Fünfjahreswertung:Warum Zypern besser abschneidet als die Bundesliga

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(Symbolbild) (Foto: AFP)

Die schlechte Bilanz der Bundesligisten im Europapokal könnte Folgen haben. Ist der vierte deutsche Champions-League-Startplatz in Gefahr? Und warum ist die Premier League so stark?

Von Lisa Sonnabend (Text) und Benedict Witzenberger (Grafik)

Es war ein Debakel-Spieltag: Ende September verloren alle sechs deutschen Teams ihre Partien im Europapokal - das hatte es seit 1981 nicht mehr gegeben. Der FC Bayern ging 0:3 gegen Paris Saint-Germain unter, Real Madrid führte Borussia Dortmund vor und auch Besiktas Istanbul, Ludogorez Rasgrad, der FK Östersund und Roter Stern Belgrad waren zu stark für die Bundesligisten.

Am Donnerstagabend ist nun die Vorrundenphase in der Champions und Europa League zu Ende gegangen. Die Bilanz der Bundesligisten hat sich zwar seit jener Septemberwoche etwas verbessert, doch sie bleibt wenig ruhmreich. Der BVB schied, nachdem der Verein keine einzige Partie gewonnen hatte, bereits aus. Auch RB Leipzig darf nach der Winterpause nur in der Europa League weiterspielen. Immerhin der FC Bayern erreichte das Achtelfinale - allerdings lediglich als Gruppenzweiter, ihm droht bei der Auslosung am Montag nun ein kniffliger Gegner.

In der Europa League gaben Hertha BSC Berlin und die TSG Hoffenheim ein klägliches Bild ab, auch der 1. FC Köln konnte sich nicht für die K.o.-Runde qualifizieren. Und der SC Freiburg war bereits in der Qualifikation gescheitert.

Es waren viele unnötige Niederlagen dabei - und die bleiben für die Bundesliga nicht folgenlos. Denn jedes Ergebnis fließt in die Berechnung der Fünfjahreswertung des europäischen Fußballverbandes Uefa ein. In dieser ist die Bundesliga nun abgestürzt. In den vergangenen Saisons war Deutschland immer eine der drei erfolgreichsten Nationen, doch in der Spielzeit 2017/2018 rutschte die Bundesliga auf den derzeit elften Rang ab. Russland, Ukraine, Österreich und sogar Zypern sind besser platziert, dabei sind diese Länder nicht gerade dafür bekannt, dass hier besonders schöner und guter Fußball gespielt wird. Anfang November lag die Bundesliga sogar auf Rang 27. Deutschland wäre demnach derzeit eher ein Fußballzwerg als eine Kickernation.

Die Berechnung der Uefa-Wertung wird aufgrund solcher Statistiken heftig diskutiert. Warum etwa gibt es für Siege in der Europa League die gleiche Punktzahl wie für Siege in der hochwertigeren Champions League? Doch die Nationalverbände müssen sich dem Index fügen, das schlechte Abschneiden der Bundesliga hat deshalb Brisanz. Denn die Fünfjahreswertung legt fest, wieviele Vereine aus den jeweiligen Ligen international spielen dürfen. Von der nächsten Saison an erhalten beispielsweise die besten vier Verbände der Fünfjahreswertung feste Startplätze in der Champions League.

Zum Beginn dieser Spielzeit lag Deutschland noch hinter Spanien auf dem zweiten Rang, doch dann wurde die Bundesliga erst von der englischen Premier League und nun auch noch von der italienischen Serie A überholt. Zudem sammeln die fünftplatzierten Franzosen dank Paris Saint-Germain tüchtig Punkte und holen auf.

Zwar ist in dieser Saison der vierte Champions-League-Startplatz nicht in Gefahr - der Vorsprung vor der Ligue A ist mit etwa 15 Punkten üppig. Doch sollte es Paris mit dem Wundersturm, wie manch einer vermutet, tatsächlich bis ins Finale in Kiew schaffen, würde der Abstand beträchtlich schrumpfen. Der deutsche Verband kann also 2018/2019 mit vier Champions-League-Teilnehmern planen. Doch sollten die Vereine auch in der kommenden Saison so oft patzen, könnte der vierte Startplatz bald an eine andere Nation vergeben werden.

