Autogas, Bioethanol und Brennstoffzelle:Alternativen zur Alternative

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Bundeskanzlerin Merkel, mehrere Bundesminister und Top-Manager der Autoindustrie kommen heute und morgenin Berlin zu einem erneuten Elektroauto-Gipfel zusammen. (Foto: dpa)

Mehr als 500.000 Gasfahrzeuge sind in Deutschland schon unterwegs, immer mehr Autofahrer wechseln vom Benzin- oder Dieselmotor zum Hybridantrieb. Realistische Alternativen zum Elektroauto im Überblick.

Von Sascha Gorhau

Alle reden vom Elektroauto. So heute und morgen auch Kanzlerin Merkel, ihr halbes Kabinett und Vertreter der Automobilbranche beim Gipfel zur Elektromobilität in Berlin. Nur die deutschen Autokunden wollen anscheinend nicht mitreden: 7114 Pkw mit Stromantrieb waren laut Kraftfahrtbundesamt zum 1. Januar 2013 in Deutschland zugelassen. Angesichts der insgesamt mehr als 43 Millionen Autos, die meisten davon ausgestattet mit Benzin- oder Dieselmotor, eine verschwind geringe Zahl. Doch neben Benzin-, Diesel- und Elektromotor gibt es noch weitere Antriebsarten.

Hybrid ist nicht gleich Hybrid. Grundsätzlich bedeutet das nur, dass zwei verschiedene Antriebe miteinander kombiniert werden, meist ein Verbrennungs- mit einem Elektromotor. Der sogenannte Voll-Hybrid bietet die Möglichkeit, kleinere Strecken auch rein elektrisch zurückzulegen. Der Mild-Hybrid hingegen hat ebenfalls zwei Antriebe, der Elektromotor spielt allerdings eine nur untergeordnete Rolle und kann das Auto alleine nicht bewegen. Er nimmt dem Verbrenner lediglich Arbeit ab und senkt so seinen Verbrauch oder stellt in bestimmten Fahrsituationen zusätzliche Leistung zur Verfügung.

Der Plug-in-Hybrid kann mit einer Steckdose aufgeladen werden. Der Verbrenner dient nur als Zusatzaggregat, stellt Energie für den Elektromotor zur Verfügung und fungiert als Notreserve. Er kann die weitesten Strecken ohne lokale Emissionen zurücklegen. Entscheidend jedoch für den tatsächlichen Beitrag zum Umweltschutz ist die Herkunft des Stroms. Nur wenn der aus regenerativen Energien stammt, ist der Plug-in-Hybrid wirklich sauber.

Geschichte der Elektroautos
:Sie warten seit mehr als 100 Jahren auf den Durchbruch

Er war einmal das überlegene Antriebskonzept: Schon vor mehr als 100 Jahren gab es Autos mit Elektromotor. Seither konstruierten die Entwickler immer wieder Versuchsträger und Serienfahrzeuge. Doch der durchschlagende Erfolg bleibt bis heute aus.

Flüssiggas Fast eine halbe Million Fahrzeuge in Deutschland fahren mit Flüssiggas. Von Vorteil gegenüber Benzin und Diesel sind die besseren Wirkungsgrade der Motoren und der günstigere Preis für den Kraftstoff: Der Liter kostet derzeit ungefähr 80 Cent. Der auch als Autogas oder LPG bezeichnete Treibstoff besteht zu 95 Prozent aus Propangas.

Herkömmliche Benzinmodelle können auf Gasbetrieb umgerüstet werden, viele Hersteller bieten diesen schon ab Werk an. Laut Informationen des ADAC amortisiert sich ein Gasantrieb nach zwei bis vier Jahren oder 35.000 bis 80.000 Kilometern. Das Tankstellennetz ist inzwischen gut ausgebaut, jedoch gibt es im Alltag einen kleinen Haken: Nicht in alle Tiefgaragen dürfen Gasfahrzeuge einfahren. Der Nutzen für die Umwelt ist zudem umstritten. Der Verbrauch von Flüssiggas-Fahrzeugen ist höher als bei vergleichbaren Benzinern.

Erdgas Nicht nur mit Flüssiggas, sondern auch mit Erdgas lassen sich Fahrzeuge bewegen. Laut KBA waren das zum 1. Januar diesen Jahres 76.284 Stück. Erdgas besteht im Gegensatz zum Flüssiggas aus Methan, es ist auch unter dem Namen CNG bekannt: Compressed Natural Gas. Bis 2018 ist der Treibstoff steuerermäßigt. Erdgas ist der drittgrößte weltweite Primärenergieträger.

