Warnstreik der Lokführer:"Völlig widersinnig"

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Störungen und Verspätungen: Mit einem zweistündigen Warnstreik hat die vertrackte Tarifrunde der Lokomotivführer erstmals die Fahrgäste beeinträchtigt. Die Gewerkschaft jubelt, die Bahn ist empört. Wie geht's nun weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Störungen, Behinderungen, Verspätungen: Die vertrackte Tarifrunde der Lokomotivführer hat erstmals die Fahrgäste beeinträchtigt. Doch wie geht es nun weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Tarifkonflikt der Lokführer: Eine Reisende schaut im Hauptbahnhof Dresden auf einen Zugfahrplan, auf dem der rote Warnhinweis "Achtung Fahrplanänderungen. Bitte die Sonderaushänge beachten!" angebracht ist. Für Bahnkunden ändert sich im Tarifkonflikt einiges. (Foto: dapd)

Worum geht es im Tarifkonflikt?

Die GDL will einheitliche Standards für alle 26.000 Lokführer im deutschen Nah-, Fern- und Güterverkehr erzwingen - egal, bei welchem Betreiber sie arbeiten. Dafür hat GDL-Boss Claus Weselsky ein Ringen an drei Fronten aufgenommen. Zu verhandeln ist mit der bundeseigenen Deutschen Bahn (DB), die allein 20.000 Lokführer hat, sechs privaten Regionalbahnen sowie einer Gruppe privater Güterbahnen. Kernforderung der GDL: einheitliche Einkommen auf dem Niveau des Marktführers DB plus fünf Prozent Aufschlag. Die teils bis zu 30 Prozent niedrigeren Entgelte bei Privatbahnen sollen stufenweise angeglichen werden.

Wie schnell wird die GDL den Arbeitskampf eskalieren lassen?

Der erste Aufschlag war durchaus hart: Der Warnstreik traf die DB und die sechs Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn und hatte Auswirkungen auf den Nah- und den Fernverkehr. Mancherorts standen die S-Bahnen still. Allerdings war die Aktion auf zwei Stunden beschränkt. Für einen massiveren Streik benötigt die Gewerkschaft die Legitimation einer Urabstimmung unter ihren Mitgliedern, die nun eingeleitet werden soll. Geplante Stimmenauszählung: Anfang März.

Wie bewertet die GDL den Warnstreik?

Die GDL feierte den Ausstand als Erfolg. "Wir haben einen sehr guten Stillstand der Züge erreicht. Wir haben erhebliche Auswirkungen in Hamburg. In Hamburg und Hannover stehen fast alle S-Bahnen und viele Regionalzüge. Der Metronom steht fast komplett", sagte der Vorsitzende des GDL-Bezirks Nord, Lutz Schreiber. Bundesweit seien rund 80 Prozent des Verkehrs betroffen gewesen, hieß es. Man habe ein "deutliches Signal gesetzt" und hoffe nun auf ein neues Angebot.

Wie bewertet die Bahn den Warnstreik?

Die Deutsche Bahn (DB) hat den Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL scharf verurteilt und zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgerufen. "Wir bedauern die erheblichen Unannehmlichkeiten für unsere Kunden, die bei hohen Minusgraden auf den Bahnhöfen warten mussten", sagte Personalvorstand Ulrich Weber. "Besonders ärgerlich ist das, weil die Warnstreiks gegen die DB völlig widersinnig sind." Der bundeseigene Konzern erfülle Forderungen der GDL bereits weitgehend, bekräftigte Weber. Die Auseinandersetzung gehöre an den Verhandlungstisch. "Wir haben ständig neue Angebote gemacht. Wir können sofort verhandeln."

Welche Rolle spielt die Öffentlichkeit?

Eine sehr große. In der aktuellen Auseinandersetzung mit DB und Privatbahnen hatte die GDL ihre Kontrahenten und die Kunden lange über den genauen Beginn von Aktionen im Unklaren gelassen. Auf der anderen Seite muss es ihr darauf ankommen, nicht Zehn- oder gar Hunderttausende Fahrgäste gegen sich aufzubringen. Daher will sie sich an "rechtzeitige" Informationen halten. Die genauen Streikdaten gab die GDL-Zentrale nun mit zwölf Stunden Vorlauf bekannt.

Spielt die GDL auch auf Zeit?

Eindeutig ja. Dem Beschluss ihrer Tarifkommission zum Warnstreik am 3. Februar folgte eine erste Frist bis zum 16. Februar. Auf einem Aktionstag in Berlin mit rund 1200 Lokführern, die sich keineswegs im Ausstand befanden, wurde dann die Formel ausgegeben, dass wegen der Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen nicht vor dem 21. Februar gestreikt werde. Aber eben auch nicht direkt am 21. Februar, wie am Montag klar wurde. Trotz dieses ungewöhnlich langen Vorlaufs ergaben sich aber zunächst keine Anknüpfungspunkte, doch noch an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Wie ist die Position der Deutschen Bahn?

Bahnchef Rüdiger Grube sieht mit unverhohlenem Ärger, "dass die Bahn und ihre Kunden in Geiselhaft genommen werden". Um Wirkung zu erzielen, will die GDL nämlich auch Züge mit dem DB-Logo stoppen und nicht nur Loks der kleineren Konkurrenzbahnen. Es sei "absurd und willkürlich" die DB zu bestreiken, die von vornherein Bereitschaft zu einem Rahmentarifvertrag bekundet habe, klagt Personalvorstand Ulrich Weber. Nachdem die GDL bei der DB eine eigenständige Tarifmacht hat, will sie dies jetzt auch bei den Privatbahnen erzwingen. Auf ein exklusives Recht für Verhandlungen könne die GDL aber nicht hoffen, betonen die Unternehmen. Denn zahlreiche Lokführer seien Mitglieder bei der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Wie ist die Bahn auf den Konflikt vorbereitet?

Um die Auswirkungen für die Reisenden so gering wie möglich zu halten, will die DB bei Streiks mehrere hundert zusätzliche Mitarbeiter einsetzen. Um ihre Kunden auf dem Laufenden zu halten, hat die Bahn eine kostenlose Hotline unter 08000-996633 geschaltet.

Ist zu spätes Erscheinen am Arbeitsplatz durch die Streiks entschuldbar?

Ein Bahnstreik rechtfertigt kein Zuspätkommen bei der Arbeit. Der Arbeitnehmer habe auch bei einem Streik die Pflicht, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen", sagen Arbeitsrechtler. Beschäftigte müssten sich darauf einstellen, wenn ein Streik angekündigt und Verzögerungen im Bahnverkehr absehbar sind. Das heißt: Früher losfahren oder auf alternative Transportmittel ausweichen. Kommen Arbeitnehmer dennoch zu spät, rechtfertigt das sogar eine Abmahnung. Außerdem darf sogar der Lohn gekürzt werden.

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