Pokalfinale: Bremen gegen Bayern:Vielseitige Perspektiven

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Während Louis van Gaal einer ersten Berlin-Reise und Titelchance vergnügt entgegensieht, reagiert Bremens Trainer Thomas Schaaf gewohnt pragmatisch.

Moritz Kielbassa

Auf drei Säulen stehe Schalkes Spiel, hatte der Münchner Manager Christian Nerlinger in seiner viel beachteten Stilkritik erläutert: 1. Fitness; 2. gefährliche Standardsituationen; 3. taktische Fouls. Ersetzt man Punkt drei - positiver formuliert - durch nickeliges Bekämpfen des Gegners, dann liegt Nerlinger nah an der Wahrheit. Tatsächlich lehrt der Gelsenkirchener Trainer Felix Magath keine "ganzheitliche Philosophie", wie der Kollege Louis van Gaal. Magaths pragmatischer, zuletzt überaus erfolgreicher Fußball beruht auf den einfachen Kernelementen: rennen, fighten - und aus einem engen Abwehrnetz flink zu Kontern ausrücken, oft mittels Langstreckenpässen. Das Primat der Ergebnisse schlägt den ästhetischen Anspruch.

Es war dem FC Bayern daher wichtig, im Kulturkampf mit seinem früheren Trainer nicht wieder schmachvoll zu unterliegen, wie zuletzt im Meisterduell 2009 gegen Magaths famos konternde Wolfsburger. Die Münchner selbst vertrauen jetzt ja der holländischen Lehre des gepflegten Ballbesitzes, die in Schalke im Vorjahr unter Fred Rutten ins stilistische Nichts geführt hatte. Im Taktik-geprägten Pokalhalbfinale hatten die Bayern über weite Strecken ein spielerisches Übergewicht, obwohl der löchrige Rasen Gift war für Flachpässe. Das war ein Pluspunkt. Und es gefiel van Gaal, der natürlich auch bedeutend besseres Personal zur Verfügung hat als Magath.

Trotz des Ackers habe man "gut gefußballt", niederländelte der Bayern-Trainer zufrieden. Er weiß: In fast jeder Partie geht es jetzt, während der Frühjahrs-Festspiele, um "Gladiolen oder Tod". Jede Niederlage führt in München sofort zu apokalyptischen Balladen statt Jubelmärschen. Die Pokalbilanz 2009 übertrifft van Gaal immerhin schon, damals kam national und international im Viertelfinale das Aus. Beim Grand Prix von Europa wartet nun die Herkulesaufgabe Manchester.

Doch ebenso liegt den Bayern daran, ihren Status als Nummer eins im deutschen Spielbetrieb zurückzuerobern. Zuletzt waren große Spiele keine Bayern-Domäne mehr, die Konkurrenz knickte nicht mehr automatisch ein, sobald es um die Wurst ging. Unter van Gaals Herrschaft soll das alte Selbstverständnis zurückkehren. Das "E-cho" entscheide im Fußball, sagt der Trainer - "ch" ist in seiner Aussprache ein "g"!

Seiner ersten Berlin-Reise und Titelchance sieht er vergnügt entgegen. Der Rasen dort wird besser sein, Gegner Bremen offensiver - und dessen Trainer erneut ein interessanter Antipode. Beide, van Gaal und Thomas Schaaf, wurden gefragt, was der Finaleinzug psychologisch für den Bundesliga-Endspurt bedeute. Van Gaal sagte: "Jedes Spiel beeinflusst das nächste." Schaaf sagte: "nichts."

So ist Fußball - ein Spiel mit herrlich vielseitigen Perspektiven.

© SZ vom 26.3.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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