Yunus Malli beim VfL Wolfsburg:Der Anti-Draxler

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Der neue Anführer? Wolfsburgs Yunus Malli (Foto: imago/regios24)

Als teuerster Winter-Transfer soll Yunus Malli den VfL Wolfsburg nach oben führen. Schon jetzt deutet sich an: Malli tickt ganz anders als sein Vorgänger.

Von Carsten Scheele

Julian Draxler hat vorgemacht, wie es geht. Gleich im ersten Ligaspiel für Paris Saint-Germain traf er, es war der Siegtreffer zum 1:0 bei Stade Rennes. Ob Yunus Malli das auch schafft, am Samstag beim ersten Pflichtspielauftritt gegen den Hamburger SV? Der Deutsch-Türke wird die Vergleiche mit seinem Vorgänger beim VfL Wolfsburg noch einige Male zu hören bekommen - da muss er nun durch. Fürchten muss er sich kaum, denn was hat Draxler in anderthalb Jahren in Wolfsburg vollbracht? Ein tolles Spiel in der Champions League gegen Real Madrid blieb in Erinnerung. Am Ende waren alle froh, dass Draxler die Stadt verlassen, viel Transfererlös dagelassen und seine schlechte Laune auch gleich mitgenommen hatte.

Malli, 24, ist der neue Kreativling bei den auf Rang 13 so enttäuscht dastehenden Wolfsburgern. Manch einer fragt sich immer noch, wie der VfL einen Spieler von Mallis Kaliber überzeugen konnte. Es war wohl die günstige Gelegenheit, dass der Mittelfeldspieler aktuell kein besseres Angebot vorliegen hatte, Mainz 05 die 12,5 Millionen Euro für einen Angestellten, dessen Vertrag im Sommer ausgelaufen wäre, gerne annahm und der VfL Mallis Gehalt mindestens verdoppeln konnte.

Der Spieler war noch mit ins Trainingslager seines Ex-Klubs gereist, um sich frühnachmittags im spanischen Marbella ins Auto zu setzen und 500 Kilometer nordöstlich nach La Manga zu fahren, wo der VfL sein Wintertraining abhielt. Bis heute konnte sich Malli nicht einmal anständig verabschieden bei seinen Mainzer Kollegen, so schnell ging alles.

Malli ist ein ganz anderer Typ

Nun soll er also Draxler ersetzen, der für mehr als 40 Millionen Euro nach Paris ging - wobei, stimmt das? Eher zeichnet sich ab, dass Wolfsburg mit Malli den deutlich günstigeren und zugleich passenderen Spieler gefunden hat.

Der deutsche Nationalspieler Draxler hat große Qualitäten, doch in der Autostadt wirkte er stets gehemmt. Er zeigte seine besten Spiele in der Nationalelf, wenn er über die Außen kam, an der Seite von Kroos oder Özil, die ihm die Regie auf dem Platz abnahmen. In Wolfsburg sollte er selbst der Regisseur sein, als Zehner das Spiel lenken, was ihm nur selten gelang. Als ihm der VfL im Sommer den Weggang verwehrte, litt auch Draxlers Körpersprache. Er resignierte, wenn es wieder einmal nicht lief, schlich mit hängenden Schultern über den Platz. Irgendwann pfiffen die Wolfsburger Fans.

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Der türkische Nationalspieler Malli - aktuell der teuerste Bundesliga-Transfer des Winters - ist ein ganz anderer Typ. Ein echter Zehner, gewachsen in 130 Bundesliga-Partien, aktuell wird er auf Rang fünf der Bundesliga-Scorerliste geführt (sechs Tore, sechs Vorlagen). Einerseits gesegnet mit strategischem Talent, andererseits ein mitreißender Spielertyp, der sich auf dem Platz dort am wohlsten fühlt, wo die Entscheidungen getroffen werden - ein Anti-Draxler, wenn man so will. In fünfeinhalb Jahren bei Mainz hat Malli gelernt, wie er eine Mannschaft anführt. Natürlich hat er in Mainz die Elfmeter geschossen. Natürlich erhält er auch in Wolfsburg die Rückennummer zehn.

Sein neuer Trainer ist angetan. "Er ist ein klassischer Zehner", urteilt Valerien Ismael. Er lobt Malli als Spieler, "der sich sehr fein zwischen den Linien bewegt und extrem gegen den Ball arbeitet". Über Draxler hat dergleichen in anderthalb Jahren Wolfsburg nie jemand gesagt.

Auch in der Öffentlichkeit tritt Malli anders auf als sein Vorgänger. Als Draxler im Sommer auf seinen Weggang drängte, gab er der Bild ein großes "Ich-will-weg"-Interview, in dem er seinen Frust abließ. Er wolle Wolfsburg sofort verlassen, tönte Draxler auf Geheiß seiner Berater, warf dem damaligen Manager Klaus Allofs sogar "Wortbruch" vor. Wolfsburg sah sich genötigt, dem lärmenden Spieler klar zu machen, dass er mit dem Verein so nicht umspringen kann - und verdonnerte ihn zum Bleiben, was sich im Nachhinein als Fehlentscheidung erwies.

Malli wäre ein solcher Auftritt fremd. Abseits des Platzes ist kaum ein lautes Wort von ihm zu vernehmen. Er hat sich nie öffentlich beschwert, als Mainz ihm vor einem Jahr den Wunschtransfer zum BVB verweigerte. Vom Typ her sei er "eher der Ruhige, der nicht so groß rumschreit", sagt Malli. Neulich, in einem Fernsehtalk, hat sogar das ganze Studio gelacht, weil er seine Ein-Satz-Antworten so schüchtern in seinen Bart nuschelte. Malli grinste nur. Er hatte ja alles gesagt.

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