Deutsche Post:Aufschwung zur rechten Zeit

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Bequem vom Sofa einkaufen: DHL profitiert von den wachsenden Umsätzen im Internethandel. (Foto: AFP)

Immer weniger Menschen verschicken Briefe - und immer mehr bestellen im Internet. Die Deutsche Post profitiert wie kaum ein anderer von den wachsenden Umsätzen im Internethandel. Und auch die Erhöhung des Briefportos soll bis zu 100 Millionen Euro zusätzlich in die Kasse bringen. Trotzdem könnte der Aufwärtstrend bald ein Ende haben.

Von Stefan Weber

Einmal im Jahr gönnt sich Post-Chef Frank Appel, 51, den Spaß. Dann steigt er in einen der gelben Kleintransporter seines Unternehmens und erlebt als Beifahrer den Alltag eines Paketzustellers. Die Eindrücke, die Appel dabei sammelt, bestärken ihn in der Einschätzung, dass es richtig ist, kräftig in das Paketgeschäft zu investieren. Denn den Boten wird die Arbeit so rasch nicht ausgehen. Im Gegenteil: Weil immer mehr Menschen bequem vom Sofa aus online einkaufen und sich die bestellten Waren zustellen lassen, läuft das Geschäft der Logistikunternehmen.

"Manche Internet-Käufer sehen den Paketzusteller wahrscheinlich häufiger als Mitglieder ihrer Familie", vermutet der Post-Chef. Ganz gleich, ob sie bei großen Online-Warenhäusern wie Amazon oder Zalando oder kleinen Spezialisten ordern - die Besteller bekommen stets nur den Paketboten zu Gesicht. Der kommt meistens von der Deutschen Post DHL. Die Bonner sind Marktführer in diesem Geschäft, vor der Otto-Tochter Hermes und Anbietern wie UPS, DPD oder GLS.

In den Tagen vor Weihnachten hatten die Zusteller des gelben Riesen teilweise mehr als sieben Millionen Pakete in Deutschland verteilt - am Tag. Als Nummer eins profitiert der Dax-Konzern besonders stark davon, dass immer mehr im Netz gekauft wird. Aber der Umsatz der Internet-Verkäufer verliert nach Einschätzung von Appel an Dynamik. "Mittelfristig rechnen wir mit einem Marktwachstum von nur noch fünf bis sieben Prozent", sagte er am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz. Zuletzt waren da zweistellige Zuwächse an der Tagesordnung gewesen.

"Das wird nicht für Einbrüche sorgen"

Es könnte einen weiteren Dämpfer geben, sollten die Internet-Verkäufer künftig Kunden zur Kasse bitten, die Waren zurückschicken. Bisher gehen solche Retouren zulasten des Händlers. Das führt dazu, dass viele Besteller weit mehr ordern, als sie benötigen, etwa die gleichen Schuhe in drei Größen, um zwei dann wieder zurückzuschicken. Appel sorgt sich aber nicht, dass eine Retouren-Gebühr, wie sie mancher Versender plant, den Boom bremsen wird: "Das wird nicht für Einbrüche sorgen." Auch sieht er es nicht als Bedrohung an, dass Amazon, einer der wichtigsten Kunden der Post und zuletzt in die Kritik geraten, im Ausland Paketstationen aufbaut: "Das berührt uns nicht, weil wir dort nicht als Zusteller tätig sind."

Für die Post kommt der Aufschwung im Paketgeschäft zur rechten Zeit. Er gleicht aus, was dem Konzern im Briefgeschäft Jahr für Jahr wegbricht, weil immer mehr Menschen E-Mails verschicken statt Briefe zu schreiben. Um drei Prozent ist das Brief-Volumen 2012 geschrumpft. Der Post-Chef ist überzeugt: "Dieser Trend setzt sich fort." Die Gewichte verschieben sich; Pakete steuern immer mehr zum Umsatz bei. 2012 betrug ihr Anteil an den Erlösen im Geschäft mit Briefen und Paketen bereits ein Viertel. In diesem Jahr erhalten die Erlöse im Briefgeschäft aber einen Schub durch die zu Jahresbeginn erfolgte Erhöhung des Portos um drei Cent auf 58 Cent. "Das verschafft uns Mehreinnahmen von knapp 100 Millionen Euro", so Appel.

Das Paketgeschäft in Deutschland ist indes nur ein Wachstumsmotor des weltweit größten Post- und Logistikunternehmens. Impulse liefert vor allem das Geschäft in den Boom-Regionen Asiens und Lateinamerikas. Das wird nach Überzeugung der Bonner auch 2013 der Fall sein. Nach einer "sehr herausfordernden ersten Jahreshälfte" werde die Weltwirtschaft von Sommer an anziehen, prognostiziert Appel. Der ehemalige Staatskonzern will davon profitieren und das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf 2,7 bis 2,95 Milliarden Euro steigern. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern bei einem Umsatz von 55,5 Milliarden Euro ein Betriebsergebnis von 2,665 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Zeichen einer "Normalisierung"

So viel Optimismus war zuletzt selten in der Logistikbranche, die als sensibler Gradmesser für die Entwicklung der Konjunktur gilt. Mitbewerber wie UPS, TNT und Kühne + Nagel hatten sich eher vorsichtig zu ihren Geschäftsaussichten geäußert. An der Börse kam die Zuversicht des Post-Chefs gut an. Die Aktie des Bonner Konzerns verteuerte sich um 5,8 Prozent und war damit der Tagesgewinner in der Börsen-Bundesliga Dax. Dabei hatte Appel bei der Bilanzpräsentation auch eine wenig erfreuliche Nachricht für die Aktionäre präsentiert. Die Post wird ungeachtet der guten Zahlen die Dividende vorerst nicht erhöhen. Die Anteilseigner, allen voran die staatliche Bank KfW, erhalten wie im Vorjahr 70 Cent pro Aktie.

Damit sinkt die Ausschüttungsquote, also der Anteil am Gewinn, den das Unternehmen an die Eigentümer überweist, von 58 auf 53 Prozent. Zwar bewegt sich die Quote in dem angepeilten Korridor von 40 bis 60 Prozent. Mancher Analyst hatte aber auf eine Erhöhung gesetzt. Finanzchef Larry Rosen bezeichnete die stabile Ausschüttung als Zeichen einer "Normalisierung". Früher, als die Früchte der Umstrukturierung noch nicht so sichtbar waren, habe die Post eher mehr ausgeschüttet, um Vertrauen zu gewinnen. Das sei heute nicht mehr nötig. Aber Rosen machte Hoffnung auf mehr - sofern die Gewinne in den nächsten Jahren wie geplant steigen. Bis 2015 will die Post ihr operatives Ergebnis auf bis zu 3,55 Milliarden Euro verbessern.

© SZ vom 06.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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