Schalke gegen Dortmund:Skepsis und Missgunst beim BVB

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Schwerer Stand in Dortmund: Trainer Stöger. (Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Vor dem Derby gegen Schalke 04 ist Borussia Dortmund bemüht, nicht noch weiter in die Krise zu geraten.
  • Doch der Klassiker bietet auch die Chance, vieles in dieser Saison vergessen zu lassen.
  • Weiterhin beschäftigt den BVB die Frage, wer ab Sommer Trainer der Mannschaft wird.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Die Verantwortlichen von Borussia Dortmund bekommen derzeit wirklich so ziemlich alles um die Ohren gehauen. Der Ersatztorwart Roman Weidenfeller kritisiert den Teamgeist, skeptische Beobachter beklagen den drögen BVB-Fußball, Bayern Münchens Sportdirektor Hasan Salihamidzic garnierte die Verpflichtung des Trainers Niko Kovac mit dem süffisanten Hinweis, Dortmund habe sich auch bemüht, und selbst die allseits gelobte Verpflichtung von Matthias Sammer als Berater hat einen kleinen Beigeschmack, weil der heißgeliebte frühere BVB-Trainer Jürgen Klopp diesem Sammer einst, als der noch Sportchef in München war, jeglichen Einfluss auf FCB-Erfolge absprach.

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In die trübe Dortmunder Gemengelage aus Skepsis und Missgunst taucht der BVB am Sonntagnachmittag ausgerechnet ins Revierderby auf Schalke ein wie in ein wohltuendes heißes Vollbad. Dortmunds Trainer Peter Stöger lobt Schalkes Trainer Domenico Tedesco - und Tedesco lobt Stöger zurück. Beim Kuschelderby um Platz zwei wollen die eigentlich verhassten Rivalen gemeinsam ihre Champions-League-Positionen stärken. Es deutet also einiges auf ein Unentschieden hin, auch wenn es nicht so spektakulär werden dürfte wie im Hinspiel.

Kovac ist vom Markt - kommt nun Favre? Oder bleibt Stöger?

33 Minuten (61. bis 94.) haben die Schalker am 25. November 2017 benötigt, um in Dortmund aus einem 0:4 ein 4:4 zu machen und dem ohnehin schon angeschlagenen Trainer Peter Bosz zwar nicht den finalen, aber doch einen Dolchstoß mit erheblicher Wirkung zu verpassen. Es war vielleicht sogar die entscheidende halbe Stunde, die dem BVB die Saison verhagelt hat - auch wenn man das am Tabellenstand nicht so recht ablesen kann. Unter Stöger hat Dortmund seit Anfang Dezember von 14 Bundesligaspielen acht gewonnen, fünf remisiert und nur eines verloren, 0:6 beim FC Bayern. Schalkes Tedesco hat also vollkommen Recht, wenn er sagt, das sei nicht gerade die Bilanz einer Krise.

Mit Zahlen allein kann man die Dortmunder tatsächlich kaum angreifen. Sie stellen mit 23 Punkten hinter Bayern München die zweitbeste Mannschaft der Rückrunde und über die volle Saison immer noch die Mannschaft mit den zweitmeisten Treffern. Binnen neun Spielen hat sich die belgische FC-Chelsea-Leihgabe Michy Batshuayi mit ihren sieben Treffern zum zweitbesten Torjäger entwickelt, ganz vorne rangiert mit 13 Toren immer noch der im Winter zum FC Arsensal abgewanderte Pierre-Emerick Aubameyang.

Umbaupläne für den Sommer überlagern allerdings längst die Spekulationen, ob Mario Götze, André Schürrle und Marco Reus es noch in den WM-Kader des Bundestrainers Joachim Löw schaffen. Vorstandsboss Hans-Joachim Watzke und Manager Michael Zorc müssten den künftigen Kader eigentlich langsam festzurren, wissen dem Vernehmen aber noch nicht einmal, wer in der nächsten Saison Trainer sein soll.

Dass Stöger geht, ist noch gar nicht sicher

Noch immer gilt nicht als definitiv, dass Stöger abgelöst wird, aber wenn, dann ist wohl der Schweizer Lucien Favre von OGC Nizza der beste Kandidat. Zorc, der sich über den Münchner Seitenhieb von Salihamidzic ärgerte ("Ich konnte schon in der Schule nicht ausstehen, wenn ein Schüler in der ersten Reihe aufgezeigt und aufgeregt gerufen hat: ,Frau Lehrerin, ich habe da was gehört'"), nennt Geduld bei der Trainerauswahl als primäre Tugend, drei Monate hat er noch Zeit bis zur Saisonvorbereitung.

Mit einem Sieg gegen Schalke, so war es in der Historie des Revierderbys aber schon immer, kann man viele Schmerzen betäuben und viele Sorgen lindern. Sogar der medial schon abgeschriebene Stöger könnte mit einem triumphalen Sieg noch einmal Punkte für sich sammeln. Nicht nur aufs Ergebnis, sondern auch auf die Emotionen zwischen den Zahlen wird folglich zu achten sein. Es sei denn, Dortmund verliert - dann würde aus einer unglücklichen Saison endgültig eine verkorkste.

© SZ vom 15.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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