Autonomes Fahren:"Wir werden bestimmt keine Bleche biegen"

IT-Experte Urmson siegte bereits 2007 mit einem Forscher-Team der Carnegie Mellon Universität bei der DARPA Urban Challenge. Jetzt will er mit seiner Testflotte im kalifornischen Mountainview das Rennen um die automobile Zukunft gewinnen: In fünf Jahren sollen autonome Fahrzeuge mit Google-Technologie in Serie gehen.

Auf die Frage, ob Google unter die Autobauer gehen werde, antwortete Urmson spöttisch: "Wir werden bestimmt keine Bleche biegen. Erst einmal wollen wir die Technologie entwickeln, dann schauen wir, wo das Geschäftsmodell liegt." Seine zentrale Botschaft an die Automobilbranche: "Wir sind auf der Suche nach Partnern."

Solche Avancen lassen bei den Automobilzulieferern die Alarmglocken klingeln. Während Bosch und Continental in Ludwigsburg auf eine Standardisierung von Elektronikprogrammen und Schnittstellen drangen, haben Apple mit 60 Milliarden Downloads und Google mit 50 Milliarden Android-Downloads längst die Standards für IT-Entwickler und erfolgreiche Geschäftsmodelle gesetzt. Kein Wunder, dass Autohersteller mit den IT-Titanen flirten, derweil Zulieferer wie Continental durch Kooperationen mit Cisco und IBM selbst zum System- und Softwareanbieter werden wollen.

Mit etlichen Milliarden Downloads haben Apple und Google längst Elektronik-Standards gesetzt

Bei der Selbstvermarktung sind die kalifornischen Trendsetter des digitalen Lifestyles in jedem Fall führend. Die jüngste Google-Offensive schreckt auch vor PR-Gags nicht zurück: Selbst in fünf Jahren werden Fahrzeuge ohne Lenkrad, Brems- und Gaspedale nicht zulassungsfähig sein. Die Krux am automatisierten Fahren ist ja gerade, dass nicht weniger, sondern mehr Sicherheitssysteme nötig sind, um Fehler des Autopiloten abzufangen.

Auch der urbane Ersteinsatz des Gefahrenwerdens stieß in Ludwigsburg auf Skepsis: "Ich bin mir sicher, dass die Menschen auf Autobahnen freihändig fahren wollen, wenn der Preis stimmt", sagte Amnon Shashua, "aber im Stadtverkehr ist das alles viel schwieriger und teurer", so der Mitbegründer von Mobileye Vision Technologies.

Fortschritte in der Sensortechnik machen Maschinen-Chauffeure erst bezahlbar: Shashua kündigte in Ludwigsburg die dritte Generation von Monokameras mit einer zehn Mal so hohen Rechenleistung für das nächste Frühjahr an. Dank einer schnellen Mustererkennung sollen sie querende Fußgänger so präzise im Auge behalten wie Stereokameras. Allerdings hängt die optische Umfelderkennung (auch bei Lidar-Scannern) von guter Sicht ab. Bei Schmuddelwetter oder Dunkelheit erblinden die kleinen Zyklopenaugen hinter der Frontscheibe und der Fahrer muss wieder selbst ans Steuer. Auf absehbare Zeit wird das Auto nicht alle Fahrsituationen selbständig beherrschen. Dafür kann die einfühlsame Stimme aus der Bordelektronik demnächst Trost bei einem solchen Technikversagen spenden.

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