Real Madrid:Nur "Mr. P" sorgt für Unruhe

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Lässt eine Enthüllungs-Geschichte des Spiegel "aufs Schärfste als unzutreffend" zurückweisen: Real Madrids Angreifer Cristiano Ronaldo. (Foto: Gerard Julien/AFP)
  • Titelverteidiger Real Madrid blickt nach dem 2:1-Sieg in München entspannt auf das Rückspiel gegen den FC Bayern.
  • Nur die Schweigegeldvorwürfe gegen Cristiano Ronaldo stören die Ruhe.
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Von Javier Cáceres, Madrid

Aufregung bei Real Madrid am Vorabend des Champions-League-Viertelfinal-Rückspiels gegen den FC Bayern? Natürlich! Man braucht nur die falsche Klinke zu berühren, und schon ist's, als habe man die Büchse der Pandora geöffnet. Am Montagmittag, die turnusmäßige Pressekonferenz von Zinédine Zidane war gerade vorüber, machte sich ein italienischer Reporter an einer Tür zu schaffen, durch die der Trainer von Real gerade verschwunden war. Schon sprangen Bodyguards herbei, um den Eindringling mit allerlei Drohungen in die Schranken zu weisen.

So recht passte die Szene allerdings nicht zu der großen Gelassenheit, mit der im überfüllten Presseraum zuvor die Madrider Befindlichkeiten vor dem großen Spiel besprochen worden waren. Zumal ein Thema dort sorgsam ausgespart worden war: das Thema Cristiano Ronaldo.

Ronaldo war am Karfreitag weltweit in die Schlagzeilen geraten. Der Spiegel berichtete unter Berufung auf Dokumente der Enthüllungsplattform Football Leaks, dass der portugiesische Weltfußballer im Jahr 2010 im Zuge einer außergerichtlichen Einigung der Zahlung von 375 000 Dollar an eine US-Amerikanerin zugestimmt habe. Sie soll vorher Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Fußballer erhoben haben, die stimmen können - oder auch nicht.

"Aufs Schärfste als unzutreffend"

Das Lager Ronaldos hatte bereits vor Veröffentlichung der Geschichte mit einem harschen Dementi reagiert. Fragen des Magazins an Ronaldo beantwortete ein deutscher Anwalt: Die Anschuldigungen, die den Fragen des Spiegel zugrunde lägen, seien "aufs Schärfste als unzutreffend" zurückzuweisen. Das Management Ronaldos drohte mit juristischen Geschützen und bezeichnete die Geschichte als "journalistische Fiktion". Doch ganz so einfach liegen die Dinge wohl nicht.

So existiert offenbar ein im Jahr 2010 verfasster Brief, in dem die Frau, deren wahre Identität vom Spiegel hinter dem Pseudonym "Susan K." verschleiert wird, Details aus den frühen Morgenstunden des 13. Juni 2009 schildert. Der Brief lese sich wie eine wütende Anklage, schreibt das Magazin - und führt aus, dass es Polizeiprotokolle, ärztliche Untersuchungen und nicht zuletzt die erwähnte außergerichtliche Einigung gebe, die zwar nicht von Ronaldo selbst, wohl aber von seinem langjährigen portugiesischen Anwalt Carlos Osório de Castro unterzeichnet worden sei - am 12. Januar 2010 im US-Bundesstaat Nevada.

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In dem Dokument werde Ronaldo auch nicht mit seinem Namen genannt, sondern als "Mr. P" geführt. Susan K. wiederum habe sich in dem Dokument verpflichtet, alle Tatvorwürfe fallen zu lassen - und über die Geschehnisse, die sich seinerzeit im Appartement 57306 einer Nobelherberge namens "Palms Place Hotel" in Las Vegas zugetragen haben sollen, für immer zu schweigen.

Aus dem Brief von Susan K. gehe hervor, dass sie Ronaldo in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni im VIP-Bereich eines Nachtclubs kennengelernt habe. Susan K. habe Ronaldo ihre Nummer gegeben, Ronaldo habe sie noch in der Nacht angerufen und zu einer Privatparty in seine Suite eingeladen. "Als K. mit einer Freundin dort ankam, sollen Ronaldo und seine Freunde in den Jacuzzi gestiegen sein. Er habe ihr Badesachen angeboten. Als sie sich umzog, sei er ihr gefolgt. Sie hätten sich geküsst. Ronaldo, so schreibt es K., sei das nicht genug gewesen. Sie habe aber zu den anderen zurückgewollt. Er habe sie gepackt und aufs Bett gelegt. Sie habe versucht, sich mit beiden Händen zu schützen", schreibt der Spiegel.

Aus dem Brief gehe unter anderem hervor, dass sie sich gewehrt habe. Stunden später habe sie sich laut Spiegel bei der Polizei in Las Vegas gemeldet, dort wurde hernach ein mögliches Sexualdelikt protokolliert. Es gebe aber auch einen Vermerk, der darauf hindeute, dass sich Ronaldo zu seinem Anwalt dahin gehend geäußert haben soll, dass es zu "einvernehmlichem Sex" gekommen sei. Und wer weiß, womöglich stimmt das: Ronaldo wäre nicht der erste Prominente, der das Opfer einer Erpressung wurde.

In den spanischen Medien spielte diese Geschichte nur eine kleine bis keine Rolle, Zeitungen wie Marca oder El País nahmen sie nicht in ihre Berichterstattung auf. Weit elektrisierender wirkte in der spanischen Hauptstadt die Nachricht, dass Gareth Bale mit einer Wadenblessur ausfällt. Denn so paradox es klingt: Dass der 100-Millionen-Euro-Stürmer beim elften K.-o.-Duell Reals gegen den FC Bayern zuschauen muss, gilt als prächtiges Omen. Real hat ohne Bale die besten Leistungen der laufenden Saison gezeigt.

Isco könnte gegen Bayern von Anfang an spielen

Wer ihn ersetzen wird, ist offen. Am Montag lächelte Trainer Zidane sogar die Fragen nach den Kriterien weg, nach denen er über den Ersatzmann entscheiden will. Die besten Optionen scheint Isco zu haben, der in der laufenden Champions-League-Saison nur 77 Minuten gespielt hat. Real treu ergebene Medien berichten, Vereinsboss Florentino Pérez habe Isco für dessen Gala-Auftritt vom Wochenende persönlich belobigt, in Gijón steuerte der spanische Nationalspieler zwei Tore zum 3:2-Sieg bei. Isco ziert sich noch, seinen bis 2018 laufenden Vertrag vorzeitig zu verlängern; auch Reals Erzfeind FC Barcelona buhlt um ihn. Daher wird das halböffentliche Lob in Madrid auch als Fingerzeig an Zidane gewertet, Isco durch Nichtberücksichtigung nicht zu verärgern.

Und Ronaldo? Scheint von allem unberührt zu sein. In einem Sozialnetzwerk veröffentlichte er ein Foto, auf dem er Muskeln zeigt. Der ganzen Welt, wie immer, aber vor allem dem FC Bayern.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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