Tiere im Fußballstadion:Bald blökt Hennes für Fortuna Düsseldorf

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Der Kölner Stürmer Anthony Ujah bejubelt sein Tor gegen Frankfurt - Geißbock Hennes findet das nicht so gut. (Foto: Thilo Schmülgen/dpa)

Als Maskottchen muss Geißbock Hennes in Köln einiges ertragen - jetzt fällt das arme Vieh einer Rodeonummer von Anthony Ujah zum Opfer. Dabei ist das Verhältnis zwischen Mensch und Tier im Stadion schon länger belastet.

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Zu den Wesenszügen der gemeinen Bergziege gehört eine gewisse Bockigkeit. Insofern wäre es interessant zu erfahren, ob Hennes VIII. die Entschuldigung des Fußballers Anthony Ujah schon angenommen hat. Ujah und Hennes, die beiden jecken Geschöpfe des Kölner Spielbetriebs, sind aneinandergeraten. Der Nigerianer packte den Rheinländer nach seinem Tor gegen Frankfurt bei den Hörnern - es entsponn sich eine Rodeonummer, auf die Hennes sichtlich wenig Bock hatte.

Als Maskottchen muss er beim 1. FC Köln ja einiges ertragen. Die Geschicke des Klubs allwöchentlich zu verfolgen, erfüllt streng genommen per se schon den Tatbestand der Tierquälerei. Dass das arme Viech jetzt schon zum dritten Mal - unfreiwillig - in Ujahs Jubelritual involviert wurde, verdeutlicht einen gefährlichen Trend in der Bundesliga: Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier im Stadion gilt zunehmend als belastet. Da bringt es auch wenig, dass Ujah dem Geißbock nun via Instagram Abbitte leistete und schrieb: "Sorry Hennes, das war etwas zu heftig von mir."

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Zu den ungeklärten Fragen dieses Spannungsfeldes zählt ja nicht nur, ob Hennes überhaupt bei Instagram ist, sondern auch, was der gescholtene Vierbeiner für Schäden davon trug. Leidet Hennes an einem Schleudertrauma? Blökt er von nun an aus lauter Verwirrung bei Toren von Fortuna Düsseldorf? Diesem Tier muss doch geholfen werden! Kölns Sportchef Jörg Schmadtke ließ eine Behandlungsmethode durchblicken, die bei den Tierschützern von Peta umgehend den Kampagnenwillen schärfen sollte.

"Der Hennes ist ja einiges gewohnt. Ich glaube, der hat jetzt ein bisschen Nackenschmerzen", sagte Schmadtke. "Im Zoo werden wir ihn wieder einrenken lassen, dann bekommt er noch ein ABC-Pflaster und dann geht es wieder." Unter solch rauen Sitten litten schon reihenweise Tiere in Stadien. Jagdszenen, Einschüchterung, tätliche Angriffe - wer sich als Nicht-Mensch in deutsche Arenen wagt, erlebt teilweise Verstörendes. Der Dortmunder Schäferhund Rex wollte 1969 bei einem Platzsturm im Revierderby beispielsweise nur schlichten, als er sich in allgemeiner Panik beim Bellen versehentlich in Friedel Rauschs Fußballerhintern festbiss.

Als Reflex auf diese "Attacke" führte Schalke im Rückspiel derselben Saison ein Rudel Löwen aufs Feld - die der Klub aus dem Zoo entliehen hatte. Zum Glück hatten die zuvor schon gefrühstückt. Schwer hat es im Stadion auch Geflügel. Erinnert sei an dieser Stelle an jenen bemitleidenswerten Erpel, den Sepp Maier einst mit einem Hechtsprung an der Außenlinie zu Tode erschreckte. Von der kaum artgerechten Haltung des Stuttgarter Maskottchens Fritzle ganz zu schweigen. Fritzle mag aus Plüsch und ein zahmer Zeitgenosse sein, aber er ist immer noch ein Krokodil. Sowas gehört doch nicht auf eine Tartanbahn!

All das sollte uns zu denken geben. Viecher und Menschen in Fußballstadien sind ein explosives Gemisch - und meistens schneiden Erstere eher schlecht ab. Ihr Schicksal ist tragisch, da beißt der Hund keinen Faden ab. Wenn Anthony Ujah jetzt behauptet, dass Hennes der Geißbock sein "bester Freund" sei, sollte das der Ziegenzunft eine Warnung sein. Eigentlich ist der Fall klar: Entschuldigung keinesfalls annehmen! Es sei denn, Ujah bringt mal lecker Grünzeug mit zum nächsten Heimspiel. Oder sogar eine Möhre. Als Geste der Versöhnung.

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