Sportvermarkter Infront:Vorteil China

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Bei Infront fungiert der ehemalige Fußball-Welt- und Europameister Günter Netzer vor allem als Repräsentant nach außen. (Foto: imago)
  • Der chinesische Immobilien-Konzern Wanda und drei Partner übernehmen den Sportvermarkter Infront aus der Schweiz.
  • Das Unternehmen ist bestens verdrahtet - unter anderem mit dem Ex-Fußballstar Günter Netzer im Vorstand und einem Neffen von Fifa-Boss Sepp Blatter als Chef.
  • Die Chinesen erhoffen sich von der Übernahme offenbar auch Schützenhilfe dabei, sportliche Großveranstaltungen in die Heimat zu locken.

Von Caspar Busse, München

Das Management ist durchaus prominent besetzt: Der frühere deutsche Profifußballer und Sportkommentator Günter Netzer, 70, gehört zum Vorstand. Und als Präsident und Unternehmenschef dient seit 2005 Philippe Blatter, 50. Der frühere McKinsey-Berater ist ein Neffe des so mächtigen wie umstrittenen Präsidenten des Weltfußballverbands Fifa, Sepp Blatter, 78. Infront Sports & Media mit Hauptsitz im Schweizer Steuerparadies Zug ist einer der größten Sportrechtehändler der Welt. Bei vielen sportlichen Großereignissen und bei einer ganzen Reihe von bekannten Sportvereinen mischen die Schweizer im Hintergrund mit - und verdienen dabei. Der Markt ist lukrativ und schnell wachsend, die Renditen gelten als hoch.

So hoch, dass sich nun Investoren aus China den Einstieg bei Infront mehr als eine Milliarde Euro kosten lassen. Es ist die erste ganz große Investition aus Asien auf dem europäischen Sportmarkt. Die Wanda-Gruppe, einer der größten chinesischen Immobilienkonzerne, hat seit einigen Monaten verhandelt. Nun übernimmt Wanda 68,2 Prozent der Infront-Anteile, der Rest geht an drei weitere ungenannte Investoren. Bisher gehörte Infront dem Finanzinvestor Bridgepoint, der auch den Münchner Brillenhersteller Rodenstock hält.

Schwerpunkt im Fußball, Aktivitäten in vielen Sportarten

"Infront ist ein seltenes Gut in seiner Branche", sagte Bridgepoint-Partner Xavier Robert. Offenbar so selten, dass auch der Preis stimmt. Bridgepoint erhält 1,05 Milliarden Euro. Bei seinem Einstieg im Jahr 2011 hatte der Investor geschätzt 550 Millionen Euro gezahlt - ein sehr gutes Geschäft also. Infront machte 2014 mit 600 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 800 Millionen Euro. Über die Höhe der Gewinne schweigt das Management, man sei profitabel, heißt es lediglich.

Basketballer in China: Infront vermarktet den Sport in China seit zehn Jahren und hat so zur steigenden Popularität beigetragen. (Foto: Ed Jones/AFP)

In vielen Sportarten ist Infront tätig. Seit Längerem wird schon die Basketball-Liga in China vermarktet, auch im Wintersport sind die Schweizer aktiv. Ein Schwerpunkt liegt aber auf dem Bereich Fußball. Infront handelt etwa mit Fußballrechten für die Fifa, für den deutschen und italienischen Fußballverband. Unter anderem wird Infront künftig den DFB-Pokal in Deutschland vermarkten, das wurde erst im Januar beschlossen. "Unser klares Ziel ist es, die vertrauensvolle bestehende Partnerschaft mit Infront fortzusetzen und weiter auszubauen. Gemeinsam streben wir an, den erfolgreichen Pokalwettbewerb national und international noch stärker zu positionieren", sagte vor zwei Wochen DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Auch mit einer ganzen Reihe von Vereinen sind die Schweizer im Geschäft, mit Lazio Rom, mit Inter und mit AC Mailand zum Beispiel. In Deutschland setzt Infront vor allem auf Traditionsklubs, die einen guten Namen haben, aber sportlich nur mäßig erfolgreich sind. Zu den Kunden gehören Werder Bremen, der 1. FC Köln, der SC Freiburg, Hansa Rostock, Paderborn, Alemannia Aachen, Fortuna Düsseldorf und demnächst 1860 München. Unklar sind nun die Folgen durch den Einstieg der Chinesen.

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"Die Unternehmensstrategie wird sich nicht ändern", betonte am Dienstag ein Infront-Sprecher. "Wanda identifiziert sich voll und ganz mit unserer langfristigen Vision, unserer Unternehmenskultur sowie unseren ambitionierten Wachstumsplänen und wird diese aktiv unterstützen", teilte Infront-Chef Blatter mit. Die Chinesen wollen Infront zur Nummer eins im weltweiten Sportmarketing machen.

Wanda wurde 1988 gegründet und betreibt in ganz China Gewerbeimmobilien, Hotels, Kinos und Warenhäuser. Unter anderem gehört Chinas größte Kinokette zum Unternehmen. Wanda will seine Expansion im Ausland vorantreiben und damit seine Umsätze binnen fünf Jahren auf 16o Milliarden Dollar steigern. Erst vor Kurzem haben sich die Chinesen beim spanischen Fußballclub Atlético Madrid mit 20 Prozent beteiligt. Der Verein stand im vergangenen Jahr immerhin im Finale der Champions League.

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Offenbar sportpolitische Interessen im Hintergrund

Möglicherweise sind bei dem Milliardengeschäft aber auch politische Interessen im Spiel. Wanda-Aufsichtsratschef Wang Jianlin erklärte, Infront sei "bestens positioniert", um China bei seinen Bewerbungen für Sport-Großereignisse "aktiv zu unterstützen". Peking bewirbt sich nach den Olympischen Sommerspielen 2008 nun um die Winterspiele im Jahr 2022. Außerdem träumt das Land davon, irgendwann auch die Fußball-Weltmeisterschaft auszurichten. Zudem trage der Zukauf von Infront dazu bei, die Entwicklung des chinesischen Sports zu fördern, sagte Wang.

Bei all diesen Ambitionen könnte also Infront mit seinen guten Beziehungen helfen. Die Firma gibt es seit 2003, sie ist aus der früheren Kirch-Sport hervorgegangen, dem Sportrechtehändler der Mediengruppe von Leo Kirch. Nach dessen Insolvenz stieg unter anderem Robert Louis-Dreyfus ein, der später an die Jacobs-Holding verkaufte, die das Unternehmen dann an den Finanzinvestor Bridgepoint weitergab. Infront ist auch an der Vermarktung der nächsten Fußball-WM in Russland und Katar beteiligt. Ausrichter ist die Fifa. Es bleibt also vieles in der Familie.

© SZ vom 11.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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