"Das ist es, was die Welt braucht: Ein Auto, dass du nicht besitzen darfst; und dass du auch nicht mehr benutzen kannst, wenn du deinen Job verlierst und deine monatliche Miete für die Batterie nicht mehr zahlen kannst", schimpft Journalist Cory Doctorow auf boinbgoing.net. Seit Wochen steht Autobauer Renault scharf in der Kritik. Kürzlich veröffentliche Forennutzer Franko30 die "Fußangeln" des Mietvertrags für den Akku seines Elektroautos Zoe. Hier behält sich der französische Autohersteller das Recht vor, bei Versäumnis der Ratenzahlung für die Batterie oder bei Auslaufen des Vertrags das Aufladen des Elektroautos zu unterbinden. Mehr erfahren sie hier.
Die aktuellen Diskussionen um Renault in Blogs und verschiedenen Themenseiten zur Elektromobilität zeigen, dass der Autobauer den Zugriff auf seine Fahrzeuge verstärkt. Neben der präzisen Ortung des Fahrzeugs speichern verschiedene Steuergeräte ein exaktes Fahrerprofil ab. Das ist nicht nur in Elektrofahrzeugen wie Renault Zoe oder Tesla S Standard, sondern auch in allen Benzin- und Dieselautos. Die sogenannten "Vehicle Logs" geben detaillierte Aufzeichnungen der Wagen-Nutzung an den Hersteller weiter.
Schleichend feierten Computer und Assistenzsystem Einzug in heutige Fahrzeuge. Die Folge ist, dass nicht nur das ABS-System, die Klimaanlage oder der Tempomat Informationen über Kilometerstand, Position und Abstand sammeln, sondern sogar Scheinwerfer, Blinker und Airbag Daten speichern. Damit der Airbag im Ernstfall korrekt zündet, muss die Steuereinheit Werte wie Geschwindigkeit und Motordrehzahl erfassen und speichern. Daneben erkennt das System, ob der Fahrer angeschnallt und der Beifahrersitz besetzt ist.
Assistenzsysteme als Datensammler
Auch Fahrassistenzsysteme, zum Beispiel das Navigationsgerät, der Einpark- oder Tempo-Assistent, sammeln Daten. Hans Zeger, Mitglied des Datenschutzrates des österreichischen Bundeskanzleramts, sagt: "Die meisten dieser Systeme unterstützen nicht nur das aktuelle Fahrgeschehen, sondern speichern die anfallenden Daten zwecks späterer Analyse."
Für Zegler ist das ein klarer Verstoß gegen die europäische Datenschutzrichtlinie. Sie besagt, dass der "Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten" gewährleistet werden muss. Zwar sei dem Automobilhersteller egal, welcher seiner Kunden welches Fahrverhalten an den Tag lege, doch sobald der Fahrer in die Vertragswerkstatt gehe, sei seine Identität bekannt. Die Datensammlung ist illegal, wenn der Fahrzeuglenker nichts über die Aufzeichnungen weiß oder der Hersteller die Daten für eigene Zwecke nutzt.
Bisher diskutieren noch verschiedene Verkehrsrechts-Experten in Deutschland, wem die Daten künftig gehören und inwieweit die Automobilhersteller diese nutzen können. Schwierig ist, dass jedes Bundesland für den Datenschutz im Auto zuständig ist. Eine Länderübergreifende Regelung ist auch noch nicht in Sicht, wie die Zeitschrift " Automobil Industrie" darlegt.
Radioimpuls stoppt Fahrzeuge
Doch nicht nur die Automobilhersteller, sondern auch andere Unternehmen nutzen das Potenzial der Datensammlung und orten Fahrzeuge. Nach Angaben der BBC arbeitet zurzeit die britische Firma E2V, ein Spezialist für Radiofrequenztechnik, mit weiteren Unternehmen an einem Radioimpuls, um Fahrzeuge zu stoppen. Das System "RF Safe-Stop" setzt dabei eine bestimmte Radiofrequenz ab, das die Elektronik des Fahrzeugs beeinflusst und so den Motor abstellt. Ein erster Prototyp wurde kürzlich in Großbritannien getestet. Nach eigenen Aussagen entwickelte E2V das System vor allem für das Militär. Dadurch könne die Armee Fahrzeuge in Krisenregionen und brenzligen Situationen gewaltfrei stoppen. Die Polizei ist ebenfalls an dem System interessiert. Gegenüber BBC kritisierten Experten jedoch, dass das Abstellen des Motors das Fahrzeug nicht schnell genug stoppe und die Auswirkungen auf das elektronische Brems- und Lenksystem noch unklar seien.
Die aktuellen Diskussionen um den Autobauer Renault zeigen, wie viele Daten Automobilhersteller schon heute sammeln. Da scheint der nächste Schritt zur vollständigen Überwachung, bis hin zur Fern-Stilllegung des Fahrzeugs, zum Beispiel bei überhöhter Geschwindigkeit oder aggressiven Überholmanövern, nicht mehr allzu fern. Dann sitzt nicht mehr nur eine Person am Steuer.