Die ADAC-Leute waren alarmiert. Soeben hatten sie bei Abgas-Messungen erhöhte Verbrauchswerte bei einem VW Golf und einem Audi A4 gefunden. Die Tests, die auf der Basis des neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchgeführt wurden, zeigten zum Teil enorme Abweichungen: Der fünf Jahre alte Golf etwa verbrauchte unter Laborbedingungen gut acht Prozent mehr Kraftstoff, als laut Typgenehmigung vorgegeben war. Gleichzeitig wurde ein Audi A4 Avant von Schweizer Technikern getestet - die Abweichung von den Herstellerangaben sei hier zweistellig gewesen, so der ADAC. Höherer Verbrauch, das bedeutet auch höhere CO2-Werte. Das Thema hat also Brisanz. Ein höherer Verbrauch, das wäre nicht nur ein steuerlich relevantes Thema, weil diese Fahrzeuge dann anders eingruppiert werden müssten. Sind die Abweichungen zu hoch, können Kunden in begründeten Fällen sogar Ansprüche gegen den Hersteller anmelden. Eigentlich war der Auftrag der ADAC-Techniker ein ganz anderer gewesen - im Zentrum der Untersuchung standen wegen der Dieselaffäre umgerüstete Dieselmotoren. Dann aber stießen sie auf das andere Problem - eher zufällig.
Mitten im VW-Abgasskandal sollte getestet werden, ob der Rückrufplan des Konzerns technisch funktioniert. Was geschieht mit den VW-Dieseln nach dem Software-Update in der Werkstatt? Wie verändert sich der Ausstoß der Stickoxide? Steigt der Verbrauch? Sinkt die Motorleistung? Es sind wichtige Fragen, wenn Millionen VW-Kunden ihren Zwei-Liter-Diesel zum Umbau in die Werkstatt bringen. Das Ergebnis der ADAC-Untersuchungen zu den Umbauarbeiten übrigens: "keine relevanten Änderungen bei Leistung und Verbrauch". Alles gut, ab in die Werkstatt.
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Zu hoher Verbrauch und CO₂-Ausstoß
Die erhöhten Verbrauchswerte, die die ADAC-Leute fanden, werfen nun Fragen auf: Sind die getesteten Wagen Einzelfälle?
Oder Teil eines größeren Problems? Letztes ist wahrscheinlicher. Vor einigen Wochen hatte das Bundesverkehrsministerium eine Reihe von Herstellern im Rahmen seiner Untersuchungskommission "Volkswagen" untersuchen lassen. Ergebnis: Bei bis zu 30 der 53 getesteten Autos wurde zu viel CO₂ in die Luft geblasen. Herstellernamen und CO₂-Werte gaben die Behörden bislang nicht bekannt - so wartet die Öffentlichkeit bis heute also auf detailliertere Informationen zu den Abgasen.
Das Verkehrsministerium verweist darauf, dass die Stickoxid-Tests, die auch höhere CO₂-Werte zutage förderten, bislang an Gebrauchtwagen durchgeführt wurden. Für CO₂-Tests gilt allerdings die Auflage, dass dafür Neuwagen genommen werden müssen. So muss das Ministerium seine Tests derzeit noch einmal machen. Wann die Ergebnisse aber auf dem Tisch liegen, ist offen.
Eine Neuigkeit dürften die jetzt gemessenen Werte für das Berliner Ministerium so oder so nicht sein. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), ein technisches Institut des Ministeriums, hatte schon vor einigen Jahren CO₂-Werte von Dieselfahrzeugen gemessen. Zu den Autos, deren Werte nach oben hin ausrissen, gehörten neben einem BMW 118d auch ein VW Golf und ein A4. Der Bericht vom Juni 2015 ist im Internet einsehbar - auch wenn der Bericht des Ministeriums samt aktueller Verbrauchsliste noch aussteht.