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Erdgasautos beeindrucken nicht gerade durch ihr Temperament. Doch sie sind sparsam und machen auch in punkto Klimaschutz eine gute Figur. Noch viel sauberer wird's, wenn das Gas nicht aus der Erde, sondern vom Misthaufen stammt.

Erdgas ist in Deutschland in zwei Sorten an der Tankstelle erhältlich, L-Gas und H-Gas. Letzteres hat einen um etwa 15 Prozent höheren Heizwert als die L-Variante. Doch die Umrüstung auf Erdgas ist sehr kompliziert, weil der Kraftstoff unter sehr hohem Druck mit bis zu 200 bar im Tank gespeichert werden muss. So lohnt sich der Antrieb fast nur, wenn ein Neuwagen die Technologie schon eingebaut hat. Das Kilo Erdgas kostet an der Tankstelle aktuell etwas mehr als einen Euro - wenn Sie eine Zapfstation finden. Denn die Verbreitung von CNG-Stützpunkten ist weit geringer als beim Autogas.

Bioethanol Politisch umstritten ist Bioethanol. Der Grund: Pflanzen sind die Basis des Sprits, er wird beispielsweise aus Zuckerrohr oder Weizen hergestellt. "Kein Kraftstoff aus Lebensmitteln, während in großen Teilen der Welt Hunger herrscht", sagen deshalb die Kritiker. Die Befürworter verweisen auf die günstigen Kraftstoffpreise von ungefähr 1,10 Euro pro Liter und eine höhere Motorleistung. Die allerdings erkauft sich der Kunde mit einem deutlichen Mehrverbrauch von bis zu 30 Prozent gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen. Denn der Energiegehalt von Bioethanol ist geringer als der von Benzin.

Keine Rolle spielt so etwas beispielsweise in Brasilien, dem Land des Zuckerrohrs. Dort gibt es Bioethanol an jeder Tankstelle und bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen hat der Kraftstoff einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent. Hierzulande hat Ethanol dagegen einen zweifelhaften ökologischen Ruf und ist wenig beliebt. Im Alltag verhindern das dünne Tankstellennetz mit bundesweit etwa 350 Standorten und die wenigen verfügbaren Fahrzeuge eine großflächige Verbreitung. Es sind so wenige, dass das BKA die Autos unter der Kategorie "sonstige" verbucht. Auch die Hersteller reagieren darauf und haben inzwischen kaum noch entsprechende Modelle im Angebot. Volvo beispielsweise bietet noch sogenannte Flexifuel-Modelle an.

Brennstoffzelle Es klingt so schön. Energie aus Wasser und Luft, beides verfügbare und günstige Rohstoffe. Durch die Reaktion von Wasserstoff mit Luftsauerstoff entsteht Strom, der wiederum einen Elektromotor antreibt. Das Prinzip ist schon lange bekannt, vor allem deutsche Forscher wie Wilhelm Ostwald oder Ludwig Mond versuchten sich immer wieder an der Brennstoffzelle. Doch bis heute ist in Deutschland kein Fahrzeug mit diesem Funktionsprinzip für Privatkunden erhältlich. Denn so einleuchtend und simpel das Konzept klingt, in der praktischen Umsetzung ist es schwierig zu realisieren.

Die Speicherung und Herstellung von Wasserstoff ist kompliziert, aufwändig und teuer. Nur ein Modell eines großen Herstellers verfügt darum bisher über die Serienreife, der Honda FCX. In Japan und den USA sind bereits einige Modelle im Einsatz, in Deutschland bisher nicht. Ein Alltagsbetrieb würde sich bisher mit nur etwa 20 Tankstationen in Deutschland schwierig gestalten. Dennoch: Die Idee, dass ein Fahrzeug nichts als Wasserdampf ausstößt, ist eine schöne Vorstellung.

Die Brennstoffzellen-Technologie könnte dafür sorgen, dass der Anteil der Fahrzeuge mit Elektromotor in Deutschland steigt. Ende 2013 soll er bei 0,13 Prozent liegen, wie Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen in der Zeitung Die Welt prognostiziert. Das wären 3700 Fahrzeuge. Von der Million Elektroautos, die Kanzlerin Merkel bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen sehen will, ist das noch weit entfernt. Gut, dass es Alternativen gibt.

Eine Liste weiterer, teils skurriler alternativer Antriebe hat der ADAC hier zusammengestellt.

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