Streik bei Lufthansa:Wut auf die Piloten

Lesezeit: 4 min

+++ Einer der größten Streiks der Lufthansa-Geschichte +++ 3800 Flüge sind gestrichen +++ Erste Auswirkungen schon am heutigen Dienstag +++ Run auf Alternativen +++ Piloten rechtfertigen Härte des Streiks +++ Bahn gibt sich zuversichtlich +++

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Etwa 5400 Piloten sind von Mittwoch bis Freitag zum Streik aufgerufen
  • Die Lufthansa wird in diesem Zeitraum ihren Betrieb weitgehend einstellen, hat 3800 Flüge gestrichen
  • Probleme für weitreisende Passagiere
  • Run auf die Alternativen; Bahn gibt sich gelassen
  • Ärger im Netz: Verständnis für die Piloten ist im Netz kaum zu finden - dafür entlädt sich die Wut auf Twitter

Die Lufthansa rüstet sich für einen der größten Streiks ihrer Geschichte: Als Reaktion auf die Arbeitskampfdrohung von rund 5400 Flugzeugführern hat das Unternehmen von Mittwoch bis Freitag insgesamt 3800 Verbindungen gestrichen. Aus Sicht der Lufthansa ist der Streik auch in letzter Minute nicht mehr abzuwenden. "Ich glaube nicht, dass wir jetzt vor dem Streik noch eine Einigung finden werden", sagte eine Lufthansa-Sprecherin im ZDF-Morgenmagazin. Ohnehin sei der Schaden für das Unternehmen bereits eingetreten. Ein so kompliziertes Netzwerk mit so vielen Flügen könne man nicht innerhalb eines Tages "hoch- und runterfahren", sagte Schädler. Der Ausstand soll an diesem Mittwoch (2.4.) um 0.00 Uhr beginnen und am Freitag (4.4.) um 23.59 Uhr enden.

Lediglich rund 500 Flüge können zwischen Mittwoch und Freitag mit Jets der Konzerngesellschaften Eurowings, Lufthansa CityLine und Air Dolomiti angeboten werden, hatte Lufthansa am Montag in Frankfurt mitgeteilt. Bei diesen Gesellschaften streiken die Piloten nicht. Die Absagen der Lufthansa-Flüge reichen bis zum Samstag. Auch 23 von 31 geplanten Frachtflügen der Lufthansa Cargo seien bereits abgesagt.

Betroffen sind laut Lufthansa rund 425 000 Fluggäste, denen Umbuchungsmöglichkeiten angeboten werden sollten. Europas größte Fluggesellschaft rechnet mit einem Ergebnisschaden in zweistelliger Millionenhöhe. Das deckt sich einigermaßen mit Einschätzungen des Commerzbank-Analysten Frank Skodzik, der bei einem Vollstreik von einem täglichen Schaden zwischen 30 und 40 Millionen Euro ausgeht.

Der Frust der Passagiere: Im Internet entlädt sich der Ärger der Betroffenen. Twitter-Nutzer wundern sich über die Not der Piloten.

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Erste Auswirkungen am Dienstag: Die ersten Folgen des Pilotenstreiks sind schon jetzt zu spüren. Laut einer Streichliste auf der Lufthansa-Internet-Seite fallen bereits diesen Dienstag zahlreiche Flüge aus. In den meisten Fällen handelt es sich um Fernverbindungen, die am Mittwochmorgen in Frankfurt oder München landen sollten. Diese Maschinen würden Passagiere auf einen bestreikten Umsteigeflughafen bringen, von dem sie nicht weiterkämen, erklärte ein Lufthansa-Sprecher. Deshalb verzichte man lieber auf diese Flüge.

(Fast) keine Streiks in den Osterferien: Der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit (VC), Jörg Handwerg, bekräftigte, dass auf weitere Streiks bei der Lufthansa in den nahenden Osterferien verzichtet werden solle: "Wir werden aus Rücksicht auf die Passagiere die Osterferien aussparen." Allerdings gilt diese Aussage nicht überall: Zwar beginnen in vielen Bundesländern die Osterferien erst am 14. April und dauern zwei Wochen. Doch in Niedersachsen und Bremen starten sie bereits an diesem Donnerstag. Die letzten Osterferien enden in diesem Jahr am 2. Mai in Thüringen und Schleswig-Holstein.

Piloten verteidigen Härte des Streiks: Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens findet es schwer nachvollziehbar, dass die Vereinigung Cockpit (VC) beim gegenwärtigen Verhandlungsstand zu einem dreitägigen Vollstreik aufrufe. "Wir haben sowohl für eine verbesserte Vergütung als auch für eine künftige Regelung zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Flugdienst gute Angebote gemacht", sagte Volkens laut einer Mitteilung. VC-Mann-Handwerg verteidigte das Ausmaß der Arbeitsniederlegung: "Ein Streiktag hätte unserer Ansicht nach nicht gereicht."

Streitwert eine Milliarde Euro: Streikanlass sind die von Lufthansa einseitig gekündigten Übergangsrenten, die den Piloten bislang ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf ermöglicht hatten. Offen ist zudem der Tarifvertrag zu den Gehältern, bei dem die VC ein Plus von knapp 10 Prozent verlangt. Am Montagabend bezifferte Sprecher Handwerg in der ZDF-Sendung Wiso den Streitwert zwischen Piloten und Lufthansa auf eine Milliarde Euro.

Run auf die Alternativen: Abgesehen von der Bahn ziehen konkurrierenden Fluggesellschaften wie Air Berlin aus dem Streik Vorteile. "Wir setzen auf innerdeutschen Strecken nach Möglichkeit größere Flugzeuge ein", sagte eine Sprecherin. Das sei vor allem auf den stark gefragten Rennstrecken zwischen den Wirtschaftszentren Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München der Fall. Auch Air France setzt nach eigenen Angaben größere Flugzeuge von Paris zu deutschen Destinationen ein. "Die anderen Airlines wittern die Nachfrage und können ihre Preise hochfahren", sagt Julia Eckert vom Geschäftsreiseverband VDR. Wenn die Verbindungen passen, bucht sogar die Lufthansa ihre Passagiere auf die Maschinen der Konkurrenz um und muss die Kosten dafür übernehmen. Die in Frankfurt abhebenden Maschinen können zudem ihre Frachträume zu hohen Preisen auffüllen, weil die sonst dominierenden Kapazitäten der Lufthansa wegfallen. Daneben werden derzeit Mitfahr-Zentralen und Fernbus-Unternehmen bestürmt. Ein Sprecher von ADAC Postbus sagte: "Wir hatten am Montag die meisten Buchungen seit unserer Gründung"

Wohnen im Flughafen: An den wichtigen Lufthansa-Drehkreuzen Frankfurt und München laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Man bereite sich besonders darauf vor, dass im Transitbereich gestrandete Passagiere längerfristig versorgt werden müssten, sagte ein Sprecher des Frankfurter Betreibers Fraport. Dazu gehören Schlaf- und Waschmöglichkeiten sowie Nahrungsmittel und Getränke. Oft darf der Transitbereich nicht verlassen werden, weil das erforderliche EU-Visum nicht vorhanden ist. Zudem fehlen freie Hotels - zumindest in Frankfurt: "In der Stadt gibt es derzeit wenig Bettenkapazitäten wegen einer großen Messe", sagte ein Angestellter des Intercity Hotels Airport.

Extrazüge bei der Bahn: Droht in den nächsten Tagen angesichts der vielen zusätzlichen Passagiere Chaos bei der Bahn? Eine Sprecherin des Unternehmens sagt: "Wir kriegen die Reisenden mit dem bestehenden Zugmaterial gut von A nach B. In die neueren ICE passen etwa 800 Personen, das entspricht mehreren Flugzeugen." Zudem stünde etwa ein Dutzend zusätzlicher Züge an wichtigen Knotenpunkten bereit. Die Bahn befördert im Fernverkehr durchschnittlich 360 000 Fahrgäste am Tag.

Was Fluggäste nun tun können: Bei innerdeutschen Flügen, die aufgrund des Streiks ausfallen, dürfen Passagiere die Züge der Deutschen Bahn nutzen. Dafür müssen sie ihr Ticket im Internet oder an einem Check-in-Automaten der Lufthansa in eine Fahrkarte umwandeln.

Reicht dafür die Zeit nicht, können Kunden sich ein neues Bahnticket kaufen und es später mit dem bereits gezahlten Flugticket verrechnen lassen. Ein Lufthansa-Sprecher ergänzt, dass in diesem Fall die Passagiere das Bahnticket zusammen mit dem Flugticket oder der Buchungsnummer an die Lufthansa schicken sollen.

Bei allen anderen Flügen gilt: Wer sein Ticket online unter Lufthansa.com gekauft hat, kann den Flug kostenfrei stornieren. Wer ein Ticket für einen Flug im Zeitraum 2. bis 4. April besitzt, der nicht ausfällt, kann dieses einmalig kostenlos umbuchen. Wer keinen Zugang zum Internet hat, kann das Service-Center der Lufthansa anrufen: 0800/850 60 70.

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© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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