Real Madrid in der Champions League:Der Titelsammler

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Toni Kroos und Nachwuchs nach dem Champions-League-Sieg. (Foto: Getty Images)
  • Toni Kroos gewinnt mit Real Madrid erneut die Champions League.
  • Es ist sein dritter Titel in der Königsklasse. Einen mit dem FC Bayern, zwei mit Real.
  • Im Finale spielt er auch ohne Tor eine überaus wichtige Rolle.

Von Javier Cáceres, Cardiff

Die wesentlichen Dinge entgehen Toni Kroos nicht, und für das, was nebensächlich ist, hat er kein Auge. "Das ist an mir vorbeigegangen", sagte Kroos, als er am Samstagabend gefragt wurde, was der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy und der emeritierte König Juan Carlos gesagt hatten, als sie Samstagnacht in der Kabine von Real Madrid aufgetaucht waren, um Real Madrids Belegschaft zum zwölften Sieg in der europäischen Königsklasse zu gratulieren.

4:1 hatte Real Madrid gegen Juventus Turin gewonnen - und damit als erste Mannschaft den wichtigsten Klubtitel Europas verteidigt, seit er im Champions-League-Modus ausgetragen wird. "Ich habe mich um meinen Sohn gekümmert", entschuldigte sich Kroos, er war in Sorge, dass der dreijährige Leon zu wenig Schlaf bekommen könnte, der Tag in Cardiff ging seinem Ende entgegen: "Aber den Wunsch, hier dabei zu sein, konnte ich ihm nicht ausschlagen."

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In der Tat: Auf dem Foto mit Rajoy und dem früheren Monarchen Juan Carlos, das verbreitet wurde, fehlte Kroos. Doch was machte das schon: Seine Arbeit hatte er verrichtet. Und die bestand in nichts weniger, als darin, Geschichte zu schreiben. "Es ist wirklich etwas ganz besonders diesen Titel zu verteidigen, den jede Mannschaft in Europa gerne haben will. Wahnsinn", sagte Kroos, der nun der erste deutsche Fußballer mit drei Champions-League-Titeln ist: Er war im vergangenen Jahr bei Reals Sieg gegen den Stadtrivalen Atlético in Mailand dabei, 2013 war er Teil der Triple-Mannschaft des FC Bayern.

Zudem hat er in diesem Jahr die Meisterschaft mit Real gewonnen. "Wir haben als Mannschaft eine unfassbare gute Saison gespielt, auch in der Chamions League, gegen Bayern, gegen Atlético, auch heute", erklärte Kroos auf dem Weg in den Mannschaftsbus von Real Madrid. Noch in der Nacht flog das Team zurück, am Sonntagnachmittag standen die üblichen Feierlichkeiten am Cibeles-Brunnen an. Angeführt von Kapitän Sergio Ramos, der mit einer Schauspieleinlage für die unfeine Note in der Nacht des Triumphes sorgte: Bei einem Zweikampf mit Juves Kolumbianer Juan Cuadrado wälzte er sich am Boden, obwohl er kaum berührt worden war, und verleitete in den Schlussminuten den ansonsten guten Schiedsrichter Felix Brych (Berlin) zu einer überflüssigen gelb-roten Karte.

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Kroos hatte eine überaus tragende Rolle bei dem Sieg. In der überaus starken Anfangsphase der Italiener war es Kroos, der die Bälle forderte und dafür sorgte, dass Real allmählich ins Spiel fand. Dem 1:0 durch Cristiano Ronaldo (20.) ging ein Galoppritt von Kroos durchs Mittelfeld voraus, das die bis dahin unüberwindlichen Abwehrreihen von Juventus aufbrach. Und nach dem traumhaften 1:1 durch Mario Mandzukic (27.) orchestrierte er zusammen mit seinem Mittelfeldpartner ein Spiel, dem Juventus in der zweiten Halbzeit nichts mehr entgegenzusetzen hatte.

Der Ball gehörte Real Madrid, Marcelo und Carvajal flogen links und rechts die Außenbahnen entlang, die Tore zwei, drei und vier durch Casemiro (61.), wieder Ronaldo (64.) und Marco Asensio (89.) folgten mit einer gewissen Zwangsläufigkeit. "Ich hatte das Gefühl, wir hatten in der zweiten Halbzeit mehr im Tank", sagte Kroos, "Juve hatte nach dem 2:1 Schwierigkeiten, wie nach dem 0:1 richtig zurückzukommen."

Dafür war nicht zuletzt Trainer Zinédine Zidane verantwortlich, er drehte in der Halbzeitpause in der Kabine an den richtigen Reglern. "Ich habe meinen Spielern gesagt, dass sie so weiterspielen sollten, aber mehr Breite und Druck ins Spiel bringen, dass sie mehr im Feld des Gegners spielen sollten", sagte Zidane, der erst seit Januar 2016 Trainer bei Real ist und nun von Vereinsboss Florentino Pérez einen unbefristeten Vertrag angeboten bekam: "Er kann sein ganzes Leben lang bei Real bleiben", sagte der Bauunternehmer.

Toni Kroos wäre es wohl recht, wenn Zidane länger verweilen würde als nur bis 2018, dann endet sein derzeitiger Vertrag. "Was Zidane sehr gut geschafft hat: Jedem das Gefühl zu geben, dass er wichtig ist", sagte Kroos. "Er hat unheimlich viel rotiert in der Liga, jeder war wirklich wichtig. Auch ich musste zum Ende der Saison gar nicht mehr so viele Spiele machen. Die Spieler, die reingekommen sind, haben es perfekt gemacht", fügte der Greifswalder hinzu, der auch noch Zeit fand, seinen Nationalmannschaftskollegen Sami Khedira zu trösten, der das Stadion wortlos und mit finsterem Blick verließ. "Ich habe ihm zu seiner Saison mit Juve gratuliert und ihm gesagt, er soll den Kopf hochnehmen. "Ich weiß, wie es ist ein Champions League Finale zu verlieren", sagte er in Anspielung auf das "Finale dahoam", das er 2012 mit dem FC Bayern in München gegen den FC Chelsea verlor.

Zieht Ronaldo mit Messi gleich?

An das Gefühl kann sich Cristiano Ronaldo kaum noch erinnern, er zählt zu den Spielern, die in den letzten vier Jahren mit Real gleich drei Mal den Henkeltopf gewinnen konnten. "Wenn Du das Ding gewinnen willst, brauchst Du am Ende den, der das Tor macht. Fünf gegen Bayern, drei gegen Atletíco, zwei im Finale...Tja. Dieser eine Titel, den er ganz gern hat, ist definitiv wieder vergeben", sagte Kroos und meinte den "Goldenen Ball", der dem besten Fußballer des Jahres überreicht wird. Der Portugiese wird wohl tatsächlich im kommenden Jahr mit Lionel Messi gleichziehen - der Argentinier war schon fünf Mal Weltfußballer. Mittlerweile hat er 105 Champions-League-Tore erzielt. Seine Kritiker hält er daher auch für mundtot: "Sie werden keine Worte finden, denn Zahlen lügen nicht", sagte Ronaldo.

Kroos war da ungleich bescheidener. Seinem Sohn Leon jedenfalls wird er nicht groß erklären, was er alles an Trophäen sammeln konnte. "Ach. Er wird es von allein mitbekommen, oder gesagt bekommen. Ich bin nicht der, der ihm sagen muss, was der Papa alles erreicht hat. Mir reicht es völlig aus, wenn er mit mir als Papa zufrieden ist."

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