Sonntagsspiele der Bundesliga:Wood entscheidet wildes Duell mit zenartiger Ruhe

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HSV-Stümrer Bobby Wood (l.) feiert seinen Siegtreffer gegen Borussia Mönchengladbach. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Schalke 04 zieht sich aus dem Schlamassel - beim 3:0 gegen Augsburg trifft wieder mal Guido Burgstaller.
  • In einer wilden Partie entscheidet HSV-Stürmer Bobby Wood das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach.
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Bobby Wood konnte sich nach dem Schlusspfiff vor Gratulanten nicht retten. Nachdem der Stürmer mit seinem fünften Saisontreffer dem Hamburger SV im Abstiegskampf den siebten Saisonsieg beschert hatte, wurde er nicht nur von seinen Mitspielern, sondern auch von den Fans lautstark gefeiert. Auch der überragende Torwart René Adler, der zur Belohnung ein Küsschen auf die Stirn von Kyriakos Papadopoulos erhielt, holte sich den verdienten Applaus ab.

Dank Wood und Adler hatte der HSV 2:1 (1:1) gegen Borussia Mönchengladbach gewonnen und ist vor den eigenen Fans damit seit sieben Spielen ungeschlagen - eine solche Serie gelang den Hanseaten zuletzt vor sieben Jahren. "Die harte Arbeit zahlt sich jetzt aus", sagte Adler bei Sky.

Zuvor hatten Filip Kostic per Kopfball (36.) und Wood (80.) die Partie für den willensstarken HSV gedreht, der sich zudem für das Aus im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen die Rheinländer vor elf Tagen revanchierte. Der HSV-Stürmer zeigte unmittelbar vor seinem Siegtreffer zenartige Gelassenheit, verzögerte geschickt den Schuss und ließ Gladbach-Verteidiger Jannik Vestergaard ins Leere rutschen. Andreas Christensen (23.) hatte die Fohlen, denen nach dem Europapokal-Spiel unter der Woche gegen Schalke 04 (1:1) etwas die Spritzigkeit fehlte, zunächst in Führung gebracht.

"Wir haben zuletzt viele Spiele gewonnen. Aber man darf nicht erwarten, dass das automatisch immer so weiter geht", sagte der Gladbacher Tony Jantschke kurz nach dem Anpfiff. Der HSV hängt nach seinem siebten Saisonsieg zwar weiter auf dem Relegationsrang fest, zog nach Punkten aber mit Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg gleich. Die Gladbacher Aufholjagd ist vorerst gestoppt, das Team von Dieter Hecking - bisher beste Mannschaft der Rückrunde - scheiterte auch immer wieder am starken Adler und bleibt Neunter.

Gladbach ohne Stindl und Raffael

Vor 52.501 Zuschauern musste Gisdol auf den langzeitverletzten Innenverteidiger Mergim Mavraj (Sehnenanriss am Knie) und Angreifer Nicolai Müller (Magen-Darm-Grippe) verzichten, bei der Borussia fehlten auch zwei Leistungsträger des jüngsten Höhenflugs: Lars Stindl (muskuläre Probleme) und Raffael (grippaler Infekt) mussten passen. Insgesamt nahm Hecking im Vergleich zum Schalke-Spiel fünf Änderungen vor, in der Sturmspitze vertraute er dem Ex-Hamburger Josip Drmic.

Die Partie plätscherte zunächst nur vor sich hin, viele Fehlpässe prägten das Geschehen im Mittelfeld. Gladbachs Führung hatte sich bis dahin wahrlich nicht angekündigt, doch Christensen setzte sich im Kopfball-Duell gegen Gideon Jung dann geschickt durch. Das Tor tat dem Spiel sichtlich gut, endlich sahen die Fans spektakuläres Bundesliga-Niveau. Kurz danach jubelten die HSV-Fans schon über den vermeintlichen Ausgleich von Wood (28.), doch Schiedsrichter Deniz Aytekin, der unter der Woche beim spektakulären 6:1 des FC Barcelona in der Champions League gegen Paris St.-Germain für Diskussionen gesorgt hatte, entschied korrekt, dass Albin Ekdal bei der Vorarbeit im Abseits gestanden hatte. Im Gegenzug verhinderte Adler einen höheren Rückstand mit einer spektakulären Parade gegen Drmic.

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Doch der HSV erhöhte zunehmend das Tempo und glich verdient aus. Kostic übersprang nach einer Flanke von Dennis Diekmeier Nico Elvedi und nickte zum 1:1 ein. Der HSV konnte sich danach erneut bei Adler bedanken, der Patrick Herrmann (44.) mit einem Weltklasse-Reflex zur Verzweiflung brachte.

