Treffen der Euro-Finanzminister mit Griechenland:Sie drohen doch nur

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Syriza-Anhänger demonstrieren ihre Unterstützung der Politik von Alexis Tsipras vor dem Parlament in Athen (Foto: AP)

Scheitern die heutigen Verhandlungen, stürzt Griechenland ins Chaos. Das zumindest lassen die Drohungen der Euro-Staaten vor dem Treffen mit Finanzminister Varoufakis befürchten. Doch das ist Teil des üblichen Pokerspiels.

Kommentar von Cerstin Gammelin, Brüssel

Und wieder gibt es zur Zukunft Griechenlands ein scheinbar ultimatives Datum. An diesem Montag müssen sich die neue Athener Regierung und die Euro-Partner auf die Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Kreditprogramms einigen. Klappt das nicht, droht das Krisenmanagement endgültig im Chaos und Griechenland in der Zahlungsunfähigkeit zu enden. Das klingt dramatisch und ist doch nur eine weitere jener Drohkulissen, die im Laufe der fünfjährigen Schuldenkrise aufgebaut und wieder abgeräumt wurden.

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Im Februar 2010 ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel die damalige griechische Regierung wissen, sie solle selbst sehen, wie sie ihren Haushalt nebst Schulden in den Griff bekomme. Drei Monate später gab es die ersten Kredite der Euro-Partner. Merkel betonte, dass Athen für das Entgegenkommen nicht nur marktübliche Zinsen, sondern auch eine Art Strafaufschlag zahlen müsse. Inzwischen sind die Zinsen gestundet, die Tilgung hinausgeschoben, Athen zahlt praktisch nichts.

Für die jetzigen Verhandlungen gilt zudem: Niemand weiß, ob die neue griechische Regierung nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte Ende Januar überhaupt über die Unterlagen und Zahlen verfügt, welche die Euro-Partner jetzt sehen wollen, um die Verhandlungen zu beginnen. Der konservative Vorgänger Antonis Samaras hatte sich nicht nur geweigert, seinen Amtssitz traditionsgemäß zu übergeben. Der neue linke Premierminister Alexis Tsipras fand nicht einmal Codes für Internetverbindungen vor. Auch die Computer waren - wie meist bei einem Regierungswechsel - verschwunden.

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Von Cerstin Gammelin, Brüssel, und Markus Zydra, Frankfurt

Bereits im Jahr 2009, als die dramatische Schuldenkrise ihren Anfang nahm, war es ein Konservativer, Premierminister Kostas Karamanlis, der abgewählt wurde und irritierendes Zahlenwerk hinterließ. Sein sozialdemokratischer Nachfolger fand nach einigen Wochen heraus, dass das griechische Defizit nicht, wie vom konservativen Vorgänger angegeben, um die vier Prozent lag, bezogen auf das Bruttosozialprodukt. Sondern bei ungefähr neun Prozent. Die genaue Prüfung ergab dann sogar ein Minus von ungefähr 15 Prozent. Die Krise nahm ihren Lauf.

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Angesichts der Probleme wäre es also nicht ungewöhnlich, wenn die Euro-Partner die für Montag aufgebauten Maximalpositionen erneut räumten. Also heute keine Vereinbarung, dafür ein weiteres Treffen. Der Poker um Finanzhilfen wird bis zur letzten Sekunde dauern. Die aber schlägt erst, wenn die Europäische Zentralbank den Geldhahn zudreht - und den Euro in Athen vor das Aus stellt.

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