Real Madrid in der Champions League:Mourinho oder wir!

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Schwierigste Phase seiner Amtszeit: Real-Trainer José Mourinho. (Foto: AFP)

Er pöbelt gegen Schiedsrichter, hadert mit dem Unglück, erste Spieler wenden sich von ihm ab: José Mourinho erlebt das schwierigste Jahr seiner Amtszeit bei Real Madrid. Das Achtelfinale gegen Manchester United wird für den Klub und seinen Trainer zum Schlüsselspiel.

Von Oliver Meiler, Barcelona

La Décima! Und alles wäre vergessen, vergeben, alle Schmach. Wenn die Madridistas, die Fans von Real Madrid, "die Zehnte" beschwören, "la Décima" eben, ist das, als würden sie nach ihrem heiligen Gral greifen. Gemeint ist die zehnte "Copa" von Europas Besten, die zehnte Trophäe der Champions League, oder wie man früher sagte: der Landesmeister. Die bisher letzte, die Neunte, gewann man 2002. Für einen Verein mit Reals Selbstverständnis ist das eine Ewigkeit her.

Besonders schwer lastet die Sehnsucht immer dann, wenn es in der nationalen Liga einmal nicht so läuft, wie jetzt wieder, da Real an dritter Stelle liegt, 16 Punkte hinter dem FC Barcelona und auch noch hinter Stadt- rivale Atlético. So kommt dem Champions-League-Achtelfinale gegen Manchester United am Mittwoch im Santiago Bernabéu eine kapitale Bedeutung zu. Für einen Mann besonders: für José Mourinho.

Dessen drittes Trainerjahr in Madrid ist sein bisher schwächstes. Man hört ihn oft gegen Schiedsrichter schimpfen, mit dem Unglück hadern, seine Spieler des mangelnden Engagements bezichtigen. Er scheint nicht mehr Herr im Haus zu sein. Viel zu oft dringen Dinge an die Öffentlichkeit, die nicht für diese gedacht sind. Einige spanische Stützen der Mannschaft sollen dem Präsidenten des Vereins gar per Ende Saison ein Ultimatum gestellt haben: "Mou" oder wir!

Am schwierigsten soll das Verhältnis des portugiesischen Coaches mit Iker Casillas, dem gerade verletzt pausierenden Torhüter, und mit Abwehrchef Sergio Ramos sein. Casillas Freundin, die bekannte TV-Journalistin Sara Carbonero, war kürzlich mal wieder sehr gesprächig - im mexikanischen Fernsehen. Das Echo hallte allerdings bis nach Spanien. Es sei wohl ein offenes Geheimnis, sagte la Carbonero, dass das Klima in der Umkleide nicht gut und das Team gespalten sei. Mourinho, so hieße es, stehe kurz vor dem Abschied. Kontakte zu den katarischen Besitzern von Paris Saint-Germain werden ihm nachgesagt. Und - offenbar noch konkretere - zu Roman Abramowitsch vom FC Chelsea. Doch einer wie Mourinho würde gerne mit einem Paukenschlag gehen, mit einem großen Pokal - mit la Décima.

Wenn man dem Zentralorgan des Madridismo glaubt, dann stehen die Chancen gar nicht so schlecht. Die Zeitung Marca behauptet vor dem Manchester-Spiel, die Real-Spieler seien so fit wie nie zuvor. Mourinho habe die Vorbereitung im Sommer 2012 in Kalifornien so angelegt, dass die Auswahl just im Februar ihre Höchstform erreicht. Vor allem Sami Khedira, Mesut Özil und Cristiano Ronaldo, die drei Mourinho-Lieblinge, sollen außergewöhnlich fit sein. Weil sie die Antriebskräfte im Aufbau und im Angriff sind, verspricht man sich einiges.

Die Zeitung El Mundo maß am Wochenende die Sprintstärke Ronaldos bei dessen Tor zum zwischenzeitlichen 4:0 gegen den FC Sevilla, Strafraum zu Strafraum, in der 58. Minute: 11,6 Sekunden brauchte Ronaldo für 98 Meter, 50 davon mit dem Ball am Fuß. In diesem Jahr gelangen ihm schon 13 Tore. Schon werden wieder Superlative bemüht. Schon wird er wieder mit Klub-Legenden verglichen, sogar mit Alfredo Di Stéfano. So keimt Mut.

Gegen Manchester trifft Ronaldo auf alte Freunde. Sechs Jahre hat er für United gespielt, bevor er 2009 nach Madrid wechselte. Er liebt ManU bis heute, er findet auch, man habe seinem Talent in England mehr Respekt gezollt als dies in Spanien geschieht. Ronaldo braucht eine ganze Menge davon, um glücklich zu sein.

In Madrid erinnert man sich aus gegebenem Anlass nun gerne an das Viertelfinale der Champions League 2000 - gegen ManU. Auch damals war Real in der spanischen Meisterschaft abgeschlagen. Das Hinspiel in Madrid ging torlos aus. Das Rückspiel aber fand dann Eingang ins Archiv der Selbstglorifizierung. Denkwürdig war vor allem der Hackentrick des Argentiniers Redondo auf der linken Außenbahn, durch die Beine von Verteidiger Berg, und der anschließende Pass in die Mitte zu Stürmer Raúl, der zum 0:3 einschob.

Manchester glückten danach zwar noch zwei Anschlusstore, doch Real kam weiter und gewann in Paris gegen den FC Valencia die Trophäe. Es war damals die Achte, la Octava. Sie machte alle Zweifel kurz vergessen.

© SZ vom 13.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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