Die erfolgreichste Liga der vergangenen Monate war die Premier League. Sie hat sogar die spanische La Liga überholt. 2012 gewann mit dem FC Chelsea zuletzt ein britisches Team die Champions League, in den Jahren danach kamen mit Chelsea und Manchester City nur zwei Mal Teams von der Insel ins Halbfinale. Da im Mai Manchester United in der Europa League triumphierte, durften die Briten erstmals mit fünf Teams in der höchsten europäischen Spielklasse antreten - und es gelang ihnen nun, was noch keinem Land zuvor geglückt war: Alle fünf Mannschaften haben das Achtelfinale erreicht. Manchester City, Manchester United, Liverpool und Tottenham souverän als Gruppenerster, Chelsea punktgleich hinter dem AS Rom als Zweiter. Dominieren die Engländer den Fußball bald wieder wie zu alten Zeiten? Dafür spricht tatsächlich einiges.

Die britischen Teams spielen aktuell keinen Rumpelfußball mehr, sondern Trainer wie Pep Guardiola bei ManCity, José Mourinho bei United, Antonio Conte bei Chelsea oder Jürgen Klopp in Liverpool haben das Spiel taktisch auf ein anderes Niveau gehoben. Natürlich profitiert die Premier League dabei von dem vielen Geld, das ihr zur Verfügung steht. Dank milliardenschwerer TV-Verträge und spendierfreudiger Investoren geben die Klubs auf dem Transfermarkt so viel aus wie nie. Allein Pep Guardiola durfte in einem Jahr für fast eine halbe Milliarde Euro neue Spieler einkaufen. Allerdings schleudert die Premier League das viele Geld mittlerweile viel gezielter raus.

Es werden nicht mehr nur die bekannten Stars der Branche angeworben, sondern die Coaches achten darauf, dass das Teamgefüge stimmt. Manchester City beispielsweise hat nicht mehr nur einen aufsehenerregenden Angriff, sondern nun auch eine fast fehlerfreie Abwehr. Und sogar die Torhüter in der Premier League sind inzwischen im Fußball geachtet: ob Thibaut Courtois beim FC Chelsea, David de Gea bei Manchester United oder Ederson bei Manchester City.

Im Gegensatz zu anderen Ligen zeichnet sich die Premier League dadurch aus, dass es nicht ein oder zwei alles dominierende Teams gibt, sondern mehrere starke Mannschaften. In den vergangenen fünf Jahren wurden in England vier verschiedene Teams Meister - während in der Bundesliga fünf Mal der FC Bayern auf dem ersten Rang abschloss.

Die Premier League ist also nicht abhängig vom Erfolg eines einzigen Klub, auch nicht in Europa. Während in der Fünfjahreswertung für England mal Chelsea, mal City, mal United die meisten Punkte für die Premier League holten, hatten die Münchner in den vergangenen Spielzeiten immer den größten Anteil am Erfolg der Bundesliga. Und genau darin liegt ein Risiko: Sollte der FC Bayern einmal eine schlechte Saison erwischen, dürfte die Bundesliga in der Fünfjahreswertung schnell abrutschen. Die Situation in Italien ist ähnlich einseitig. Hier überzeugte in Europa zuletzt immer nur eine Mannschaft: Juventus Turin.

Spanien dagegen ist fast so breit aufgestellt wie England: Real Madrid und der FC Barcelona kommen in der Champions League traditionell weit. Aber auch Atlético Madrid sammelte in den vergangenen Jahren verlässlich Punkte für ihre guten Champions-League-Ergebnisse - auch wenn der Klub diesmal bereits in der Gruppenphase ausschied. Der FC Sevilla ist fast so erfolgreich wie die drei großen spanischen Vereine, denn die Andalusier gewannen von 2014 bis 2016 die Europa League dreimal in Serie. Die Bundesligisten scheitern in diesem Wettbewerb dagegen meist früh, der letzte deutsche Sieger im Uefa-Cup, wie die Europa League damals hieß, war Schalke 04. Und das ist 20 Jahre her.

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