Abgasskandal:Ein schwerer Tag im Leben des Rupert Stadler

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Muss sich am Mittwoch gleich zwei Mal unangenehmen Fragen stellen: Audi-Chef Rupert Stadler. (Foto: dpa)
  • Am Mittwoch kommt bei Audi der Aufsichtsrat zusammen, um über die Folgen der Razzia in der vorvergangenen Woche zu reden. Der Aufsichtsrat der Audi-Mutter VW hat dem Audi-Chef Stadler allerdings bereits am Dienstagabend das Vertrauen ausgesprochen.
  • Anschließend ist Betriebsversammlung - und die Mitarbeiter werden wohl von ihrem Chef Stadler wissen wollen, wie es an der Abgasfront aussieht und wie es um ihre Jobs steht.

Von Thomas Fromm

Bei Rupert Stadler kommt es in diesen Wochen vor, dass gleich mehrere Dinge an einem Tag passieren. Ereignisse, von denen man sich eigentlich wünschen würde, sie würden sich zumindest auf mehrere Tage verteilen. Zum Beispiel in der vorletzten Woche, am Tag der Jahrespressekonferenz. Da setzte sich der 54-jährige Audi-Chef morgens ins Auto und erfuhr auf dem Weg ins Büro, dass an die hundert Polizisten und Staatsanwälte im Begriff waren, seinen Konzern zu filzen. Eine sehr unangenehme Gleichzeitigkeit der Dinge: Wenn man auf der Bühne steht und den Journalisten erklären muss, wie gut man trotz Dieselaffäre dasteht, und dann suchen Ermittler in den Büros nach neuen, belastenden Spuren im Abgasbetrug.

Dieser Mittwoch wird wieder so ein komischer Tag im Leben des Audi-Bosses sein: Ab Mittag ist auf dem Ingolstädter Firmengelände Betriebsversammlung, und viele Audianer werden dabei sein. Am Vormittag aber will schon der Aufsichtsrat der Volkswagen-Tochter zusammenkommen und über die Folgen der Razzia informiert werden. Die Betriebsversammlung steht schon seit Langem im Terminplan, anders als die Aufsichtsratssitzung, die Insidern zufolge erst in diesen Wochen auf die Tagesordnung kam. Eine beruhigende Nachricht gab es für Stadler aber bereits am Dienstagabend: Da sprach der Aufsichtsrat der Audi-Mutter VW ihm bereits trotz der Dieselkrise das Vertrauen aus.

Für Stadler könnte der Tag dennoch unerfreulich werden. Die Mitarbeiter wollen wissen, was es Neues von der Abgasfront gibt und ob dies irgendwelche Folgen für ihre Jobs hat. Die Aufsichtsräte wollen das Gleiche wissen. Sie aber müssen in den kommenden Wochen entscheiden, wie sie bei der anstehenden Hauptversammlung am 18. Mai verfahren sollen: Soll Stadler entlastet werden? Oder besser nicht? Es ist aber zu vermuten, dass sie dem Vorbild des VW-Aufsichtsrats folgen werden.

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"Zuerst hat ihm die Razzia den Auftritt bei der Jahrespressekonferenz verhagelt", sagt ein Insider. Und auch wenn es derzeit "nichts Hartes" gegen ihn gebe: Die Sache könne schnell "eine Eigendynamik" bekommen, die nur schwer abzuschätzen sei. Die Woche könne also noch "ein schmaler Grat" für alle Beteiligten werden, vor allem für den Chef selbst.

Dass Audi tief mit drin hängt in der Dieselaffäre der Mutter wurde spätestens klar, als der Konzern den Einbau einer Motorsoftware eingestehen musste, die in den USA als illegal eingestuft wird. Als aber auch Stadler selbst von einem entlassenen Konzern-Entwickler schwer belastet wurde, kamen die Einschläge gefährlich nahe. "Als Konsequenz aus der Dieselaffäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand", sagte er dann bei seiner Jahrespressekonferenz. Eine klare Ansage.

Noch laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München gegen unbekannt, und damit ist die alte Frage noch offen: Wer hat früher als bekannt von den zu hohen Abgaswerten bei Dieselmotoren und den Manipulationen gewusst? War es nur eine kleine Gruppe von Ingenieuren oder auch Vorstände?

Die Razzia könnte die Einstellung zu Stadler kippen lassen

Noch vor einem Monat konnten sich die Aufsichtsräte zusammenraufen und ihrem Konzernchef kollektiv das Vertrauen aussprechen. Die VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch halten an Stadler fest, auch um die Premiumtochter nicht zu beschädigen. Und die Vertreter von der Arbeitnehmerbank waren bisher der Meinung, dass es immer noch besser sei, einen Rupert Stadler zu haben als irgendeinen anderen. Erstens weiß man ja nie, was kommt, und zweitens ist jemand wie Stadler nach 27 Jahren im Konzern einigermaßen kalkulierbar.

Mit der Razzia aber könnte sich die Sache drehen. Der nächste Mittwoch ist daher ein Tag, an dem Stadler ein Gefühl dafür bekommen wird, ob nach der großen Razzia die Meinung kippt. Oder ob die Aufsichtsräte und Mitarbeiter ihm immer noch vertrauen. Fragen, von denen seine Zukunft abhängt.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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