Rugby-WM in Neuseeland:Mit Ballett ins Viertelfinale

Bei der drittgrößten Sportveranstaltung der Welt stehen die Neuseeländer bereits als Gruppensieger fest, Japan ist nach einem historischen Remis ausgeschieden. Die Spiele bei der Rugby-WM machen deutlich: Die Sportart ist mehr als sinnlose Gewalt - in dem Chaos steckt eine Ordnung.

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Bei der drittgrößten Sportveranstaltung der Welt stehen die Neuseeländer bereits als Gruppensieger fest, Japan ist nach einem historischen Remis ausgeschieden. Die Spiele bei der Rugby-WM machen deutlich: Die Sportart ist mehr als sinnlose Gewalt - in dem Chaos steckt eine Ordnung. Texte: Thomas Bierling Bei der Rugby-WM in Neuseeland stehen die Gastgeber nach drei Siegen in drei Spielen bereits als Sieger der Gruppe A fest, obwohl noch ein Spiel vor ihnen liegt. Im Viertelfinale treffen die Neuseeländer (auf dem Foto: Ma'a Nonu, links) damit auf den Zweiten der Gruppe B. Als Gegner kommen England, Argentinien und Schottland in Frage. Während die Neuseeländer sich über den gelungenen Start freuen....

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... ist die WM für die japanischen Rugbyspieler schon wieder beendet. Kurz vor dem Ende der Partie gegen Kanada führten die Japaner noch mit drei Punkten, aber mit einem erfolgreicher Straftritt glichen die Kanadier eine Minute vor Schluss zum 23:23 aus. Zumindest geht dieses Unentschieden in die Rugby-Geschichte ein: Es war erst das dritte Remis überhaupt bei einer WM.

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In Deutschland hat Rugby immer noch den Ruf, ein brutaler Sport für rüpelhafte Muskelmaschinen zu sein. Dabei ist der Sport viel kunstvoller, als es auf den ersten Blick aussieht. "Rugby ist ein wunderbares Gemisch aus Ballett, Oper und grausamem Selbstmord", hat der Schriftsteller Richard Burton einmal gesagt. Der muss es ja wissen.

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Sicher, es sind meist extrem muskulöse und große Athleten. Sie sehen gerne wild aus und manche von ihnen tragen Bärte, wie hier der Kanadier Adam Kleeberger (oben) bei der Rugby-WM in Neuseeland. Insgesamt treten dort 20 Mannschaften in 48 Spielen gegeneinander an. Titelverteidiger ist Südafrika.

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Aber es sind keine stumpfsinnigen Raufbolde, die sinnlos aufeinander einschlagen. Bei den Spielen in der Gruppenphase der WM wurde deutlich: Rugby ist ein Mischung aus Kraft, Intuition, kreativen Spielzügen und Schnelligkeit. Auch wenn es aufgrund der Masse und Größe der Spieler so scheint, dass nur der Stärkere gewinnt - Rugby unterliegt wie alle Sportarten dem Prinzip des Sozialdarwinismus: Es gewinnt, wer stärker ist. Oder klüger.  

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Das zentrale Element ist zwar der Körpereinsatz, aber in dem Chaos steckt eine klare Ordnung. Ziel ist es, mit fairen Mitteln den Ball im gegnerischen Malfeld abzulegen, oder den Rugbyball durch die H-förmigen Torpfosten zu schießen. Körperkontakt ist zwar erlaubt, aber Attacken oberhalb der Brust, Tritte oder Angriffe auf Spieler, die nicht in Ballbesitz sind, werden bestraft. Verletzungen wie ...

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... ein blaues Auge oder eine Platzwunde (wie der Kanadier Pat Riordan im WM-Spiel gegen Tonga) können schon mal vorkommen. Aber ehrlich: Platzwunden kommen fast jede Woche auch im Fußball vor.

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Besonders wichtig ist den Rugbyspielern die Achtung untereinander, aber auch vor dem Gegner. "Der Respekt im Rugby ist sehr ausgeprägt", sagt Alexander Wikider, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, die bei der WM nicht vertreten ist. In einem Interview mit der Zeit erklärt er: "Auf dem Feld ist der Gegner der Feind. Nach dem Schlusspfiff schütteln wir uns die Hände, und alles ist vergessen. Oft gehen wir nach dem Spiel noch zusammen auf das Bankett. Es würde auch nie jemand auf die Idee kommen, zum Schiedsrichter zu rennen und ihn anzuschreien wie im Fußball. So etwas gibt es nicht."

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Auch dem Vorurteil, Rugbyspieler (im Bild der Neuseeländer Sonny Bill Williams) seien grobschlächtige Prügelknaben, widerspricht Wikider: "Der Rugbyspieler an sich ist außerhalb des Feldes ein Gentleman."

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An dem Gerücht, dass sich Mike Tindall vom englischen Team bei der aktuellen Rugby-WM daneben benommen haben soll, ist anscheinend auch nichts dran. Tindall, der frisch mit der Queen-Enkelin Zara Philipps verheiratet ist, soll in Queenstown (sic!) nach einem Sieg seiner Mannschaft in einer Kneipe im Dekolleté einer Blondine gelandet sein und Minderwüchsige durch die Luft geworfen haben. Aber Rich Deane, der Manager der Bar, sagte: "Es gab keinen Skandal - von keinem der englischen Spieler, die wir gesehen haben. Sie waren prima Jungs, haben die Zwerge nicht geworfen. Das war alles ein heiterer und fröhlicher Spaß."

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Ohne Kreativität und eine gute Technik im Umgang mit der Spielpflaume läuft man schnell gegen eine menschliche Wand. Allein das Fangen und Werfen ist bereits eine eigene Kunst. Anders als beim American Football darf das Ei nur zur Seite oder nach hinten geworfen werden. Teilweise schaffen es die Spieler sogar im Fallen oder unter Bedrängnis von einem über 100 Kilogramm schweren Gegner, den Ball zu fangen oder präzise zu einem Mitspieler zu werfen.

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Noch schwieriger ist das Kicken: Aus dem Spiel darf das unberechenbar aufspringende Ei nur mit dem Fuß nach vorne getreten werden (wie hier von Dan Parks im WM-Spiel seiner Schotten gegen Georgien). Meist wird es als letztes taktisches Mittel vor einem Ballverlust eingesetzt - jedoch auch als Überraschungsmoment.

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Übrigens: Der Rugbyball hat mit dem Football nur wenig gemeinsam. Der Football ist spitzer und schwerer als der eher elliptische Rugbyball.

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Russland (in den roten Trikots) ist in diesem Jahr das erste Mal bei einer Rugby-WM vertreten. Bis 1957 war der Sport in Russland verboten. Die Kommunisten sahen darin nur einen kapitalistischen Zeitvertreib. Zuvor hatte der Zar Unruhen aufgrund des martialisch wirkenden Sports befürchtet, was angesichts dieses...

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... fröhlichen Fans kaum vorstellbar ist. Rugby ist sogar die einzige Sportart, die seit Jahrzehnten unversöhnliche Feinde vereint.

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Es ist die einzige Sportart, bei der die Republik Irland und Nordirland eine gemeinsame Nationalmannschaft stellen (hier im Spiel gegen die USA).

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