Starke Bayern besiegen ManCity:Kunstvoll ins Glück entschwebt

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Haben wir wirklich so gut gespielt? Thomas Müller and Philipp Lahm geben sich gut gelaunt nach dem Schlusspfiff in Manchester. (Foto: Getty Images)

Präsident Uli Hoeneß erlebt beim 3:1 in Manchester von seiner Mannschaft Fußball, wie er ihn "fast noch nie" gesehen hat. Auch die Spieler und Trainer Pep Guardiola sind hochzufrieden - kaum auszudenken, was passiert, wenn das Team die Philosophie des Katalanen weiter verinnerlicht.

Von Carsten Eberts, Manchester

Pep Guardiola kam im schwarzen Anzug, kerzengerade Haltung, kühler Blick. Hochkonzentriert, der Mann, selbst nach so einer Partie. Ob dies das beste Saisonspiel seiner Mannschaft gewesen sei, wurde der Trainer auf der Pressekonferenz gefragt.

Guardiolas knappe Antwort: "Ja!"

Es sind Guardiolas erste Monate beim FC Bayern, von daher ist diese Aussage durchaus eine mit Gewicht. Unter seiner Ägide hätten die Münchner also nie besser gespielt, als beim 3:1 (1:0) am Mittwochabend bei Manchester City. Franck Ribéry (7.), Thomas Müller (56.) und Arjen Robben (59.) hatten die komfortable Führung herausgeschossen, Álvaro Negredo konnte nur noch verkürzen. Mit zwei Siegen und sechs Punkten führen die Bayern ihre Gruppe damit souverän an. "Ich bin sehr glücklich", sagte Guardiola, "aber unser Weg ist noch nicht zu Ende".

Stimmen zur Champions League
:"Das war ein großartiges Spiel, eine Augenweide"

Bei den Bayern zeigen sich die Beteiligten nach dem starken 3:1 in Manchester überglücklich - Uli Hoeneß findet, Guardiolas Männer hätten sich ein "summa cum laude" verdient. Leverkusen freut sich über Siegtorschütze Jens Hegeler und die britische Presse feiert Arsenals Mesut Özil.

Die Reaktionen im Überblick

Zwei Gänge weiter im Inneren der Arena wurde das Lob kaum kleiner. Da war zunächst Uli Hoeneß, er kam mit Wucht, baute sich vor den Kameras auf: "Was wir heute hier gezeigt haben, ist summa cum laude." Er habe über 80 Minuten einen Fußball gesehen, "wie ich ihn fast noch nie gesehen habe", platzte es aus dem Präsidenten heraus. "Fast", das bedeutete streng genommen, dass höchstens die legendäre Bayern-Mannschaft der Siebzigerahre einigermaßen mithalten konnte. Kleiner ging es in diesem Moment nicht.

"Wir haben einen Supertrainer, ein Superteam. Da kommt sowas bei raus", ließ Hoeneß sein Lob schließlich gipfeln. Zwei Wochen nach der Generalkritik von Sportdirektor Matthias Sammer (Stichwort "Komfortzone") waren es schon sehr deutliche Worte. Der Präsident, so die Lesart, hat aktuell sehr wenig zu kritisieren.

Auch die Spieler äußerten sich angetan. "Große Klasse", bescheinigte Robben seinem Team. Natürlich auch sich selbst, dem "Man of the Match", der bei seinem Zaubertor die Abwehr von ManCity im Allgemeinen und Matija Nastasic im Speziellen in die Nähe eines Schleudertraumas genarrt hatte. "So einen Fußball musst du hier erst mal hinlegen", pflichtete ihm Müller bei.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Sogar die Engländer applaudieren

Torsteher Manuel Neuer umgibt bis kurz vor Ende die Aura des Unbezwingbaren, Verteidiger Dante freut sich diebisch über eine erneute Vorlage zu einem Tor und Arjen Robben verpasst seinen Gegenspielern mit seinen Dribblings einen Drehwurm. Der FC Bayern beim 3:1 in Manchester in der Einzelkritik.

Von Carsten Eberts, Manchester

Was war passiert? Die Münchner hatten in der Tat ein ziemlich gutes Champions-League-Spiel absolviert. Zeitweise demontierten sie einen Gegner, der nicht nur so mitspielt im Wettbewerb, sondern der in normaler Verfassung ein Kandidat fürs Viertel- oder Halbfinale ist. ManCity drohte schon nach Ribérys Führungstor auseinanderzufallen, endgültig aber nach dem Doppelschlag von Müller und Robben. Ein ganzer Haufen gefährlicher Torschüsse war es am Ende, zwischenzeitlich hätte es schon 5:0 oder 6:0 stehen können. Niemand bei den Engländern hätte sich ernsthaft beschweren können.

FC Bayern
:Lahm fühlt sich falsch verstanden

"Das war kein Angriff": Nach dem Sieg in der Champions League gegen Manchester City erklärt Bayern-Kapitän Philipp Lahm, dass er keineswegs Sportvorstand Matthias Sammer angreifen wollte. Mit dem Hinweis, Kritik besser intern zu äußern, will Lahm lediglich seinen eigenen Führungsstil beschreiben.

Erst nach Negredos Treffer in der 79. Minute und der roten Karte gegen Jérôme Boateng (86.) kam kurzzeitig Spannung auf. Es folgten ein Lattentreffer von Silva und ein präziser Kopfstoß wiederum von Negredo, doch die Bayern brachten das Ergebnis über die Zeit. "Es wäre schizophren gewesen, hätten wir noch den Ausgleich kassiert", sagte Hoeneß. Nicht nach solchen 80 Minuten.

All das Lob konnte insbesondere Guardiola als Wertschätzung für seine Arbeit verstehen. Der Spanier ist nun seit knapp drei Monaten in Deutschland. Er hat kein wichtiges Spiel verloren, mit dem Supercup gegen Dortmund überhaupt nur ein ziemlich unwichtiges. Anfangs hatte seine Mannschaft mit den Ideen des neuen Ansagers merklich gefremdelt, doch diese Momente wurden immer seltener. Wo soll es mit den Bayern nur hingehen, wenn dies alles noch zur Eingewöhnungsphase unter dem neuen Trainer zählt?

Guardiola versuchte noch in Manchester, den Verein einzufangen, bevor dieser mit Hoeneß an der Spitze in Richtung Glückseeligkeit entschwebte. Es gäbe noch "eine Menge zu verbessern", erklärte Guardiola. Manchmal war ihm das Pressing der Stürmer nicht aggressiv genug, mal die Ballfertigkeit seiner Verteidiger zu unausgereift. Auch die Situation, die zur roten Karte von Boateng führte, als dieser sich einer Notsituation ausgesetzt sah, soll sich so nicht wiederholen. Guardiola hätte noch stundenlang kleine Details nennen können, die es zu verbessern gilt.

Der Katalane ging ins Grundsätzliche, was er künftig von seinen Spielern erwartet. "Sie müssen rennen wie Tiere, sie müssen mit dem Ball umgehen wie ein kleines Kind", malte er eindrucksvolle Bilder in den Raum. Der Ball sei immer "im Zentrum von allem". Guardiola sagte es auf Englisch, vielleicht würde er manches in seiner Muttersprache geringfügig anders formulieren.

Bleibt die Frage: Wo soll es mit den Bayern nur hingehen, wenn die Mannschaft all das verinnerlicht hat, was Pep Guardiola wirklich von ihr will?

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