Wintersport:Kommt das alles nicht fast zu früh?

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Hat schon zwei Weltcup-Rennen in diesem Winter gewonnen: Ski-Rennäuferin Viktoria Rebensburg. (Foto: dpa)

Der deutsche Wintersport erlebt in der Olympia-Saison einen unerwarteten Aufschwung. Während sich die Biathleten langsam steigern, profitieren die Skifahrer und -springer schon von ihrer Frühform.

Kommentar von Johannes Knuth

Der Sportdirektor Wolfgang Maier ist ein Funktionär, der seine Gedanken meist in emotionale und ehrliche Worte kleidet, anstatt in Diplomatie zu verfallen. Und natürlich blieb Maier seinem Credo treu, als er vor zwei Monaten, bei einem Medientag, über die Chancen seiner alpinen Rennfahrer für den aufziehenden Olympiawinter referierte. "Ich habe gestern für ganze viele Leute Flüge für 140 000 Euro gebucht", berichtete Maier, denn: Er gehe einfach mal davon aus, dass alle Stammkräfte die Norm für die Winterspiele in Südkorea schaffen. Einigen Zuhörern trieb das ein paar Sorgenfalten auf die Stirn, Jürgen Graller etwa, der gerade die kriselnde Frauenmannschaft übernommen hatte. Puh, sagte Graller später - ob er wirklich genug Teilnehmer für Maiers Reisegruppe zusammenbekommen würde?

Vier alpine Rennwochenenden später lässt sich festhalten: Allzu viele Tickets wird Maier nicht stornieren müssen. Sieben Athleten haben die Zulassungsanforderung bereits erfüllt: die Abfahrer Andreas Sander, Josef Ferstl und Thomas Dreßen, die zweimalige Riesenslalom-Siegerin Viktoria Rebensburg, die junge Abfahrerin Kira Weidle, Slalomexpertin Lena Dürr, Stefan Luitz, der im Riesenslalom in Beaver Creek Dritter wurde. Und Felix Neureuther, klar, dessen Mitwirkung sich aber in der Reha entscheidet, nach Kreuzbandriss.

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Von Volker Kreisl

Weil sich sonst noch einige Kandidaten für die olympische Exkursion im Februar bewerben, berichtete Maier der Deutschen Presse-Agentur sogar von einem Wochenende, das sich "fast wie Weihnachten" anfühle. Es war überhaupt ein Wochenende, das es fast schon zu gut mit dem deutschen Wintersport meinte, vor allem mit Biathleten und Skispringern. Weshalb manchen vielleicht der Gedanke befiel: Kommt das alles nicht fast zu früh?

Man sollte nur nicht die Medaillenhoffnungen forcieren

In konditionshaltigen Übungen wie Biathlon, wo die Athleten die Form über den Winter aufbauen wie bei einem langen Crescendo, mag die Frage berechtigt sein. Bei Springern und Alpinen eher weniger. Das wichtigste Gut der Springer ist die psychische Wehrhaftigkeit, die sie früh suchen und dann so lange wie möglich zum Klingen bringen, wie bei einem langen Fortissimo. Und auch Skirennfahrer profitieren meist vom frühen Erfolg. Bei jeder Fahrt, jeder Kurve trennen Millimeter zwischen einem guten Schwung, einem Einfädler oder einem Sturz. Und dieser Tanz gelingt in der Regel nur denen, die sich im Vorfeld genügend Selbstvertrauen beschafft haben, in Form von Podestbesuchen etwa. Vor allem Spitzenkräfte wie Rebensburg.

Der einzige Irrtum wäre, nach diesem Frühstart der Alpinen auch die Medaillenhoffnungen zu forcieren. Dafür ist die Konkurrenzdichte zu groß, sind die Fallen zu zahlreich, in die sich die Fahrer verheddern können. Aber für ein paar Erfolge in der Zukunft hat es auch noch nie geschadet, wenn es die Gegenwart mit den Alpinen auch schon gut meinte.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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