Urteil zu Ausnahmeregelung bei Netzentgelt:Strom-Rabatte für Konzerne sind rechtswidrig

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Ein Ingenieur des Energieversorgers EnBW sitzt in einer Leitstelle für das Stromnetz des Unternehmens

(Foto: dpa)

In Deutschland sparen sich große Unternehmen das Entgelt für die Nutzung der Stromleitungen. Dafür zahlen kleine Verbraucher. Diese Regelung ist nicht zulässig, hat nun das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden. Auch in Brüssel gibt es Zweifel am deutschen Modell.

Große Unternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen, haben in Deutschland einen Vorteil: Sie werden vom sogenannten Netzentgelt befreit, mit dem Stromkunden für die Nutzung der Energieleitungen bezahlen. Diese Regelung ist in Deutschland umstritten, weil die Verbraucher für diese Nachlässe über den Strompreis mitzahlen müssen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat diesen Rabatt für große Unternehmen nun gekippt. Die Netzkostenbefreiung für Konzerne sei nichtig, erklärten die Richter. Es gebe dafür keine ausreichende gesetzliche Grundlage, befanden sie. Auch sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig, sagte der Vorsitzende Richter Wiegand Laubenstein. Fünf große und kleine Netzbetreiber hatten vor dem OLG gegen die von der Bundesnetzagentur erlassenen Bestimmungen Beschwerde eingelegt.

EU-Kommission überprüft Strom-Rabatte für Konzerne

Auch in Brüssel gibt es Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Befreiung: Die EU-Kommission hat angekündigt, zu prüfen, ob die Ausnahmeregelungen für stromintensive Unternehmen staatliche Beihilfen darstellen. Das Verfahren werde auf Beschwerden von Verbraucherverbänden und Energieunternehmen eingeleitet, teilte die Behörde mit.

Falls die EU-Kommission zu dem Ergebnis kommt, dass die Nachlässe tatsächlich staatliche Beihilfen sind, geht die Untersuchung weiter. Dann würde Brüssel prüfen, ob deutschen Unternehmen dadurch ein Vorteil gegenüber Wettbewerbern in anderen EU-Staaten verschafft wird. Allerdings müsse auch untersucht werden, ob die Ausnahme durch öffentliches Interesse gerechtfertigt sei.

Steigende Zahl von Anträgen auf Befreiung

Um die Ausnahmen zu finanzieren, wurde eine Sonderumlage eingeführt: Jeder Kunde in Deutschland muss 0,329 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zahlen, pro Jahr macht das bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 3500 kWh etwa 11,5 Euro aus. (Die Bundesnetzagentur hat eine Liste der Unternehmen veröffentlicht, die für 2012 befreit werden wollten.)

2012 wurden laut Bundesnetzagentur Unternehmen in Höhe von 440 Millionen Euro befreit, 2013 beläuft sich die Summe laut einer Prognose vermutlich auf 800 Millionen Euro. Hintergrund ist die gestiegene Zahl der Anträge auf Befreiung.

Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit bereits Regelungen zur Senkung der Strompreise bestimmter Unternehmen überprüft. Nun geht es jedoch zum ersten Mal um die Befreiung von Netzentgelten. Sollte Brüssel am Ende feststellen, dass die Befreiung eine unzulässige Beihilfe darstellt, müssten die Unternehmen sie der Behörde zufolge nachträglich zahlen.

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