Wirtschaft kompakt:Mit der Macht des Kartells

Lesezeit: 5 min

Auf dem Milchmarkt haben Landwirte der Macht der großen Handelskonzerne bislang wenig entgegenzusetzen. Das wird Brüssel nun ändern. Außerdem: Bei Volkswagen bahnt sich ein heftiger Streit um die möglichen Gehaltserhöhungen an.

Die europäischen Bauern sollen künftig Milchkartelle gründen dürfen, um mehr Marktmacht gegenüber ihren Abnehmern zu bekommen. Einen entsprechenden Vorstoß von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos gab die Europäische Kommission bekannt.

Wiederholt haben Landwirte gegen die niedrigen Preise auf dem Milchmarkt protestiert. Jetzt sollen sie mächtiger werden dürfen. (Foto: dpa)

Demnach soll den Milchbauern künftig erlaubt werden, überregionale Erzeuger-Gemeinschaften zu gründen. Diese sollen aber jeweils auf bis zu 33 Prozent der nationalen, beziehungsweise 3,5 Prozent der gesamteuropäischen Produktion begrenzt sein. Zudem sollen Mitgliedsländer die Möglichkeit bekommen, die Marktteilnehmer zu verpflichten, vor der Lieferung vertraglich Bedingungen wie Preis, Lieferzeitpunkt, Liefermengen sowie die Vertragsdauer festzulegen. Der Vorstoß von Ciolos war in der Kommission heftig umstritten.

Besonders Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia wehrte sich offenbar mit Händen und Füßen dagegen. Letztlich wurde er jedoch überstimmt, hieß es in Diplomatenkreisen. Mit seinem Vorstoß will Ciolos die Landwirte auf eine Liberalisierung des Milchmarktes vorbereiten. Die Regelung soll bis 2020 gültig sein. Bis sie umgesetzt werden kann, wird es allerdings noch dauern. Zuvor müssen noch die Agrarminister der Länder sowie das Europäische Parlament zustimmen.

In der bevorstehenden Tarifrunde bei Volkswagen bahnen sich schwierige Verhandlungen an. "Wir erwarten zur ersten Verhandlungsrunde am 19. Januar ein konkretes Angebot und vor allem ein anständiges Angebot", sagte der VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh auf einer Betriebsversammlung vor rund 20.000 Beschäftigten in Wolfsburg. Liege dieses Angebot nicht vor, werde es "richtig Stress" geben. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) bekräftige als Gastredner die Rückendeckung des Landes für Volkswagen.

Die Gewerkschaft IG Metall fordert für die rund 100.000 Volkswagen-Mitarbeiter sechs Prozent mehr Gehalt bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. "Weil der Laden brummt, ist die Forderung der IG Metall von sechs Prozent absolut berechtigt", sagte Osterloh unter großem Applaus der VW-Mitarbeiter. Zur Ankündigung der Konzernspitze, sich am Flächentarifabschluss zu orientieren, sagte Osterloh: "Das können Sie vergessen. Wir gehen eine eigenständige Tarifrunde ein." Die Beschäftigten hätten mit zahlreichen Sonderschichten zur Befriedigung der Kundennachfrage in diesem Jahr gezeigt, dass sie hinter dem Unternehmen stünden. Nun sei es an der Führung zu zeigen, dass sie hinter der Belegschaft stehe.

Osterloh und McAllister begrüßten das Inkrafttreten der neuen Satzung der Volkswagen AG. Nach monatelangen Rechtsstreitigkeiten hatte das Amtsgericht Braunschweig am Montag die Satzung in das Handelsregister eingetragen, danach stehen dem Land Niedersachsen zwei Sitze im Aufsichtsrat des Autokonzerns zu. "Montag war ein guter Tag für die VW-Belegschaft", sagte Osterloh.

McAllister sagte zu den Beschäftigten: "Ich freue mich als Ministerpräsident genauso wie Sie auch." Der CDU-Politiker betonte: "Am VW-Gesetz darf nicht gerüttelt werden"" Es sei ein wichtiges Stück soziale Sicherheit. Weder das Recht des Landes, zwei Vertreter in den VW-Aufsichtsrat zu entsenden, noch das in der Satzung festgeschriebene 80-Prozent-Erfordernis für grundlegende Hauptversammlungsbeschlüsse seien staatliche Sonderrechte, sondern dienten dem Interesse von Volkswagen.

Der Paketdienst der Deutschen Post, DHL, liefert Päckchen und Pakete auch am Sonntag vor Weihnachten aus. Auch noch Heiligabend selbst würden Pakete, Päckchen und Briefe zugestellt, teilte DHL mit. Sendungen, die bis zum 22. Dezember mittags bei DHL abgeliefert werden, würden pünktlich zum Fest den Empfänger erreichen, versicherte das Unternehmen.

Weihnachten ist die Hauptsaison für den Paketversand; ein großer Teil der Pakete enthält Weihnachtseinkäufe. DHL transportiert nach eigenen Angaben täglich 2,5 Millionen Sendungen in Deutschland, in der Weihnachtszeit sind es demnach doppelt so viele. Daher setze das Unternehmen im Weihnachtsgeschäft zusätzliche Zusteller ein.

