Schweiz:Bitte möglichst spät Steuern zahlen

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  • Der Kanton Zug möchte das Geld seiner Steuerzahler "so spät wie möglich erhalten".
  • Das liegt an den Schweizer Negativzinsen. Denn je mehr Guthaben der Kanton hat, desto höhere Strafzinsen muss er zahlen.

Von Charlotte Theile, Zürich

Wer unangenehme Dinge schnell erledigt, wird belohnt. Das lernen wir schon als Kinder. Erst Hausaufgaben machen, dann Computerspielen. Wer als Erstes sein Zimmer aufgeräumt hat, darf einmal in die Süßigkeitenkiste greifen. Für Erwachsene ist es mit den Süßigkeiten dann komplizierter, auch Belohnungen und Geschenke lösen vor allem Skepsis aus - irgendetwas wollen die ja doch wieder von einem. Eine Belohnung aber scheint über alle Zweifel erhaben zu sein, zumindest wenn man in der Schweiz lebt: das Skonto vom Finanzamt. Wer seine Steuern besonders schnell zahlt, bekommt einen Nachlass, auch "Steuerzückerchen" genannt. Im Kanton Zug ist das Zückerchen nun gekippt worden. Und nicht nur das. Die Strafzinsen, die normalerweise erhoben werden, um besonders schludrige Spätzahler zu maßregeln, sind auf null gesetzt worden.

Was ist da los? Hat die kantonale Steuerverwaltung ihr Herz für liederliche Buchführung entdeckt? "Der Kanton hat ein Interesse daran, die Gelder so spät wie möglich zu erhalten", sagte Peter Hegglin, Finanzdirektor im Steuerparadies Zug den Lokalmedien. Denn: Je mehr Guthaben der Kanton hat, desto höhere Negativzinsen muss er zahlen.

Seit Januar 2015 erhebt die Schweizerische Nationalbank einen Strafzins von 0,75 Prozent pro Jahr auf Konten, die den Freibetrag von zehn Millionen Franken übersteigen. Für die öffentliche Hand kommen so schnell hohe Kosten zusammen. Die jetzige Maßnahme soll dem Kanton Zug jährlich zwischen zwei und drei Millionen Franken sparen. Gut möglich, dass das Beispiel aus Zug Schule macht und andere Kantone nachziehen. Die Negativzinsen betreffen schließlich alle.

Auch die Verzugszinsen fallen weg - wegen eines IT-Problems

Nicht wenige sorgen sich jetzt um die Steuermoral. Was löst es in den Menschen aus, wenn sie von offizieller Seite hören: "Zahlen Sie Ihre Steuern am besten so spät wie möglich"? Der Zuger Finanzdirektor sieht dem gelassen entgegen. Die Fristen blieben ja weiterhin bestehen, wer zu spät abgebe, müsse mit rechtlichen Schritten bis hin zur Beschlagnahmung von Vermögenswerten rechnen. Allein die Verzugszinsen fallen weg.

Dieses Zugeständnis an Spätzahler hat Zug nicht ganz freiwillig gewählt. Die Software des Kantons sei einfach derart veraltet, dass es nicht möglich sei, für Vergütungszinsen und Verzugszinsen unterschiedliche Werte einzugeben. Wenn man das Belohnungssystem auf null setzen wolle, müssten gleichzeitig die Strafzinsen wegfallen, sagte Hegglin der Zuger Online-Zeitung Zentralplus. Die Software stamme aus dem Jahr 1995 und sei "ganz klar ein Oldtimer". Dennoch wolle man sich vorerst nicht davon trennen. Erst 2020 steht ein Wechsel der kantonalen Steuersoftware an.

Wer seine Steuererklärung erst in letzter Sekunde abgeben will, kann sich also freuen. Solange es im Kanton Zug keine Belohnung mehr für besonders schnelle Steuerzahler gibt, ist auch keine Strafe für Spätzahler möglich.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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