Automobilindustrie:PSA erwägt Verkauf von Opel-Herzstück

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Die Entwicklungsabteilung gilt als eines der Herzstücke des Autobauers. (Foto: Andreas Liebschner/dpa)
  • Opel-Eigentümer PSA will offenbar einen wichtigen Teil des Autoherstellers abspalten: die Entwicklungsabteilung.
  • Der Standort gilt als das Herz von Opel, 4000 bis 6000 Ingenieure wären von der Abspaltung betroffen.
  • Die Gewerkschaft ist überrumpelt von den Plänen und kündigt Widerstand an.

Von Max Hägler und Leo Klimm, Paris

Der französische Autokonzern Peugeot-Citroën (PSA) denkt darüber nach, sich von einem Teil des Opel-Entwicklungszentrums in Rüsselsheim zu trennen. PSA und Opel hätten in den vergangenen Monaten Entwicklungsdienstleister sondiert, darunter Altran und Bertrandt, damit diese Übernahmeangebote vorlegen. Das berichtet die französische Zeitung Le Monde, die sich auf ein internes Dokument beruft. Betroffen wären demnach etwa 4000 der 7000 Ingenieure an dem Standort, der als das Herz von Opel gilt.

Ein Sprecher von Opel teilte am Dienstagabend mit, dass die Abteilung in Rüsselsheim auch in Zukunft "alle Opel-Modelle entwickeln und die Aufgaben der 15 Kompetenzzentren für die gesamte Groupe PSA übernehmen" werde. Angesichts eines "stark rückläufigen Volumens von GM-Auftragsarbeiten" wolle man gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Lösung finden. Dies sei auch Teil der 2017 getroffenen Rahmenvereinbarungen. Diese beinhalten auch die Möglichkeit strategischer Partnerschaften. Bislang seien aber noch keine Entscheidungen getroffen worden.

Allerdings war aus dem PSA-Konzern zu vernehmen, dass dort in den vergangenen Monaten tatsächlich Weichen gestellt wurden, um die künftige Rolle des sogenannten "Engineering Centers" in Rüsselsheim "zu definieren" - also die Frage zu klären, was die Leute dort noch tun sollen. Allerdings seien noch keine Entscheidungen getroffen. Man werde solche Entwicklungen mit den Arbeitnehmern bereden, war aus dem PSA-Konzern zu vernehmen.

Die Arbeitnehmer waren am Dienstagabend allerdings völlig überrumpelt. Von den neuen Plänen, die an den Kern von Opel gehen habe man nichts gewusst, heißt es bei der Gewerkschaft: "Die IG Metall ist von dieser Meldung völlig überrascht." Solche Maßnahmen seien mitbestimmungspflichtig, "und diese Mitbestimmungsrechte wird die IG Metall auch wahrnehmen". Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sprach sogar von einer "beispiellosen Provokation", sollten die Pläne zutreffen.

Ein Affront gegen die Opel-Mitarbeiter

Der Le Monde zufolge soll Opel im April in einer Präsentation für Interessenten erklärt haben, eine dauerhafte Lösung für die Mitarbeiter anzustreben - über eine "Partnerschaft" oder ein "Miteigentümerschaft-Konzept". Was genau sich dahinter verbirgt, ist unklar. Zum Verkauf stehen demnach die Abteilungen Fahrzeugentwicklung, Antriebsentwicklung, Werkzeugbau und sogar die Teststrecke. Sollte das eintreten, könnten sich Befürchtungen von kritischen Arbeitnehmern bewahrheiten, nach denen PSA beim Erwerb vor allem auf eine deutsche Marke schielte, die sich international besser vermarkten lässt als die französischen.

Zudem wäre es ein Affront gegen die Opel-Mitarbeiter. Die deutschen Arbeitnehmer hatten gerade erst einen sehr erbitterten Streit mit PSA ausgefochten. Der Konzern unter Führung des Vorstandschef Carlos Tavares und seines deutschen Statthalters Michael Lohscheller verlangte sehr weitgehende Zugeständnisse der Arbeitnehmer - was diese zurückwiesen und dabei auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihrer Seite hatten. "Wir erwarten jetzt erstmal von dem Unternehmen, dass es all das, was es versprochen hat im Zusammenhang mit der Übernahme, auch einhält", sagte Merkel im April dieses Jahres.

Einige Wochen später wurde der Zwist beigelegt. Ende Mai einigten sich der PSA-Konzern und die Arbeitnehmer auf eine umfassende Beschäftigungssicherung bis einschließlich Juli 2023. Gegen Lohnzugeständnisse der verbleibenden Beschäftigten sicherte Opel zu, den Stamm in den deutschen Standorten von bislang rund 19 000 Menschen nur um 3700 zu vermindern, auf freiwilliger Basis über die verschiedenen Abfindungs- und Vorruhestandsprogramme. Zugleich sollte das Entwicklungszentrum mehr Aufgaben erhalten.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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