Personalnot in Dortmund und München:Wundgelaufen in den Arenen der Welt

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Verletzt und bald ohne Trainer: Münchens Arjen Robben (links) und der Dortmunder Erik Durm (Foto: dpa)

Bayern und Dortmund prägten vier Jahre lang einen gemeinsamen Zyklus. Nun laborieren beide an den Nachwirkungen: Der BVB braucht einen neuen Trainer - und die Münchner mittelfristig jüngere Spieler.

Ein Kommentar von Christof Kneer

Bei der WM 2010 in Südafrika standen acht Spieler des FC Bayern im deutschen Kader. Von Werder Bremen haben es immerhin vier Profis zum Turnier geschafft, und auch wenn es aus heutiger Sicht absurd klingt: Es waren auch vier Spieler vom Hamburger SV und drei vom VfB Stuttgart dabei. Vervollständigt wurde Joachim Löws Aufgebot von vier Alleinreisenden aus Schalke, Leverkusen, Wolfsburg und Köln. Keinen Spieler stellte hingegen der TuS Schönau 1896 (Löws erster Verein), RB Leipzig (damals gerade erst gegründet) - sowie: Borussia Dortmund.

Dieser kleine Ausflug in den Sommer 2010 ist durchaus lohnend für Schulklassen, denn diese winzige Zeitreise reicht aus, um die Gegenwart besser zu verstehen. Im Sommer 2010 hat im deutschen Fußball etwas angefangen, von dem man nicht genau weiß, ob es immer noch da ist, ob es gerade zu Ende geht, oder ob es vielleicht schon weg ist, aber bald wiederkommt. Im Sommer 2010 begann jener Zyklus, den der FC Bayern und sein neuer Rivale aus Dortmund prägten.

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Es begannen jene Jahre, in denen sich die Widersacher reizten und anstachelten, in denen sie gemeinsam aneinander emporwuchsen. Beide wurden immer besser, schon weil der andere immer besser wurde. Bei allem, was sie taten, haben sie stets den anderen im Blick gehabt, mit der vorhersehbaren Pointe, dass die einen den anderen schließlich zwei Spieler (Götze, Lewandowski) entführten.

Nun spüren die Körper den Verschleiß

Bayern und Dortmund, das waren vier Jahre lang These und Antithese. Im Sommer 2014 haben sie sich dann zu einer großen Synthese vereint, als eine aus Bayern und Dortmundern erbaute Generation in Rio Weltmeister wurde.

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Mit ihrer gemeinsamen Geschichte lässt sich jetzt auch jene Aktualität erklären, an der beide Klubs gerade unabhängig voneinander leiden. Es hat den Anschein, als hinkten beide gerade aus ihrem gemeinsamen historischen Zyklus hinaus. Die Dortmunder sind nach Rio umgehend im tiefen, schwarzen WM-Loch versunken, die Münchner haben dieses Loch zunächst noch sehr souverän überspielt, aber nun spüren auch ihre Körper den Verschleiß. Sie haben sich wund gelaufen in den Arenen der Welt, und in ihrem Zustand werden sie nun von kraftstrotzenden Quälgeistern wie jenen aus Porto belästigt, die - ein Privileg der Jugend! - keinerlei Rücksicht auf historische Verdienste nehmen.

Der Fußball beider Teams laboriert an einem Ermüdungsbruch, und zur Genesung braucht der BVB einen neuen Trainer und der FC Bayern (mittelfristig) ein paar neue Spieler. Beim BVB markiert Klopps Abschied das vorläufige Ende einer Ära, bei den Ü30-Bayern (Alonso, Lahm, Schweinsteiger, Robben, Ribéry, Dante) deutet sich ein Umbruch an. Noch immer haben die Münchner das Potenzial, um die Champions League zu gewinnen, aber sie werden jetzt erst mal durch den Frühling humpeln müssen.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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