US-Notenbank:Die Fed muss berechenbar bleiben - und den Leitzins erhöhen

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Fed-Präsidentin Janet Yellen (Foto: AP)

Auch wenn es die Sparer nicht gern hören: Die Zinsen werden noch viele Jahre niedrig bleiben.

Kommentar von Nikolaus Piper

An diesem Mittwoch wird die amerikanische Federal Reserve aller Voraussicht nach ihren Leitzins erhöhen, zum ersten Mal seit 2006. Ganz sicher ist es nicht, aber Fed-Präsidentin Janet Yellen hat die Finanzmärkte so sehr auf einen Zinsschritt eingestimmt, dass sie mit einigen Marktturbulenzen rechnen müsste, würde die Notenbank im letzten Augenblick noch ihre Meinung ändern. Aber selbst wenn die Entscheidung anders ausfallen sollte als erwartet und der Zins erst einmal so bleibt, wie er ist - dieser 16. Dezember dürfte als einer der wichtigen Tage in der jüngeren Geschichte der Geldpolitik in Erinnerung bleiben.

Bemerkenswert ist zum Beispiel, dass die Frage, wie die Fed denn entscheiden soll, immer noch hoch umstritten ist, und dies nach acht Jahren Erfahrung mit zum Teil extrem lockerer Geldpolitik. Auf der einen Seite stehen jene, die möglichst schnell zu normalen Zinsen zurückwollen, unter anderem, weil sie die Verzerrungen im Kapitalangebot und die verheerenden Folgen der Niedrigzinspolitik für Sparer und Pensionskassen fürchten. Auf der anderen Seite glauben immer noch viele, es sei zu früh für die Zinswende. Die Inflation liegt, auch in den Vereinigten Staaten, noch weit unter dem Niveau von zwei Prozent, das die Fed anstrebt. Der Ölpreis steht massiv unter Druck, Aktien- und Anleihemärkte sind nervös, viele Schwellenländer leiden unter Wachstumsschwäche, von Europa ganz zu schweigen.

Aussicht auf eine neue Normalität

Noch wichtiger ist jedoch die Frage, wie es nach dem 16. Dezember weitergeht, egal wie an diesem Tag entschieden wir. Manch einer glaubt, dass die Fed in Tripelschritten wieder zu einem Zinsniveau zurückkehrt, so wie man es aus früheren Konjunkturzyklen kennt: drei, vier oder auch fünf Prozent. Bei solchen Werten wären auch Spar- und Kreditzinsen der Banken wieder auf dem gewohnten Stand. Sparen würde sich wieder rentieren, Kredite wären teuer genug, um Kapital an die besten Verwendungen zu lenken.

Es spricht viel dafür, dass es dazu nicht kommen wird. Im Gegenteil - die Zinsen könnten aus Gründen, auf die weder die Fed, noch die Europäische Zentralbank (EZB) einen Einfluss haben, auf Jahre hinaus deutlich unter dem gewohnten Niveau bleiben. Es könnte sich eine neue Normalität zeigen, in der Kapital im Überfluss vorhanden ist, in der jedoch notorisch zu wenig investiert wird. Das Ergebnis wäre eine langsam wachsende Wirtschaft, ohne Inflation, aber auch ohne Dynamik.

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Von Claus Hulverscheidt

Fed-Chefin Yellen erörterte erst Anfang des Monats in einer Grundsatzrede in Washington ausführlich die Frage, ob der "neutrale" Zinssatz in den vergangenen Jahren gesunken ist. Das klingt akademisch, hat aber sehr praktische Konsequenzen. Der Leitzins, den die Notenbank von den Geschäftsbanken verlangt, kann die Wirtschaft stimulieren (wie derzeit bei einem Wert von weniger als 0,25 Prozent), er kann auch so hoch liegen, dass er die Wirtschaft bremst. Der neutrale Zins ist dann erreicht, wenn weder das eine, noch das andere geschieht. Dieser Zinssatz liegt gegenwärtig deutlich niedriger als früher und er wird auch nur sehr langsam wieder steigen. Die Welt lebt demnach wirklich in einer neuen Normalität. Die Niedrigstzinsen, über die Sparer heute klagen, wäre danach nur zu einem Teil von Fed und EZB gemacht. Der größere Teil dagegen wäre realwirtschaftlich bedingt und eine Folge der Tatsache, dass die Unternehmen weltweit zu wenig investieren.

Der Viertelprozentpunkt würde der Glaubwürdigkeit der Fed gut tun

Wenn das so ist, dann müssen sich Sparer und Investoren darauf einstellen, dass das, was bis vor kurzem noch als unvorstellbar galt - Sparzinsen von nahe null Prozent - noch lange die Wirtschaft prägen wird, dass risikoloses Sparen keinen Ertrag bringt, es sei denn, es kommen irgendwoher Wachstumsimpulse, die heute noch niemand kennt. Damit sind aber auch die Möglichkeiten der Zentralbanken begrenzt. Verknappen sie das Geld zu früh und zu kräftig, riskieren sie eine neue Rezession.

Es wäre gut, würde die Fed sich am Mittwoch zu einer Entscheidung durchringen und die Federal Funds Rate, den Leitzins, trotz der Bedenken um einen Viertelprozentpunkt erhöhen. Das würde der Glaubwürdigkeit der Institution gut tun; sie muss zeigen, dass sie noch Zinsen erhöhen und dies den Märkten vermitteln kann. Gerade wenn die These von der neuen Normalität stimmt, ist es wichtig, dass die Fed berechenbar bleibt.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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