Real und Manchester United:28 Minuten Peinlichkeit

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Wird wenige Bälle halten in den kommenden Monaten: David De Gea muss in Manchester bleiben. (Foto: REUTERS)
  • Ein gescheiterter Transfer wird zur Farce: Real Madrid und Manchester United bezichtigen sich gegenseitig, den Tausch der Torhüter De Gea und Navas vermasselt zu haben.
  • Die Vereine haben bei ihrem Geschäft eine Frist verpasst, nach der die Transferdokumente bis Montagnacht um 0 Uhr beim Verband eingehen sollten.

Von Jonas Beckenkamp

Vielleicht lag es an falsch gestellten Uhren. Vielleicht aber auch an defekten Kommunikationsgeräten, möglicherweise haben die Beteiligten auch beim Rioja-Trinken getrödelt. Vorstellbar ist vieles, weniger skurril macht es die Geschichte nicht. Real Madrid und Manchester United haben dem Fußballbetrieb schon viele ruhmreiche Kapitel beschert, doch jetzt gelang es beiden Klubs, sich vor der Weltöffentlichkeit lächerlich zu machen. Und dafür mussten sie nicht einmal ein Fußballspiel bestreiten.

In der vergangenen Nacht kam es zwischen Old Trafford und Santiago Bernabeu zu einer Verfehlung, die landläufig als "Transferpanne" firmiert - in Spanien haben sie, angelehnt an Real-Präsident Florentino Pérez, sogar schon einen ironischen Ausdruck erfunden: die "Florentinada", das Meisterstück des großen Padrons. Passiert ist Folgendes: Die beiden Großklubs hatten sich darauf geeinigt, dass der Torwart David de Gea für etwa 30 Millionen Euro von United zu Real umziehen sollte - gleichzeitig könne Kollege Keylor Navas für etwa die Hälfte des Geldes von Real zu United.

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Doch weil die Dokumente für diesen Tausch erst am Dienstag um 0.28 Uhr und damit 28 Minuten nach der Transfer-Deadline beim spanischen Ligaverband (LFP) eintrafen, ist das Geschäft geplatzt. Jetzt schauen beide Vereine ziemlich blöd aus der Wäsche und fragen sich: Wie konnte es so weit kommen?

Die Vertragspapiere seien verspätet eingetroffen, so heißt es, weil Reals aktueller zweiter Mann Navas noch einige Änderungen in seinen neuen Kontrakt eingearbeitet haben wollte. Das führte offenbar dazu, dass beide Bällefänger vorerst da bleiben müssen, wo sie bisher waren: Navas auf der Bank Reals, De Gea auf jener von United. Inzwischen schieben sich die Vereine in bester Sandkastenmanier gegenseitig die Schuld für den vermasselten Deal zu - und die Öffentlichkeit nimmt genüsslich daran Anteil.

"Was für ein Witz! De Gea kommt nicht nach Madrid", titelte die Real-nahe Zeitung Marca noch in der Nacht. Aus Barcelona vermeldete Mundo Deportivo nicht ohne beißenden Spott: "Wegen einer Stümperei kriegt Real De Gea nicht." Auch in England ist von einer "Farce" ( Daily Mail) sowie vom "in Luft aufgelösten De Gea" ( The Sun) die Rede. Die Hintergründe illustrieren ein Ausmaß an Unfähigkeit, wie es solch großen Weltmarken kaum zuzutrauen ist. Manchester behauptet, die erforderlichen Dokumente rechtzeitig geschickt zu haben, die Madrilenen berichten laut Marca vom Eingang eines Faxes um punkt 23.59 Uhr. Dieses sei jedoch umgehend an den Ligaverband weitergeschickt worden.

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Nach Informationen der spanischen Sporttageszeitung AS hingegen hätten die Vereine um 23.30 Uhr Einigkeit über den Transfer erzielt. Doch durch die Nachverhandlungen von Navas seien die Unterlagen erst weit nach Mitternacht eingegangen. Am Ende sollen beide Sportskameraden herumgesessen haben, während sie den Vollzug herbeisehnten. Die Details aus der Nacht klingen aberwitzig. So berichtet der spanische Sky-Experte und anerkannte Guardiola-Biograph Guillem Balague, De Gea sei "bei seiner Freundin in Madrid gewesen", auch Keylor Navas habe gespannt gewartet (Ort unbekannt).

Alles sei "unterschrieben gewesen und nach Manchester geschickt" worden, doch dann habe United die Papiere zu spät beim spanischen Verband eingereicht. De Gea sollte heute Mittag im Bernabeu präsentiert werden, es stand sogar schon eine Bühne bereit. Letzte Versuche der Real-Verantwortlichen, noch ein paar Minuten königliche Fristverlängerung herauszuquetschen, seien gescheitert - und De Gea blieb wegen der verpassten Chance auf eine Heimkehr in seine Geburtsstadt "erschüttert" ( Daily Mail) zurück. Der Verband gab sich unnachgiebig, weil er sich nicht vorwerfen lassen wollte, den ohnehin oft der Kumpanei bezichtigten Großklub zu bevorzugen. Regel ist Regel, das gilt in diesem Fall selbst für Real und dessen einflussreichen Boss Florentino Pérez.

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In Spanien kursiert nun die Vermutung, United habe sich für den gescheiterten Kauf von Real-Verteidiger Sergio Ramos revanchieren wollen. Der 29-jährige Madrilene hatte kürzlich nach wochenlangem Geschacher doch bei den Königlichen verlängert. Das wäre natürlich die bissigste Pointe: Dass in England jemand bis zur letzten Minute gewartet hätte, um mit einem zufriedenen Grinsen die Papiere Sekunden zu spät nach Madrid zu faxen.

Doch wer nun wirklich wen aufs Kreuz gelegt hat oder die entscheidenden Minuten mit einem Nickerchen verbrachte, lässt sich schwer rekonstruieren. Aus Madrid ist zu hören, dass man Beweise erbringen will, die die eigene Schnarcherei widerlegen soll. United ließ wiederum mitteilen, dass entsprechende Belege zur eigenen Entlastung ebenso vorlägen. Es steht Aussage gegen Aussage. Eine Sendebestätigung des Faxes könnte helfen. Fragt sich nur, ob den Zettel nicht einfach jemand weggeschmissen hat.

Egal wie die Geschichte ausgeht - leicht wird es für die beiden Torhüter in den kommenden Monaten nicht. Mehr "lame duck" ist kaum möglich. Navas dürfte hinter Reals ebenso im Sommer geholter Nummer Eins Kiko Casilla auf der Bank Zeit zum Nachdenken bekommen, während De Gea bei Trainer Louis van Gaal in Manchester königlich ins Abseits gerutscht sein dürfte. Der Holländer hatte im Wissen um einen Abschied des spanischen Keepers erst kürzlich einen neuen Torwart verpflichten lassen: Argentiniens Nationalkeeper Sergio Romero. Bei ihm kamen alle Papiere pünktlich an den Mann.

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