Diskussion über Wachstumspakt:Barroso rüffelt EU-Staatschefs

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Europa braucht Wachstum - die EU-Kommission hat den nationalen Regierungen konkrete Vorschläge gemacht, wie Investitionen in Großprojekte wie Stromleitungen und Telefonnetze die Wirtschaft ankurbeln sollen. Doch die Staatschefs lassen ihn warten, mahnt Kommissionspräsident Barroso. Auch nach Griechenland schickte er eine Botschaft.

Cerstin Gammelin, Brüssel

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso mahnt die europäischen Staats- und Regierungschefs, endlich die nötigen Beschlüsse für mehr Wachstum zu fassen. "Es ist Zeit zu handeln", sagte Barroso am Mittwoch in Brüssel. "Wir brauchen einen Kick-Start für Wachstum".

Kommission-Präsident Barroso. (Foto: REUTERS)

Konkrete Vorschläge dazu lägen schon lange auf dem Verhandlungstisch, ohne dass die europäischen Staats- und Regierungschefs diese beschließen würden. "Die Kommission hat zahlreiche Initiativen vorgeschlagen", sagte Barroso. Er verwies dabei auf die gezielte Verwendung der Mittel aus den EU-Strukturfonds, die schon auf dem EU-Gipfel im Januar besprochen, aber nicht beschlossen wurde.

Auch neue Instrumente zur Finanzierung großer europäischer Projekte wie dem Bau von Stromleitungen oder Telekommunikationsnetzen habe die Kommission präsentiert, beispielsweise die Ausgabe von gemeinsamen Anleihen für bestimmte Vorhaben, sogenannte Projektbonds. Schließlich habe sie auch dafür plädiert, das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank zu erhöhen, damit diese mehr Kredite ausgeben könne - sowie für die Einführung einer Steuer auf Finanzgeschäfte und Steuerabkommen mit Drittländern. "Die Vorschläge sind da, sie müssen jetzt umgesetzt werden", sagte Barroso.

Mit Blick auf das Treffen von Staatspräsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie deren Gespräche über einen neuen Wachstumspakt am Dienstag in Berlin sagte Barroso, die Mitgliedsstaaten müssten sich mehr anstrengen, ihre Versprechen aus bisherigen Wachstums- und Reforminitiativen wie dem Euro-Plus-Pakt umzusetzen. Diesen Pakt hatte Merkel vor mehr als einem Jahr initiiert. Darin verpflichten sich die Euro-Länder, ihre Sozial- und Wirtschaftspolitik enger aufeinander abzustimmen und bürokratische Hürden für Wachstum abzubauen.

Barroso kritisierte den schleppenden Fortgang der Zusammenarbeit. Vor allem die Dienstleistungsbranchen seien noch immer abgeschottet, sagte er mit Blick auf Deutschland. "Einige unserer wettbewerbsfähigsten Mitgliedsstaaten müssen endlich den Dienstleistungssektor öffnen", forderte Barroso. Das trüge dazu bei, die Auseinanderentwicklung der Volkswirtschaften im Euro-Klub zu verringern.

An die griechischen Bürger gerichtet, sagte Barroso, er betrachte sie als Teil der europäischen Familie und sie sollten auch Teil der Familie bleiben. "Wir wollen mit Griechenland weitermachen, aber die Griechen müssen selbst entscheiden, ob sie das wollen", sagte er. An dem beschlossenen Spar- und Reformprogramm müsse festgehalten werden. "Es gibt keine Alternative, die weniger schmerzhaft wäre". Zugleich machte er deutlich, dass die Kommission bereit ist, mit Athen über zusätzliche Hilfen zu verhandeln.

Mit Blick auf die absehbaren Neuwahlen im Juni sagte er, es sei "sehr wichtig, dass die griechischen Bürger jetzt ehrlich und vollständig darüber informiert werden, welche Konsequenzen die Wahlen haben können". Griechenland werde "historische Wahlen" erleben.

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