Zehn Zylinder der Formel 1:Rosberg rockt das Baseball-Stadion

Der Sieger von Mexiko fühlt sich wie ein Rockstar, Teamkollege Lewis Hamilton wütet. Und Sebastian Vettel kann sich nicht mal über einen spektakulären Rekord freuen.

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

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Enrique Peña Nieto

F1 Grand Prix of Mexico - Previews

Quelle: AFP

Die erste Runde gebührte dem Staatspräsidenten. Enrique Peña Nieto läss sich in einem Golfkarren über die Rennstrecke kutschieren, in die Land und Stadt etwa 360 Millionen Dollar investiert haben sollen. Schräg hinter ihm: Bernie Ecclestone. Das Comeback des Rennens lockte 110 000 Zuschauer an, bei Ticketpreisen von umgerechnet 100 bis mehr als 3000 Euro. "Man merkt, dass die Begeisterung einfach von Herzen kommt", sagt Nico Hülkenberg, der an der Seite von Lokalmatador Sergio Pérez für Force India fährt, "die haben ja sogar für mich gejubelt." Nach 23 Jahren Pause hat sich die ganze Sehnsucht entladen, alle Formel-1-Beteiligten waren sich einig, dass es sich - vor allem im großen Stadion - um das beste Publikum der Neuzeit gehandelt habe. Niki Lauda gesteht: "So einen Grand Prix wie hier habe ich noch nie gesehen. Der Fußball ist ja immer das Nonplusultra. Diesmal hat die Formel 1 ihn aber übertroffen!"

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Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: Lars Baron/AFP

Er habe sich gefühlt wie ein Rockstar, sagt Nico Rosberg. Die großartigste Formel-1-Kulisse der Saison, und der psychologisch vielleicht wichtigste Sieg für den Wiesbadener, auch wenn es um nicht mehr viel geht in dieser Formel-1-Saison. Außer darum, Zweiter in der WM zu werden, vor allem aber nicht Nummer zwei im Team zu bleiben in der kommenden Saison. Deshalb war der erste Erfolg seit mehr als vier Monaten für den Mercedes-Piloten so wichtig, weil es einer war über die eigenen Zweifel - und vor allem über Lewis Hamilton. Den Teamkollegen, den Rosberg am liebsten nur noch "den anderen" nennt. Der Handschlag zwischen dem Titelverteidiger und dem Tagessieger fiel entsprechend aus: kurz, kühl, beiläufig. Hamilton ist gewarnt, Rosberg hat seinen Ärger über den Rivalen in Energie umgewandelt. Gut für die Formel 1: Das erbitterte Duell hält sie aufregend.

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Wie es um das Gefühlsleben des Weltmeisters bestellt ist, wird aus den Funkprotokollen zwischen der 48. und 50. Runde deutlich. Lewis Hamilton soll eine Runde nach Rosberg an die Box, zu einem Sicherheitsreifenwechsel. Hamilton ignoriert die Aufforderung beim ersten Mal: "Kann ich fragen warum?" Der Ingenieur entgegnet: "Deine Reifen sind runter. Komm sofort rein." Hamilton trotzt: "Ihr solltet Nicos Reifen checken, meine fühlen sich gut an. Das kann nicht sein." Doch die Schärfe im Tonfall signalisiert dem Briten, dass er besser folgt. Befehlsverweigerung würde man selbst ihm nicht so einfach durchgehen lassen. Später mag er sich an keine Kontroverse erinnern, auch das fordert die Teamräson. Aber der Champion bleibt überzeugt, dass er eine Siegchance hatte - die Gleichberechtigungs-Strategie von Mercedes hat ihm aber keine Wahl gelassen. Diesmal.

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Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Wann der Ferrari-Pilot zuletzt dreimal in einem Rennen von der Strecke abgekommen ist, daran kann man sich kaum noch erinnern. Auch an Ferraris letzten Totalausfall nicht, der war im Frühjahr 2006 in Australien. Von Startplatz drei aus war der Heppenheimer auf Kurs, die Silberpfeile anzugreifen. Dann fiel er aber sofort zurück und fing sich dabei auch noch einen Plattfuß ein: "Es war ein bisschen der Wurm drin." Dass er in der 52. Runde dann in den Sicherheitsbarrieren landete und in der WM-Gesamtwertung wieder auf Rang drei hinter Nico Rosberg gerutscht ist, verhagelte ihm die Laune komplett. Daran änderte auch die Tempobestmarke mit 366 km/h im Autódromo Hermanos Rodríguez nichts mehr: "Es war kein guter Tag für uns." Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene ordnet die Vorstellung so ein: "Wir haben in dieser Saison schon oft den Himmel berührt, diesmal blieb es beim Boden."

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Toto Wolff

Toto Wolff

Quelle: dpa

Wenn es so etwas wie einen Friedenspreis in der Formel 1 geben würde, dann dürfte die Wahl auf den österreichischen Teamchef von Mercedes fallen. Der smarte Manager hat eine Woche von Personalgesprächen hinter sich. Nico Rosberg beschwerte sich über die rüde Vorgehensweise des Weltmeister-Kollegen Lewis Hamilton. Wolff kann es sich nicht leisten, einen der beiden zu verärgern, die Rivalität bringt das ganze Team nach vorn. Deshalb gab es kein Roundtable-Gespräch, sondern Einzelsitzungen. An der freien Fahrt für beide will Wolff nichts ändern, obgleich das ein ewiger Balanceakt ist, auch für die Piloten. Sie sollen und dürfen mit aller Härte um den Sieg kämpfen - aber sie dürfen sich nicht gegenseitig ins Auto fahren oder aus dem Rennen werfen. Diplomat Wolff sagt, er genieße die Situation sogar ein wenig: "Genau das braucht der Sport: Emotionen." Bekam er umgehend - beim zweiten Boxenstopp.

