Die Organisationsstruktur des ADAC:Die Straßenmacht

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Staatsanwaltschaft startet Vorprüfung zum ADAC-Skandal

Der Manipulationsskandal hat beim ADAC tiefe Wunden hinterlassen.

(Foto: dpa)

Der ADAC hat so viele Mitglieder wie alle Parteien und Gewerkschaften zusammen. Die Deutschen vertrauten ihm wie keiner anderen Organisation. Das ist nun vorbei. Der Klub steht auf dem Prüfstand: Wofür braucht er 31 Firmen?

Von Michael Kuntz

Gelb ist die Welt der Autofahrer. Der ADAC ist überall sichtbar durch seine Straßenwacht. Deren 1700 Fahrer halfen allein 2013 bei vier Millionen Pannen. In 85 Prozent der Fälle bekamen sie das Auto an Ort und Stelle wieder flott. Sogar jetzt, nach dem Bekanntwerden der Manipulationen beim Gelben Engel, wird in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter nicht nur mit Austritt gedroht, sondern auch den Helfern der Straßenwacht gedankt.

Der ADAC mit seiner Flotte von Rettungshubschraubern und seiner Straßenwacht ist aber auch eine Straßenmacht. Mit 19 Millionen hat er mehr Mitglieder als viele gesellschaftlich relevanten Gruppen in Deutschland. Sämtliche Parteien und Gewerkschaften kommen zusammen auf nur halb so viele Mitglieder wie der Allgemeine Deutsche Automobil-Club. Es sind auch mehr Menschen im ADAC als das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen Einwohner hat. Oder mehr als in sämtlichen ostdeutschen Bundesländern.

Unübersichtliche Organisationsstruktur

Am föderalen Prinzip orientiert sich auch die Organisation der zweitgrößten Vereinigung von Autofahrern weltweit - nach dem nordamerikanischen Klub AAA (Triple A). Es gibt 18 Regionalklubs in den 16 Bundesländern. Dagegen ist zunächst einmal wenig zu sagen. Kritischer ist dagegen schon zu sehen, wie die Demokratie an der Basis des ADAC aussieht. Wer mitreden will, muss erst einmal in einen Ortsklub eintreten oder sich zur Jahresversammlung seines Regionalklubs schriftlich anmelden, in dessen Gebiet er wohnt.

In den 1822 Ortsklubs haben sich vor allem die Freunde des Motorsports versammelt, Wassersportler, Camper oder andere Anhänger spezieller Formen der Mobilität. Nur wenige Mitglieder engagieren sich in einem Ortsklub. Mitunter geschieht das lautstark, etwa bei den 3400 Rennsport-Events jährlich. Beim größten Rundstrecken-Rennen der Welt steigt ein "Vollgas-Volksfest", eine Party, zu der 200.000 Besucher die Eifel bevölkern. Autorennen auf dem Nürburgring findet der ADAC so attraktiv, dass er die insolvente Rennstrecke sogar kaufen wollte.

Ein Klub voller Widersprüche

Wenn es um Motorsport geht, steht der ADAC auf der Poleposition. ADAC-Präsident Peter Meyer sieht hier keinen Handlungsbedarf. Motorsport sei ein Sport wie Leichtathletik. Wer das ablehne, müsste auch alle Bundesliga-Spiele absagen, hat Meyer mal geäußert, schließlich machen sich da auch viele Menschen auf den Weg auf die Tribünen. Der ADAC ist ein Klub voller Widersprüche, heterogen wie die Bevölkerung, und er bietet beides an: das Autorennen und den Spritspar-Kurs.

Nur ein geringer Bruchteil von 19 Millionen Mitgliedern ist also in den Ortsklubs. Es ist eine kleine, aber aktive Minderheit.

Basisdemokratie sieht anders aus. Urabstimmungen - wie neuerdings die der SPD über Koalitionsverhandlungen im Bund - kennt der ADAC nicht. Die Wünsche seiner Mitglieder lässt die Klubführung bislang durch Umfragen ermitteln. Eines der Ergebnisse, das inzwischen vielfach für Erstaunen sorgt: Angeblich ist die Mehrheit der Mitglieder gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen.

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