Altersvorsorge:So baut die Regierung die Betriebsrente um

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Damit mehr Menschen in die Betriebsrente einzahlen, will die Regierung das Modell grundlegend reformieren. Auch für Unternehmen soll es Erleichterungen geben.

Von Cerstin Gammelin und Thomas Öchsner, Berlin

Die Bundesregierung will die Betriebsrente reformieren - und so dafür sorgen, dass mehr Menschen diese zweite Säule der Altersvorsorge nutzen. Wie am Montag aus Regierungskreisen bekannt wurde, sollen Unternehmen Betriebsrenten künftig auch auf der Grundlage reiner Beitragszusagen anbieten können - ohne eine spätere Leistung zu garantieren. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Tarifpartner vorher über eine andere Art der Absicherung einigen und diese in einem Tarifvertrag festhalten. Die Absicherung würde etwa greifen, wenn das Unternehmen unerwartet zahlungsunfähig wird. Eine staatliche Garantie ist nicht vorgesehen.

Zugleich will die Regierung die Riester-Rente stärken. Dazu ist geplant, die Grundzulage von 154 Euro auf 165 Euro anzuheben. Die Maßnahmen sollen zu einer stärkeren Verbreitung der Betriebsrente führen. Sie ist ein wichtiger Baustein der gesamten Alterssicherungspolitik. Derzeit haben etwa 60 Prozent der Arbeitnehmer Aussicht auf eine Betriebsrente. Geringverdiener und Arbeitnehmer kleiner Betriebe nutzen in vielen Fällen jedoch nicht die Möglichkeit, über eine Betriebsrente vorzusorgen.

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Der Gesetzesentwurf zur Reform der betrieblichen Altersvorsorge soll noch in diesem Jahr vom Kabinett beschlossen und kommendes Jahr im parlamentarischen Verfahren abgeschlossen werden. Die Regeln sollen dann zum 1. Januar 2018 greifen. Die Kernpunkte der Reform im Überblick.

Geringverdiener: In Zukunft sollen Arbeitgeber einen staatlichen Zuschuss von 30 Prozent bekommen, wenn sie selbst für Geringverdiener 240 bis 480 Euro Beitrag pro Jahr in eine betriebliche Altersvorsorge (BAV) einzahlen. Das Geld soll es nur für Geringverdiener bis zu einer Einkommensgrenze von 2000 Euro brutto monatlich oder 24 000 Euro jährlich geben.

Steuerbefreiung: Bisher können Arbeitnehmer bis zu 6,4 Prozent ihres Lohnes in die Betriebsrente fließen lassen, ohne dafür Steuern zu zahlen. Künftig sollen sieben Prozent von der Steuer befreit sein. Vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Lohns sind schon bisher sozialabgabenfrei, daran ändert sich nichts.

Freibetrag: Zahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge oder aus der staatlich geförderten privaten Riester-Rente werden bislang mit Ansprüchen aus der staatlichen Grundsicherung verrechnet. Das ist ärgerlich für alle Ruheständler, die wegen ihrer zu kleinen Rente noch die staatliche Grundsicherung bekommen und privat oder betrieblich vorgesorgt haben. Die Bundesregierung will deshalb einen Freibetrag für solche Fälle einführen. Betroffene können künftig mindestens 100 Euro monatlich von ihren Ansprüchen aus der betrieblichen Altersvorsorge oder Riester behalten. In bestimmten Fällen kann dieser Anspruch auch auf bis zu 202 Euro pro Monat steigen.

Enthaftung der Arbeitgeber: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen scheuen davor zurück, ihren Mitarbeitern Angebote für die betriebliche Altersvorsorge zu machen. Ein wichtiger Grund: Sie müssen dann noch viele Jahre dafür haften, dass die Renten ausgezahlt werden. Künftig sollen Unternehmen deshalb nicht mehr Betriebsrenten in einer bestimmten Höhe garantieren müssen. Stattdessen sollen Arbeitgeber nur für die eingezahlten Beiträge eine Garantie abgeben. Die Arbeitgeber sollen aber eine "Zielrente" angeben, bei der die spätere Leistung nicht garantiert, aber prognostiziert wird. Die Beschränkung auf die Zielrente soll aber nur gelten, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf Modelle der betrieblichen Altersvorsorge in Tarifverträgen geeinigt haben. Die Arbeitgeber müssen mindestens 15 Prozent des umgewandelten sozialversicherungspflichtigen Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterleiten, die im Tarifvertrag vereinbart wurde als Garantiegeberin.

Krankenkasse- und Pflegebeiträge: Wird eine Betriebsrente ausgezahlt, müssen Rentner den vollen Beitragssatz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Dagegen gibt es große Proteste. Die Regelung bleibt bestehen, weil den Krankenkassen sonst jedes Jahr mehrere Milliarden Euro fehlen würden. Künftig soll es aber eine kleine Ausnahme geben: Wer eine Riester-Rente mit einer betrieblichen Altersvorsorge kombiniert, muss in der Auszahlungsphase künftig nur den halben Satz des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags zahlen. Solche Vertragskonstruktionen sind jedoch äußerst selten (lediglich 3 bis 4 Prozent der Verträge).

Keine Verpflichtung: Es gibt weiter weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer eine Verpflichtung, Geld in die betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen. Es wird auch nicht - wie in anderen Ländern - ein sogenanntes Opt-out-Modell geben: Also eine Betriebsrente, die automatisch abgeschlossen wird, solange der Arbeitnehmer sie nicht ausdrücklich ablehnt. Wenn Arbeitgeber bei der Lohnumwandlung Sozialbeiträge sparen, müssen sie die Ersparnis auch künftig nicht an den Arbeitnehmer weitergeben.

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