehmigung" in Stuttgart in Kürze durch die Landesregierung widerrufen werden muss.

"Software-Updates führen zu einer deutlichen Verbesserung des Emissionsverhaltens", schreibt das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in einer Studie vom 10. Januar. Ist der Abgasbetrug damit zumindest für die Verbraucher ausgestanden?

Hier kann ich nur Stellung zu Fahrzeugen nehmen, die wir auch gemessen haben. Beim Mercedes GLK 220cdi hat das KBA eine Verbesserung von 18 Prozent bei der Messung im Straßenverkehr ermittelt. Dies aber bei unterschiedlichen Außentemperaturen. Was einen erheblichen Einfluss auf die Abgasemissionen hat. Nach meiner Einschätzung ist der Abgasskandal für den Verbraucher noch lange nicht ausgestanden, da vielfach noch Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugen verwendet werden. Diese verschlechtern die Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen.

Martin Pley, 42, ist Spezialist für Abgastechnik. (Foto: privat)

Welche Mängel sehen Sie in dem KBA-Bericht?

Die Ergebnisse werden nur sehr plakativ dargestellt. Große Verbesserungen werden im Allgemeinen nur im Komforttemperaturbereich (20 bis 25 Grad Celsius) oder bei Euro-6-Fahrzeugen mit SCR-Katalysatoren erreicht. Es sind zu wenige Details dargestellt, um die Ergebnisse genau zu bewerten.

Welche weiteren Maßnahmen sind nötig, um die Luftqualität in den Innenstädten spürbar zu verbessern?

Hier sind viele Maßnahmen notwendig: Nachrüstung von Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen, attraktiverer ÖPNV und dadurch Reduzierung des Individualverkehrs, Eliminierung anderer Schadstoffquellen, Nachrüstung von Baumaschinen mit Dieselpartikelfiltern und SCR-Katalysatoren, etc.

Bisher sind nur Euro-5-Diesel von den Fahrverboten betroffen. Sind Euro-6-Diesel durchweg sauberer?

Nein, Euro-6a/b-Fahrzeuge sind ähnlich schmutzig wie Euro-5-Fahrzeuge und auch hier sollte verbindlich nachgebessert werden.

Glauben Sie, dass die Dieseltechnologie eine Zukunft hat?

Der Dieselmotor wird uns noch sehr lange begleiten. Allerdings sehe ich es als zielführend an, synthetische Kraftstoffe direkt aus CO₂ (Power-to-Liquid) herzustellen und die Fahrzeuge damit zu betreiben. Dies wäre viel umweltfreundlicher und nachhaltiger als der aktuelle E-Auto Hype, der uns noch viele (Umwelt)-Probleme bescheren wird.

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