BMW M240i xDrive im Test:Kleiner Quertreiber

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Zweitürer mit sechs Zylindern und Kardanachse zu den Hinterrädern: Anders als die 1er-Reihe oder das 2er Gran Coupé gibt es das 2er Coupé auch mit Standardantrieb. (Foto: Daniel Kraus/BMW)

Er ist viel günstiger als ein BMW 4er Coupé und wesentlich spritziger: Mit sechs Zylindern und Allradantrieb ist der M240i xDrive einer der Letzten seiner Art.

Von Georg Kacher

Wie das? Ein neuer BMW ohne riesige Doppelniere, die dem Wind trotzt? Mit alternativ konfigurierbaren Rundinstrumenten statt verwirrender Boomerang-Grafik? Wahlweise als super-sparsamer Diesel, kleiner Benziner oder M Sport-Granate inklusive Reihensechser und Allradantrieb. Ein Auto aus einer Zeit, in der Freude am Fahren die valideste Währung war. Elektrisch wäre aktuell opportun, doch weil dieser 2er mit 3er und 4er eng verwandt ist und es schlicht am Einbauraum für die Akkus mangelt, bekennt sich das Coupé zum Verbrenner - abgesehen vom Mild-Hybrid-Modul, das mit bis zu elf PS die Nebenaggregate antreibt und einen Atemzug lang boostet. Schlechtes Timing? Wie man's nimmt. Weil Zweitürer inzwischen markenübergreifend ein Nischendasein führen, würde ein elektrisches Coupé oder Cabriolet derzeit vermutlich nur auf vernachlässigbare Stückzahlen kommen.

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So bleibt es bei vier oder sechs Zylindern, die nach WLTP auf 100 km zwischen 4,7 und 8,8 Liter Sprit konsumieren. Freude kommt im neuen 2er übrigens nicht erst auf, wenn die volle Leistung abgefordert wird. Die Lenkung ist für sämtliche Einsatzbedingungen souverän abgestimmt, das Fahrwerk wird seinen Mehrfachverpflichtungen (Traktion, Grip, Federungskomfort, Richtungsstabilität, Beherrschbarkeit) ohne wesentliche Abstriche gerecht, die im M-Modell serienmäßige Sportbremse arbeitet mit tief greifendem Einsatz und ohne nennenswerte Ermüdungserscheinungen. Wo heute der M240i xDrive sein neu abgestecktes Revier mit Bravour verteidigt, war noch vor wenigen Jahren der M3 das Maß der Dinge - so schnell wird der Fortschritt rumgereicht.

Eng verwandt mit dem aktuellen BMW 3er und 4er: Beim M 240i Coupé gibt es auch unter der Haube keine Überraschungen. (Foto: Daniel Kraus/BMW)

Jos van As, charismatischer Fahrwerksguru im Hause BMW, bricht eine Lanze für die schwächeren aber leichteren Vierzylinder mit Heckantrieb: "Spielerisch, sicher und günstig schnell fahren ist das Geheimnis der Einstiegsvarianten." Mag sein, doch das geringere Gewicht des Vierzylinders sticht nicht unbedingt gegen die Laufruhe und Kraftentfaltung des Sechszylinders. Zumal das 3,0 Liter-Aggregat den Viersitzer in brachialen 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt - der gleich starke M440i braucht zwei Zehntel länger; der 220i kann mit 184 PS unter der Haube in 6,9 Sekunden nicht einmal ansatzweise mithalten. Die Achtgang-Steptronic tut sich vor allem im Sport-Modus leicht damit, die vier Räder in jeder Lebenslage mit ausreichend Schub zu versorgen, denn das maximale Drehmoment von 500 Nm steht schier endlos von 1900 bis 5000 Touren zur Verfügung.

Mit der Einführung des Active Tourer haben die Münchner schon vor sieben Jahren die 2er Reihe in einen kompakten Raumkreuzer (sprich: Mini-Van) und ein sportliches Coupé und Cabrio aufgesplittet. Das 2er Cabrio wird zwar dieser Tage eingestellt, aber wenigstens der Coupé-Nachfolger bleibt in seiner Grundform dem Längsmotor samt Hinterradantrieb treu. Gleiches gilt für die zweite Auflage des hemdsärmeligen M2, der im nächsten Jahr als letzter zweitüriger BMW klassischer Machart ohne nennenswerte Elektrifizierung Premiere feiert. Aber es geht auch preiswerter.

Der 374 PS starke M240i xDrive ist im Prinzip ein gefälliger eingekleideter BMW 4er - ohne den Luxus-Aufschlag von 12 400 Euro. Günstig ist allerdings relativ: Verglichen mit dem geringfügig höheren Vorgänger wachsen Radstand, Länge und Breite um etwa zehn Zentimeter. Leider hat auch der Preis zugelegt, und zwar von 51 700 auf mindestens 56 000 Euro.

Klassisches BMW Cockpit ohne allzu viele Digital-Spielereien. (Foto: Daniel Kraus/BMW)

Während der ersten Testfahrt hat es aus schweren Wolken geschüttet - kein Problem für die Allradversion, deutlich mehr Zucken und Zicken im etwas schmaler bereiften 220i, der auf Sperrdifferenzial und Sportbremse verzichten muss. Während der Vierzylinder seinen Spaß dabei hat, die ständig wechselnden Reibwerte mehr oder weniger zielführend zu koordinieren, lässt sich der M240i von den Kapriolen des Wettergottes kaum irritieren. Der mit multiplen Zug-und-Schub-Talenten gesegnete Allradantrieb zieht stoisch seine Spur, die optionalen 20-Zöller sorgen allein ob der größeren Aufstandsfläche für mehr Bodenhaftung, Sportlenkung und Sportfahrwerk schärfen Präzision und Rückmeldung, der Aerokit erhöht den Anpressdruck bei höherem Tempo. Die an sich heckbetonte Drehmomentverteilung nimmt in kritischen Situationen auch die Vorderräder in die Pflicht.

Am Ende des Tages zeigt sich endlich die Sonne und der großzügig motorisierte 2er, der eigentlich ein minimal entfeinerter 4er ist, darf auf der Teststrecke bei Maisach ein paar heiße Runden drehen. Dabei vermittelt das Coupé mit den pausbäckigen Kotflügelverbreiterungen und den XXL-Lufteinlässen genau jene markentypischen Qualitäten, die man von einem BMW in seiner Funktion als ultimatives Man-Machine-Interface erwarten darf.

Dieser Wagen bringt behutsam und intuitiv Ordnung in das selten konfliktfreie Zusammenspiel der Längs- und Querkräfte, beeinflusst per Drehmomentzufuhr subtil auch Lenkwinkel und Eigenlenkverhalten, sucht und findet mit überschüssigem Schwung und präzise gesetzten Lastwechseln neue Zugänge zum Grenzbereich. Dabei geht es nicht primär um Tempo, sondern um Temperament. Und um unverschämt viel Spaß an der Freude.

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