Höherer Mindestbestellwert:In Amazons goldenem Käfig

Um weiterhin die Einkäufe kostenlos zugestellt zu bekommen, müssen Amazon-Kunden künftig für mindestens 29 Euro einkaufen. (Foto: dpa)

Mehr Langzeitkunden, weil der Mindestbestellwert für kostenlose Lieferungen steigt? Das funktioniert zumindest in der Welt von Amazon-Chef Bezos. Solange er es nicht übertreibt, stellen die Kunden auch keine unangenehmen Fragen.

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Kleines Rätsel für Internet-Shopper: Welche Produktkategorie gibt es noch nicht bei Amazon? Gar nicht so einfach, oder? Es ist schon beeindruckend, wie es Jeff Bezos, der Chef des Versandhändlers Amazon, geschafft hat, seine schon von Anfang an gehegte Idee immer weiter voranzutreiben: Die Idee, der größte Händler der Welt zu werden.

Wie aber wird man immer größer? Indem man die Kunden dazu bringt, so viel wie nur möglich von einem Händler zu beziehen. Dies ist der tiefere Grund hinter der per se eher unspektakulären Entscheidung Amazons, den Betrag auf 29 Euro anzuheben, von dem an keine Versandgebühren mehr erhoben werden. Es ist ein Anreiz, dort auch Dinge zu bestellen, die man früher woanders gekauft hat. Wer sich die Gebühr sparen will, kann für 49 Euro pro Jahr auch den Premium-Lieferservice bestellen. Dann entfällt die Mindestschranke. Wer den Service voll auskostet, erhöht immerhin den Umsatz; weil das aber nicht alle tun, zahlt das Unternehmen nicht viel drauf, bindet dafür jedoch die Kunden. Denn darum geht es schon in der Old Economy, ganz besonders aber im Internet-Geschäft, wo die Konkurrenz nur einen Klick weiter sitzt.

Das wird so lange funktionieren, wie die Firmen den Bogen nicht überspannen und ihre Kunden allzu offensichtlich in goldene Käfige einsperren. Moralische Bedenken etwa wegen der Arbeitsbedingungen spielen nur eine Nebenrolle.

© SZ vom 14.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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