In der Folge versuchte der HSV wieder mehr Kontrolle über das Spiel zu erlangen und die Gäste zu Fehlern zwingen. Ekdal (55.) und der quirlige Wood (58.) hatten auch Möglichkeiten, doch die Rothosen leisteten sich in einer packenden Partie auch immer wieder unnötige Schnitzer - deshalb blieb die Borussia über Konter stets gefährlich

Das Treffen mit dem FC Augsburg hatte man beim FC Schalke 04 zu einem Stück aus dem Abstiegskampf-Theater erklärt, "ein ganz heißes Spiel" hatte Johannes Geis prophezeit. Doch das große Drama mit weinenden Kindern und wackelndem Trainerstuhl blieb aus. Weite Teile des Nachmittags in der Arena auf Schalke verbrachten die Zuschauer damit, die laue Frühlingsluft zu genießen, das frühzeitig entschiedene Spiel diente als angenehme Berieselung. In der Fankurve vertrieb man sich die Zeit mit Schmähgesängen an die Adresse von Borussia Dortmund.

Nachdem Daniel Caligiuri bereits nach 35 Minuten das 3:0 geschossen hatte, gab es für die Hausherren keinen Anlass zur Besorgnis mehr, zumal da sich die offenbar heftig frühjahrsmüden Augsburger darauf beschränkten, ein schlimmeres Resultat abzuwenden. Das gelang ihnen allerdings nur deshalb, weil die vorwiegend im Schonprogramm waltenden Schalker beste und allerbeste Tormöglichkeiten ausließen. Der eingewechselte Yevhen Konoplyanka bedurfte der Tröstungen seiner Mitspieler, nachdem er freistehend den Ball in die Arme von Marvin Hitz gereicht hatte. "Wir können mit dem 3:0 gut leben", stellte Trainer Markus Weinzierl fest. Der starke Auftritt seiner Mannschaft hatte ihn gnädig gestimmt.

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Einen tragenden Urheber des Sieges verabschiedeten die Zuschauer bei seiner späten Auswechslung mit eigens komponierten Sprechchören. "Gänsehaut am ganzen Körper" spürte Guido Burgstaller daraufhin, "ein wahnsinniges Gefühl". Der Mittelstürmer, Ende Januar eher nothalber aus Nürnberg zugereist, schoss nach vier Minuten das 1:0 und nach 29 Minuten das 2:0, sein viertes Bundesligator, und wenn auch kein Fallrückzieher dabei war, so hat es doch seine Berechtigung, dass die Einheimischen den österreichischen Mittelstürmer so schnell in ihr Herz geschlossen haben. Burgstaller erledigt nicht nur den Job des Schützen vom Dienst, sondern vermag mit seinem Fleiß und seiner Präsenz eine komplette Abwehrreihe zu beschäftigen.

Augsburg mit besorgniserregender Leistung

Der bedauernswerte Klaas-Jan Huntelaar behielt auch diesmal seinen Platz auf der Reservebank, er wurde nicht gebraucht, Burgstaller hingegen bekam vom Trainer ein Sonderlob: "Er arbeitet unheimlich viel dort, wo es spannend und aufregend ist. Wir sind froh, dass wir den Mut hatten, einen - in Anführungszeichen - Zweitligastürmer zu holen und nicht auf dem internationalen Markt zu suchen." Auch Kapitän Benedikt Höwedes hob die Bedeutung des Neulings hervor: "So ein Torriecher hat uns verletzungsbedingt lange gefehlt."

Der FC Augsburg bot eine besorgniserregende Leistung. Die halbe Deckung ließ sich beim Tor zum 0:1 bereitwillig überrumpeln, und auch danach leistete die Gäste-Elf erstaunlich geringfügigen Widerstand. Die Schalker, ohne Leon Goretzka angetreten, der fürs Europacup-Spiel in Mönchengladbach geschont wurde, erhielten von ihren Widersachern viel Platz, um sich in Schwung zu kombinieren. Beim 2:0 hielt Verteidiger Paul Verhaegh sogar im Strafraum so höflich Abstand vom Geschehen, dass es Eric-Maxim Choupo-Moting ein Leichtes war, Jonathan Schmid abzuhängen und Burgstaller in der Mitte zu bedienen.

"Wir haben es nicht geschafft, kompakt zu verteidigen, sowohl in der Breite als auch in der Tiefe", beschrieb Trainer Manuel Baum die oftmals schreienden Defizite in leisen Worten. Die Chance, dem Spiel eine Wende zu geben, vergab Verhaegh, als er beim Stand von 0:2 mit einem Elfmeter an Ralf Fährmann scheiterte. Diese Szene bezeichnete Höwedes später als "Schlüsselszene - Ralf hat uns gut im Spiel gehalten".

Schalke wähnt sich nach dem glatten Sieg im vermeintlichen Schicksalsspiel gut vorbereitet auf das internationale Duell mit den Gladbachern. Und Markus Weinzierl musste nach dem Match schon wieder Fragen nach der nächsten Europacup-Qualifikation beantworten. Abstiegskampf war gestern.

Aus Gelsenkirchen von Philipp Selldorf

© SZ vom 13.03.2017/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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