Gewerkschaften gegen Guttenberg:"Abwrackminister von Arbeitnehmerrechten"

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Guttenberg, ein eiskalter Neoliberaler? Gewerkschaften und SPD kämpfen Seit' an Seit' gegen die angeblich zu wirtschaftsfreundlichen Pläne des Ministers.

Der Stein des Anstoßes steht auf Seite 14. Dort heißt es im Industriekonzept von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unter der Überschrift "Arbeitsmarkt flexibilisieren - mehr Beschäftigung ermöglichen": Die beschlossenen Mindestlohngesetze seien "im weiteren Verfahren" zu korrigieren, die "strengen" Befristungsregeln im Arbeitsrecht zu lockern und die Zeitarbeit ohne Einschränkungen zu erhalten.

Ein Papier von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sorgt in der großen Koalition für Wirbel. (Foto: Foto: AP)

Diese angeblich neoliberalen Pläne stoßen vor allem bei den Gewerkschaften auf heftige Kritik. Guttenberg wolle sich offenbar als "Abwrackminister von Arbeitnehmerrechten profilieren", sagte der Vizechef der Gewerkschaft IG Metall, Detlef Wetzel, der Frankfurter Rundschau (FR).

Deutschland brauche nicht weniger Mindestlöhne, sondern mehr. Auch die Leiharbeit müsse nicht freigegeben, sondern stärker reguliert werden. "Deutschland befindet sich nicht wegen Arbeitskosten und Arbeitsbedingungen in der Krise, sondern wegen des unverantwortlichen Runs auf Profit und der Gier nach Turbogewinnen", sagte Wetzel.

Kritik von Steinmeier

Auch Wetzels Gewerkschaftskollege Hubertus Schmoldt, Chef der IG Bergbau Chemie, warnte in der FR vor einer "Rückkehr zu neoliberalen Rezepten".

Das Guttenberg-Papier sieht Medienberichten zufolge außerdem eine "Entlastung der Unternehmen", "Senkung der Lohnnebenkosten" und "Erleichterungen" beim Umweltschutz vor. Während das Wirtschaftsministerin von einer längst überholten Stoffsammlung sprach, stammt das Papier nach Angaben der FR tatsächlich aus dem Juli 2009.

Für SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ist das Papier untragbar. "Was Herr zu Guttenberg anstrebt, lässt mich grausen: Arbeitnehmerrechte beschneiden, Mindestlöhne wieder abschaffen und Mehrwertsteuer erhöhen", sagte Steinmeier dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Was im Guttenberg-Papier steht, führt zu mehr Arbeitslosigkeit", fügte Steinmeier hinzu.

Merkel: "Wachstum schafft Arbeit"

Zweifel an dem Dementi des Wirtschaftsministeriums äußerte auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD): "Denn in dem Papier steht präzise das, was ich seit vier Jahren aus dem Wirtschaftsministerium höre", sagte Gabriel dem Handelsblatt.

Der FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle lobte dagegen die Guttenberg zugeschriebenen industriepolitischen Forderungen: "Der Bundeswirtschaftsminister fordert viel Richtiges", sagte er der Rheinischen Post.

Nur der Kopf der CDU hielt sich vornehm zurück. Bundeskanzlerin Angela Merkel vermied bei ihrem Auftritt am Wochenende auf dem Landesparteitag der niedersächsischen Union in Hildesheim eine inhaltliche Festlegung. Die Union könne ihre Ziele ganz einfach beschreiben: "Wachstum schafft Arbeit. Das ist die Philosophie."

Möglicherweise knickt Guttenberg, der Shootingstar der Union, jedoch schneller ein als gedacht: Am Wochenende war Angaben der FR zufolge im Wirtschaftsministerium zu hören, der CSU-Politiker werde das Mindestlohn-Kapitel aus seinem Manuskript streichen.

© sueddeutsche.de/AFP/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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