Photovoltaik:Strom vom eigenen Balkon

Photovoltaik: Solarmodule haben auch auf dem Balkon Platz.

Solarmodule haben auch auf dem Balkon Platz.

(Foto: Stephan Rumpf)

Selbst für kleinste Balkone gibt es mittlerweile Solarmodule. Sie können sich rentieren, sind aber juristisch heikel.

Von Ralph Diermann

Wer als Hausbesitzer seinen Herd oder die Waschmaschine mit eigenem Solarstrom laufen lässt, kann viel Geld sparen. Photovoltaikanlagen sind in den vergangenen Jahren so günstig geworden, dass es heute nur noch etwa zehn Cent kostet, eine Kilowattstunde Sonnenenergie zu produzieren. Das ist nur gut ein Drittel dessen, was man - mit Steuern und Abgaben - für Strom aus dem Netz bezahlen muss. Mieter dagegen haben Pech: Ohne eigenes Dach bleibt ihnen die solare Selbstversorgung verwehrt.

Einige Photovoltaik-Firmen wollen das nun ändern. Sie haben Mini-Solarsysteme entwickelt, mit denen auch Mieter Strom für den Eigenbedarf produzieren können, sogar dann, wenn sie in einer Wohnung leben: Man braucht lediglich einen sonnigen Balkon oder eine Terrasse dafür. Die Anlagen bestehen aus einem oder zwei, mitunter auch vier Modulen. Ein Wechselrichter, der aus dem erzeugten Gleichstrom den Wechselstrom macht, der im Haushalt aus der Steckdose kommt, ist gleich miteingebaut. Die Module können dann einfach neben den Tomaten über die Balkonbrüstung gehängt oder auf der Terrasse zum Liegestuhl gestellt werden; über eine normale Steckdose schließt man sie an das Stromnetz des Haushalts an. Ziehen die Mieter um, können sie die Anlage einfach in die neue Wohnung mitnehmen.

Die Systeme sind nicht explizit verboten. Doch sie verstoßen gegen eine Norm

An sonnigen Stellen liefern Systeme mit einem Modul auf das Jahr gerechnet etwa so viel Strom, wie eine Spülmaschine verbraucht, die jeden zweiten Tag läuft. Die maximale Leistung der Kleinstanlagen liegt meist zwischen 150 und 200 Watt. So viel Energie benötigen Haushalte in der Regel auch dann, wenn gerade niemand daheim ist. Denn elektrische Geräte wie Kühlschrank, Telefon oder Wlan-Router verbrauchen permanent Strom, ebenso die Stand-by-Funktion von Fernseher oder Hifi-Anlage. Systeme mit zwei und mehr Modulen kommen auf eine Leistung von bis zu 500 Watt. Sie eignen sich vor allem für größere Haushalte.

Allerdings ist nicht immer klar, ob sich die kleinen Systeme wirklich rentieren. Denn gemessen an der Leistung sind sie teurer als Anlagen für Hausdächer. Einige Hersteller geben an, dass sich ihre Produkte innerhalb von sieben bis acht Jahren amortisieren. Bei dieser Rechnung setzen sie aber Erträge an, die sich längst nicht überall erzielen lassen: Während Anlagen auf Dächern meist viele Stunden am Tag ungehindert der Sonne ausgesetzt sind, fällt bei den Balkonmodulen schnell mal ein Schatten auf die Solarzellen. Das mindert den Ertrag und damit die Wirtschaftlichkeit.

Das Hauptproblem der Mieter-Photovoltaik ist jedoch derzeit ein ganz anderes. Wer eine Mini-Solaranlage installiert, bewegt sich nämlich in einer juristischen Grauzone. Zwar sind die Systeme nicht explizit verboten. Sie verstoßen aber gegen eine Norm des Elektrotechnik-Verbandes VDE. Danach dürfen Anlagen, die Strom erzeugen, nicht an den Haushaltsstromkreis angeschlossen werden. Der Grund: Die Sicherungen der Haushalte seien nicht in der Lage, den eingespeisten Strom zu erkennen und ordnungsgemäß zu reagieren. "Aus diesem Grund kann es nach dem Einstecken der Erzeugungsanlage zur Überlastung von Stromkreisen und dadurch zu Bränden kommen", heißt es in einem VDE-Kommentar zur Norm.

Vielleicht sind die Anlagen künftig mit Spezial-Steckdosen erlaubt. Das bedeutet aber mehr Aufwand

"Diese Argumentation ist an den Haaren herbeigezogen", meint dagegen Christoph Körner, dessen Unternehmen Infinitum Energie solche Anlagen verkauft - verbunden mit dem Hinweis auf die VDE-Norm. "Die Kabel sind auf eine Leistung von 3680 Watt ausgelegt. Wenn man dort eine Anlage mit bis zu 600 Watt anschließt, bleibt immer noch genug Puffer." Das sieht das österreichische Normungsgremium genauso. Dort ist der Betrieb kleiner Systeme dieser Leistungsklasse seit dem 1. Juli ausdrücklich erlaubt. Ähnliche Regelungen gelten in der Schweiz und den Niederlanden.

Auch Udo Siegfriedt, Gutachter der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), hält eine Bagatellgrenze von 600 Watt für sinnvoll. "Es besteht kein Risiko, wenn Anlagen bis zu dieser Größe an den Haushaltsstromkreis angeschlossen werden", erklärt er. Eine Überlastung der Leitungen drohe erst ab einer höheren Leistung.

Immerhin: Nachdem die Nachbarländer so großzügig mit den Kleinmodulen umgehen, bewegen sich die Dinge nun offenbar endlich auch in Deutschland. Nach Auskunft des VDE wird es wohl noch in diesem Herbst neue Normen geben, die definieren, unter welchen Bedingungen Kleinanlagen Strom in die Haushaltsnetze speisen dürfen. Derzeit diskutieren Verband, Netzbetreiber und andere Experten die Details. Allerdings könnte es einen deutschen Sonderweg geben. Im Gespräch ist, den Anschluss nur über Steckdosen mit besonderer Schutzfunktion zuzulassen. Davon hält der Gutachter Siegfriedt gar nichts. "Eine solche Steckdose müsste von einem Elektriker gesetzt werden", sagt er. Das bedeute unnötigen Aufwand für die Kunden. "Dabei liegt der Reiz der Anlagen doch gerade darin, dass man sie so einfach installieren kann."

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