Der elektronische Marktplatz Ebay kann nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes nicht generell für Verstöße seiner Kunden gegen Markenrechte haftbar gemacht werden. Dies sei allerdings anders, wenn ein Markeninhaber Ebay auf die rechtswidrige Nutzung seiner Marke durch Ebay-Kunden aufmerksam gemacht habe, und der Kunde den Verstoß fortsetze, erklärte der EuGH-Generalanwalt Niilo Jääskinen.

Der französische Kosmetikkonzern L'Oreal hatte Ebay verklagt, weil Ebay-Kunden durch Schlüsselwörter im Internet, die den Marken von L'Oreal entsprächen, auf seine Website locke. Der elektronische Marktplatz sorge außerdem nicht dafür, dass die Ebay-Nutzer gefälschte Waren verkauften. Eine Vorabentscheidung des EuGH zu dem in Großbritannien anhängigen Streit ist damit noch nicht getroffen. Das Gericht folgt aber in den meisten Fällen der Einschätzung seiner Generalanwälte. (AZ C-324/09)

Der deutsche Chemieriese Bayer will rund eine Milliarde Euro in China investieren. Damit solle die Produktion hochwertiger Materialien erheblich ausgebaut werden, erklärte der Leverkusener Konzern. So sollen die Kapazitäten für zwei wichtige Kunststoffe in China mehr als verdoppelt werden. Bayer verlegt zudem den Hauptsitz seiner Polycarbonate-Sparte von Leverkusen ins chinesische Shanghai. Ziel sei es, eine "größere Nähe zum speziell in Asien boomenden Polycarbonat-Markt zu erreichen", erklärte das Chemieunternehmen.

Auch die Forschung und Entwicklung will Bayer in China ausweiten. Polycarbonate sind sehr beständige Kunststoffe, die unter anderem im Bau und in der Autoindustrie verwandt werden. Asien steht Bayer zufolge für 60 Prozent des weltweiten Marktes, und China mache dabei den größten Teil aus. Bayer hatte vor wenigen Wochen angekündigt, weltweit rund 4500 Stellen streichen zu wollen, davon 1700 in Deutschland. Ziel des Jobabbaus ist den Angaben zufolge, "Wachstumsbereiche" auszubauen. Die dazu notwendigen finanziellen Mittel sollten durch "eine gezielte Umschichtung von Ressourcen sowie durch Effizienz- und Sparmaßnahmen" aufgebracht werden.

Die Hochtief-Aktionäre zeigen dem spanischen Baukonzern ACS die kalte Schulter. Eine Woche nach der Vorlage des feindlichen Übernahmeangebots für Deutschlands größten Baukonzern sei die Offerte für "insgesamt 0 Hochtief-Aktien angenommen worden", teilte der spanische Baukonzern in einer Pflichtmitteilung mit.

Tatsächlich ist das Angebot für die Hochtief-Anteilseigner denkbar unattraktiv. ACS bietet acht eigene Aktien im Tausch für fünf Hochtief-Papiere. Gerechnet nach den Schlusskursen vom Mittwoch entspricht dies 57,52 Euro. An der Börse wurde die Hochtief-Aktie aber gleichzeitig für mehr als 63 Euro gehandelt. Noch bis 29. Dezember können Hochtief-Aktionäre auf das Angebot eingehen. ACS verfügt bereits über 29,98 Prozent der Stimmrechte bei Deutschlands größtem Baukonzern.

Der Chemiekonzern Wacker Chemie investiert rund 1,1 Milliarden Euro in einen neuen Produktionsstandort in den USA. Der Halbleiter-Zulieferer stärkt damit sein Polysilicium-Geschäft, wie das Unternehmen mitteilte. Das Werk soll bis 2013 im US-Bundesstaat Tennessee nahe der Stadt Cleveland entstehen und rund 650 neue Jobs schaffen.

Wacker rechnet angesichts der wachsenden Nachfrage aus der Solarindustrie in den kommenden Jahren weiter mit zweistelligen jährlichen Wachstumsraten. Auch der Polysiliciumbedarf der Elektronikindustrie werde weiter steigen. Wacker rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatz von deutlich mehr als 4,6 Milliarden Euro und einem Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von mehr als 1,1 Milliarden Euro. Vor einem Jahr hatte den Münchnern der Nachfrageeinbruch in der Bau-, Automobil- sowie insbesondere in der Halbleiterindustrie zu schaffen gemacht. Der Umsatz sank 2009 auf 3,7 Milliarden Euro nach fast 4,3 Milliarden Euro im Jahr zuvor. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 16.000 Mitarbeiter, 10.000 davon allein am größten Standort im oberbayerischen Burghausen.

Sieben Jahre nach dem spektakulären Zusammenbruch des italienischen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat ist Firmengründer Calisto Tanzi zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Ein Gericht im norditalienischen Parma verhängte ein Strafmaß von 18 Jahren Haft gegen Tanzi.

Der heute 72-Jährige musste sich wegen Insolvenzbetrugs und Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Jahre Haft gefordert.

Parmalat war bankrott gegangen, als Weihnachten 2003 ein Loch von damals mehr als 14 Milliarden Euro in der Bilanz entdeckt wurde. Bei einigen Auslandsguthaben des Unternehmens handelte es sich um pure Luftbuchungen. Von der Pleite sind auch rund 135.000 italienische Kleinanleger betroffen, die in den Konzern investiert hatten. Der Prozess hatte im Frühjahr 2008 begonnen.

© sueddeutsche.de/AFP/Reuters/dapd/dpa/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: