Steinbrück verteidigt Bankenpapier:In der Arena

Peer Steinbrück kennt viele Arten, dem dunklen Bankensektor Fesseln anzulegen. Nur den Vorwurf, die Deutsche Bank gleich zerschlagen zu wollen, weist er von sich. In Berlin verteidigt er seine Vorschläge: Er wolle ja nur das Beste für die Branche. Ein Wahlkampfthema hat die SPD also. Jetzt fehlt nur noch ein Kanzlerkandidat.

Jannis Brühl, Berlin

Das ist also die Zeichensprache des Zuchtmeisters. Das Dach, geformt mit beiden Händen: Es steht für die Holding-Gesellschaft, zu der er die Deutsche Bank umbauen will. Die hochgereckte Faust: Sie steht für Zerschlagung - die wolle er aber ja gar nicht, beteuert Peer Steinbrück. Der SPD-Politiker und ehemalige Finanzminister stellt im Bundestag der Öffentlichkeit seine Vorschläge zur Reform des Finanzsektors vor. Dabei wehrt er sich gegen Vorwürfe, die Deutsche Bank "sprengen" zu wollen.

Peer Steinbrück stellt Finanzmarktpapier vor Banken SPD

Peer Steinbrück sagt: "Die Finanzbranche sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt."

(Foto: dpa)

Steinbrück kennt viele Arten, dem Bankensektor Fesseln anzulegen. Das 25-seitige Papier umfasst zahlreiche Aspekte, die seit der Finanzkrise links der Mitte diskutiert worden sind.

Er will die Gehälter von Managern begrenzen, Boni sollen Festgehälter nicht mehr übersteigen. Profitorientierte Ratingagenturen möchte er in gemeinnützige Stiftungen verwandeln, um Interessenkonflikte mit den Unternehmen zu vermeiden, die sie bewerten. Über eine Abgabe sollen Kreditinstitute einen Bankenrettungsfonds finanzieren, der dann gefährdete Geldhäuser stützen könne.

Sprachlich geht Steinbrück düster zu Werke: Die Frage, in etwas ungelenker Metaphorik formuliert, sei, wer "den Taktstock in der Hand halte" - die Finanzwirtschaft oder die Politik. Das "Erpressungspotenzial" der Banken solle eingeschränkt werden. Die Ratingagenturen würden "unheimliche Macht" ausüben. Das Kapitel über Schattenbanken heißt: "Licht ins Dunkel". Steinbrück erklärt das auf der Pressekonferenz so: "Wir haben versucht, die Überschriften nicht so technokratisch zu formulieren."

Am meisten verteidigen muss der 65-Jährige dabei seinen Plan, ein Trennbankensystem einführen zu wollen. Er verwahrt sich gegen den Vorwurf, Institute wie die Deutsche Bank "zerschlagen" zu wollen. So hätten Medien getitelt. Das sei nicht korrekt, aber er, Steinbrück, könne damit leben: "Wir sind hier ja nicht in Nordkorea."

Steinbrück betont: "Die Deutsche Bank bleibt die Deutsche Bank." Für Aktionäre ändere sich nichts, die getrennten Bereiche - die Geschäftsbank und die Investmentbank - würden unter dem Dach einer Holding-Gesellschaft weiterexistieren. Sollten sie Unternehmensanleihen ausgeben, täte das nun jede der zwei Teilbanken getrennt. In den angeblich ultraliberalen angelsächsischen Ländern würden noch strengere Regeln diskutiert, sagt Steinbrück und verweist auf die amerikanische Volcker Rule.

Seit Dienstag ist Steinbrücks Dokument im Umlauf. Manche Manager hätten zu schnell darauf reagiert, sagt er, "ohne dass sie das Papier genau gelesen hätten." Damit meint er wohl Paul Achleitner, Chefaufseher der Deutschen Bank. Dessen Reaktion kam über Nacht via Handelsblatt: Er lehnt Steinbrücks Plan ab, Universalbanken aufzuspalten: Alle Experten wüssten, dass ein breiter diversifiziertes Unternehmen wie eine Universalbank weniger Risiken mit sich bringe, hatte Achleitner gesagt. Die Institute, die in der Finanzkrise die größten Probleme gehabt hätten, seien doch in erster Linie Spezialinstitute wie Hypo Real Estate, IKB, Landesbanken oder Lehman Brothers gewesen.

Kritik an Steinbrücks Vergangenheit

Steinbrück verspricht, dass er mit Trennbankensystem und Bankenabgabe nur das Beste für die Institute im Sinn habe, denn ohne Regulierung könne es nicht weitergehen: "Die Finanzbranche sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt."

Seine Forderungen zum Finanzmarkt könne die SPD mit den Grünen umsetzen. Auf die Bemerkung, er erwähne die Grünen ja mehrfach und freiwillig, grinst Steinbrück. Dem wirtschaftsfreundlichen SPD-Politiker wird ja nachgesagt, er könne mit dem favorisierten Koalitionspartner seiner Partei nur unter Qualen zusammenarbeiten und stehe gedanklich der FDP näher. Immerhin: Bei den Grünen gebe es mehrere, mit denen er gut zusammenarbeiten könne, bei der Linken dagegen niemanden.

Mit der Öko-Partei wird es Steinbrück aber auch nicht einfach haben: Lücken in dem Papier sieht Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Er sagt Süddeutsche.de, dass der SPD-Politiker den Schutz von Bankkunden zu sehr ausgeklammert habe: Würde sein Papier umgesetzt, könnten noch immer "schlechte Finanzprodukte an Verbraucher verramscht" werden. In der Finanzkrise waren viele Verbraucher auf wertlosen Zertifikaten sitzengeblieben.

Außerdem hat Schick Steinbrücks Rolle vor der Krise nicht vergessen: "Es stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit. Steinbrück beklagt jetzt viele Dinge, die er selbst zu verantworten hat." Er habe selbst den Aufbau "nationaler Champions", zum Beispiel von Großbanken, unterstützt und verantworte, dass die deutsche Bankenrettung so teuer ausgefallen sei. Jetzt beklage er, dass der Steuerzahler für Verluste der Geldhäuser einstehen müsse.

Mit dem Bankenpapier hat die SPD also ihr Wahlkampfthema gefunden - am Dienstag gab es viel Lob aus der Fraktion. Wer aber ist der Kandidat, der damit ins Kanzleramt einziehen soll? Der Autor des düsteren Werkes sagt dazu auch heute nichts. Egal wie trickreich die Journalisten nachbohren: Auf eine Frage zur Rente, in der das Wort "Kanzlerkandidat" vorkommt, antwortet Steinbrück, er wolle den "personalen Faktor" heraushalten: "Sonst finden wir uns leicht in der Arena wieder. Da will ich nicht hin. Ich bin kein Gladiator."

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