(Archivbild)

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Michael Schumacher

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Quelle: AFP

Gekommen war Jean Todt, Präsident des Automobilweltverbandes FIA, um Motoren-Politik zu machen. Gefragt wurde er auch nach Michael Schumacher, mit dem der Franzose bei Ferrari fünf Weltmeistertitel holte: "Er ist ein enger Freund. Ich sehe ihn und seine Familie sehr oft." Der dritte Titelgewinn von Lewis Hamilton habe ihm wieder bewusst gemacht, wie stolz er auf Michael sei: "Manchmal vergessen wir, was er Großartiges erreicht hat. Er kämpft weiter." Sebastian Vettel hat seinen Freund und Förderer, der im Dezember 2013 ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte, auch nicht vergessen. Er hat sich ein Bild des jubelnden Schumachers auf den Helm lackieren lassen - um an dessen erste Podiumsplatzierung vor 23 Jahren in Mexiko-Stadt zu erinnern.

(Archivbild)

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Sergio Pérez

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Quelle: AFP

Achter, da ist der Mexikaner in Diensten von Force India Besseres gewohnt, er träumte sogar vom Podium. Und trotzdem gilt für "Checo" Pérez: "Das ist ein Moment, den werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen. Der größte, den ich bisher verspürt habe. Ich bin schon seit zwölf Jahren kein Rennen mehr in Mexiko gefahren, sondern nur im Ausland." Seine besten Überholmanöver hatte der 26-Jährige perfekt inszeniert, vor den beiden mächtigen Baseball-Tribünen. Er fuhr mit nur einem Boxenstopp durch, und war am Ende von den Emotionen wie den Anstrengungen übermannt: "Das war eines der schwierigsten Rennen meiner Karriere. Aber wem ist es schon vergönnt, ein Formel-1-Rennen in seiner Heimat zu fahren - und dann auch noch Punkte zu gewinnen."

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Hermann Tilke

F1 Grand Prix of Mexico - Qualifying

Quelle: AFP

Er gilt als Vater der Retorten-Rennstrecken: Der Aachener Architekt Hermann Tilke hat im Zuge der Formel-1-Expansion in neue Absatzmärkte viele schicke, aber auch kalte Pisten konstruiert. Im Autódromo Hermanos Rodríguez kombinierte er Vergangenheit und Moderne geschickt, die radikalen Umbauarbeiten in der Rekordbauzeit von nur elf Monaten verkürzten die alte Strecke zwar um 700 Meter, und auch die spektakuläre Peraltada-Kurve musste weichen. Dafür wurde ein Baseball-Stadion in den Streckenverlauf einbezogen, das ein Stimmungsgarant ist. "Ich bin sehr glücklich. Das war ein wirklich emotionaler Moment, als ich die Zuschauer gesehen habe, ich hätte fast zu weinen begonnen", gesteht der 60-Jährige. Es ist ein ganz eigener Charme, den die Traditionsrennstrecke jetzt ausstrahlt.

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Esteban Gutiérrez

Formula One driver Gutierrez of Mexico smiles during the third practice session of the Mexican F1 Grand Prix at Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexico City

Quelle: REUTERS

Es war ein Vorabgeschenk an die Formel-1-verrückten Mexikaner: Neben der Rückkehr des Großen Preises in die Ciudad de México fährt künftig (wieder) ein zweiter Landsmann neben Sergio Pérez Grand-Prix-Rennen. Esteban Gutiérrez, 24, geht 2016 für das neue US-Team von Gene Haas an den Start. Die Verbindung ist eindeutig: Haas fährt mit Ferrari-Leihmotoren, und Gutiérrez ist bisher der Ersatzfahrer der Scuderia. Aus der Rennfahrerschule der Formel BMW kommend, rechnet sich der schüchterne Gutiérrez in der nahen Zukunft eine Chance auf einen Stammfahrersitz in Maranello aus, als Nebenmann von Sebastian Vettel. Darauf spekuliert aber auch sein Kollege bei Haas, der Franzose Romain Grosjean.

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Juan Pablo Montoya

Ford EcoBoost 400 - Practice

Quelle: AFP

Sechs Jahre Formel 1, erst mit BMW, dann mit Mercedes - nur sieben Siege, aber ein Ego wie ein Rekordweltmeister: als Kommentator für das Fernsehen gab Juan Pablo Montoya ein Gastspiel an seiner ehemaligen Nascar-Wirkungsstätte. Inzwischen ist der 40-jährige Kolumbianer zweifacher Sieger bei den "500 Meilen von Indianapolis", und er liebt die engen Rennen in Nordamerika - auch wenn sie ihm zuletzt den Meistertitel der Indycar-Serie gekostet haben: "Wäre es nicht toll, wenn alle Formel-1-Autos einen Mercedes im Heck hätten?" An Fachkenntnis scheint es nicht zu fehlen: Montoya behauptete schon vor dem Start, dass Nico Rosberg den Speed habe, um Lewis Hamilton zu schlagen.

(Archivbild)

© Süddeutsche.de/mane/dd
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