Bundesagentur für Arbeit:Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt wahrscheinlich

Bundesagentur für Arbeit

Blick auf das Logo der Bundesagentur für Arbeit vor der Zentrale in Nürnberg.

(Foto: dpa)
  • Die Bundesagentur für Arbeit hat Milliarden-Rücklagen. Die Beschäftigten werden wohl trotzdem nur um ein paar Euro entlastet.
  • Die Arbeitsagentur profitiert vom Jobboom. Die Sozialabgaben sprudeln.
  • Die Zukunftsaussichten sind aufgrund des demografischen Wandels allerdings problematisch.

Von Thomas Öchsner

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schwimmt im Geld. Diesen Eindruck erweckt ihr Haushaltsentwurf für 2018, über den der Verwaltungsrat der BA am Donnerstag beraten hat. Danach steigt die Rücklage der Behörde im nächsten Jahr auf 18,9 Milliarden Euro. 2019 könnten es nach den Schätzungen der BA bereits 24,3 Milliarden Euro sein und 2022 sage und schreibe 43,3 Milliarden Euro. Eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung wird deshalb immer wahrscheinlicher. Dafür machen sich innerhalb einer möglichen Jamaika-Koalition Grüne und FDP stark. Auch Peter Clever, stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat der BA, fordert einen niedrigeren Beitrag. Er vertritt die Arbeitgeberverbände in dem Kontrollgremium der Behörde.

Die Arbeitsagentur profitiert seit Jahren vom Jobboom in Deutschland. Während die Zahl der Arbeitslosen sinkt, sprudeln die Beiträge, weil immer mehr Beschäftigte Sozialabgaben zahlen. Das bringt Geld in die Kasse der Nürnberger BA. Derzeit liegt der Beitrag bei 3,0 Prozent des Bruttolohns, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils die Hälfte. Wann und um wie viel eine neue Regierung den Beitrag verringern kann und wird, ist noch offen.

Eine Rücklage von 20 Milliarden Euro gilt aber als Schmerzgrenze. So groß sollte nach den Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung das Polster sein, um im Fall einer Krise gut gegensteuern zu können. In der Rezession 2009 hatte die Arbeitsagentur durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld geholfen, dass Hunderttausende ihre Stelle nicht verloren. Die Rücklage von 17 Milliarden Euro war damals schnell aufgebraucht. Nun gilt als sicher: Die nötigen 20 Milliarden werden spätestens Anfang 2019 erreicht sein.

Von diesem Zeitpunkt an sollte "kein von der BA nicht mehr benötigter Cent aus der Tasche eines Arbeitnehmers oder Arbeitgebers zwangsweise abgezweigt werden, weil er besser für Konsum, Altersvorsorge, Vermögensbildung oder für Zukunftsinvestition eingesetzt werden kann", sagt Clever, der in der Hauptgeschäftsführung der deutschen Arbeitgeberverbände arbeitet. "Die BA ist keine Sparkasse, schon gar keine, die aus nicht benötigten Zwangsabgaben gespeist wird."

"Gebot der Fairness"

Clever warnt vor stetig steigenden Sozialbeiträgen aufgrund des Geburtenrückgangs und der steigenden Zahl alter Menschen: "Wir laufen vor allem wegen der demografischen Entwicklung innerhalb nur einer Generation schnurstracks auf einen Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 50 Prozent zu. Wer möchte seinen Kindern oder Enkeln solch eine exorbitante Belastung zumuten?" Bei einem Zehntelprozentpunkt weniger müssten die Beitragszahler gut eine Milliarde Euro weniger springen lassen. Clever hält 2019 eine Entlastung von drei Milliarden Euro für möglich. Man könne sich sogar einer Senkung "von 0,5 Punkten nähern, als bei 0,2 stehen zu bleiben", wenn die wirtschaftliche Lage gut bleibe. Die Wirtschaftsweisen empfahlen in ihrem Gutachten gerade, den Beitrag um 0,5 Zähler zu reduzieren.

Auch FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel hält es für ein "Gebot der Fairness", den Beitrag dann zu verringern. "Wir wollen für die kommende Legislaturperiode die Sozialversicherungsbeiträge unter 40 Prozent stabilisieren und insbesondere Geringverdiener entlasten - denn diese sind durch die Beiträge besonders belastet", sagt er. Kerstin Andreae, zuletzt stellvertretende Fraktionschefin bei den Grünen, hält eine Entlastung ebenfalls für angemessen, wenn die Reserve 20 Milliarden Euro erreicht hat. Die Bundesagentur müsse aber zukünftig mehr Geld in Weiterbildung investieren können, "um Beschäftigte, Arbeitslose und Betriebe in der Arbeitswelt 4.0 wirkungsvoll unterstützen zu können", sagt Andreae.

Arbeitnehmer sollten aber nicht zu viel erwarten. Ein Durchschnittsverdiener mit einen Bruttogehalt von 3000 Euro hätte bei einem Beitrag von 2,8 statt 3,0 Prozent monatlich gerade einmal drei Euro netto mehr zur Verfügung.

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