Ostsee-Pipeline: Baubeginn:Schröder gibt Gas

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Späte Genugtuung: Als treibende Kraft der Ostsee-Pipeline musste Gerhard Schröder Kritik einstecken. Doch beim offiziellen Baubeginn des Projekts bekam der Altkanzler viel Zuspruch - auch vom politischen Gegner.

Der Bau der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream ist am Freitag offiziell gestartet worden. Russlands Präsident Dmitri Medwedew schrieb "Viel Glück" auf eine Röhre, bevor zwei der Leitungssegmente in der russischen Ostseebucht von Portowaja nahe der Stadt Wyborg miteinander verschweißt wurden.

Die neue Gaspipeline werde Europa Energiesicherheit zu "angemessenen und zumutbaren Preisen" verschaffen, sagte Medwedew beim dem Festakt zum Baubeginn. "Auch wenn wir uns alle um die Umwelt sorgen und auf der Suche nach alternativen Energiequellen sind - die Nachfrage nach dem "blauen Brennstoff" wird weiter steigen", sagte der russische Präsident.

Die rund 1220 Kilometer lange Leitung soll ab Ende 2011 Erdgas von Wyborg bis nach Lubmin an der deutschen Ostseeküste befördern und die Versorgungssicherheit Europas verbessern.

Umweltschützer warnen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob in einer Videobotschaft das große wirtschaftliche Potenzial des Projekts hervor.

Ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD), der dem Aktionärsausschuss des Betreiberkonsortiums Nord Stream vorsitzt und das Projekt politisch stark unterstützt hatte, sagte, es seien 100 Millionen Euro ausgegeben worden, um die Auswirkungen der Rohrleitung auf die Umwelt "minimal" zu halten.

Umweltschützer hatten vor dem Riesenprojekt unter der Ostsee gewarnt. In Deutschland klagen die Umweltverbände BUND und WWF gegen die Baugenehmigung für einen 50 Kilometer langen Abschnitt vor der Anlandestation in Mecklenburg-Vorpommern.

Dessen ungeachtet beurteilte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin das Projekt positiv. Der Politiker erwartet mehr Sicherheit für die Gasversorgung für Deutschland. Dem Radiosender MDR Info sagte er: "Ich halte Gas unter der Maßgabe, dass wir Übergangstechnologien brauchen, die regelbar sind, für vernünftig."

Im Verhältnis zu anderen fossilen Energieträgern wie Öl oder Kohle sei Gas deutlich klimaverträglicher. Zugleich warnte Trittin, Deutschland dürfe sich "nicht vollständig von einem Lieferanten abhängig machen". Die Grünen plädierten "beispielsweise für den Bau einer weiteren Pipeline, der Nabucco-Pipeline, die über die Türkei nach Mitteleuropa führt".

Den baltischen Staaten und Polen ist das Projekt hingegen ein Dorn im Auge. Als direkte Nachbarn Russlands befürchten diese Länder, dass Moskau seine Machtposition im Ostseeraum festigt und auf Grund des Schutzbedarfs der Pipeline auch seine militärische Präsenz erhöht.

Dem hielt Altkanzler Schröder entgegen, dass die Gaspipeline die Energieversorgung in Europa sicherer machen werde. Bezogen auf Deutschland vertiefe Nord Stream die strategische Partnerschaft mit Russland.

55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr

Die in einer Wassertiefe von bis zu 210 Metern auf dem Meeresboden verlegte Rohrleitung durchquert die Wirtschaftszonen von fünf Ostsee-Anrainerstaaten: Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland.

Gespeist werden soll die Pipeline laut Nord Stream von westsibirischen Erdgasfeldern. Die Röhre besteht aus zwei Strängen. Der erste soll bis Ende 2011 fertiggestellt sein, der zweite 2012. Beide Leitungen können zusammen bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr transportieren. Das entspricht laut Nord Stream etwa elf Prozent des prognostizierten Erdgas-Verbrauchs der EU im Jahr 2030.

Beteiligt an dem internationalen Bau- und Betreiberkonsortium Nord Stream sind neben dem russischen Gaskonzern Gazprom auch der deutsche Energiekonzern Eon Ruhrgas, die BASF-Tochter Wintershall sowie die niederländische Gasunie.

© sueddeutsche.de/AFP/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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