SZ-Serie: Familienunternehmen:Die Ein-Produkt-Show

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Limo, Luftwäsche, Leinen, Meerrettich: Die Geschichte von vier deutschen Mittelständlern zeigt, warum für "Ein-Produkt-Unternehmen" weniger manchmal mehr ist.

Elisabeth Dostert

Was sich 150 Jahre bewährt hat, kann so schlecht nicht sein. "Ja, wir sind ein Ein-Produkt-Unternehmen", sagen Hanns-Thomas und Hartmut Schamel stolz von sich. Für sie gibt es nur Meerrettich in verschiedenen Geschmacksrichtungen, sonst nichts. Wie ganz wenige Firmen verlassen sich die Brüder auf ein Produkt, so wie Jägermeister oder der norddeutsche Hersteller und Erfinder der Hunde-Rollleine Flexi.

Die Ökolimonade Bionade ist ein Verkaufshit, doch wichtige Kennzahlen veröffentlicht der Hersteller nicht. (Foto: Foto: AP)

Die Idee zur Leine hatte Manfred Bogdahn. Aus dem Startmechanismus einer Motorsäge und zwei Holzschalen bastelte der gelernte Maschinenbauer 1973 den Prototyp. In seinen wenigen Interviews lässt sich Bogdahn gerne mit dem Satz zitieren: "Wir machen nur eines, aber das richtig und in hoher Perfektion." Mittlerweile beschäftigt seine Flexi-Bogdahn International GmbH & Co. KG weltweit 250 Mitarbeiter. Produziert wird nur in Bargteheide bei Hamburg. Die Exportquote liege bei 90 Prozent. Mehr Daten gibt die Firma nicht preis.

Die Schamels führen ihre 1846 gegründete Firma mit 50 Mitarbeitern in der fünften Generation. Das Geschäft entwickele sich "nach wie vor erfreulich". Genaue Zahlen veröffentlicht die Schamel Meerrettich GmbH & Co. KG nicht. Mehr als 150.000 Gläser der Delikatesse verlassen täglich das Werk im fränkischen Baiersdorf - in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Namen wie Scharfer Max oder Würz-Marie.

Alfred Hitzler und Franz Brück, Gesellschafter der Venta-Luftwäscher GmbH aus Weingarten, werben für ihr Produkt ebenfalls mit Namen, allerdings mit anderen - mit berühmten. "Von allen Geburtstagsgeschenken war der Venta-Luftwäscher das nützlichste", lässt sich etwa der Pianist Alfred Brendel auf der Webseite des Mittelständlers zitieren. Auch wo Nigel Kennedy auftritt, schafft das Gerät für seine "wertvolle Geige das bestmögliche Raumklima".

Bei Luftwäschern, die auf dem Prinzip der Kaltverdunstung beruhen, sieht sich der Mittelständler als Marktführer in Europa und behauptet von sich, auf diesem Feld selbst Giganten wie Philips geschlagen zu haben. Anders als bei Geräten, in denen Wasser verdampft oder zerstäubt wird, läuft das Wasser in dem nach außen schmucklos wirkenden grauen Venta-Kasten über einen Stapel von Platten, auf deren Oberfläche von insgesamt bis zu gut 4,2 Quadratmeter es verdunstet. Hitzler hat es erfunden. Etwa 60Mitarbeiter beschäftigt Venta heute.

Seit der Gründung 1981 sei der Kasten in drei verschiedenen Größen mehr als eine Million Mal verkauft worden, sagt Franz Brück, der sich um das Marketing kümmert. Sein Rezept für erfolgreiche Innovationen klingt so simpel wie das von Flexi-Erfinder Bogdahn: "Das Produkt muss einzigartig und bedeutsam sein." Dann kommt man mit einem aus.

Aus der Not heraus erfundenDer Plan von Peter und Stephan Kowalsky aus Ostheim vor der Röhn sieht ähnlich aus: Der Brauerei ihrer Familie ging es schlecht. Da machte sich Stiefvater Dieter Leipold auf die Suche nach einer Alternative zum Bier. Er hat einige Jahre experimentiert - Mitte der neunziger Jahre kam die Ökolimonade Bionade heraus, die es jetzt in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt. So heftig die Familie für ihr Produkt wirbt, so verschwiegen ist sie, wenn es um Umsatz und Ertragszahlen geht. Auch Absatzzahlen nennt die Gruppe mit 200 Mitarbeitern, in der immer noch ein wenig Bier gebraut wird, nicht - wegen der Konkurrenz. In der Branche heißt es, nach einer kräftigen Preiserhöhung um 20 auf 79 Cents für die 0,33-Liter-Flasche im letzten Sommer sei der Verkauf eingebrochen. Viel Zeit bleibt der Familie nicht, ihr einziges Produkt weiter am Markt zu etablieren. 2016 läuft das von Dieter Leipold gehaltene Patent für die gebraute Limonade aus. Dann darf es die Konkurrenz ungestraft nachahmen.

Weit weniger Sorgen müssen sich die fränkischen Brüder Schamel seit Ende vergangenen Jahres um die Zukunft ihres Geschäfts machen. Die Europäische Kommission hat sie gewissermaßen unter Artenschutz gestellt. Der Begriff "Bayerischer Meerrettich" gilt mittlerweile als geschützte geographische Angabe - so wie Champagner.

© SZ vom 20.08.2009/gits - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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