Nationalspieler Sandro Wagner:Ein Draufgänger für Löw

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Ein Debütant, der klare Ansagen macht: Sandro Wagner im Spiel gegen Dänemark (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Sandro Wagner, der Stürmer aus Hoffenheim, ist jetzt Nationalspieler.
  • Sein Debüt verlief ordentlich, seine Ansagen nach Schlusspfiff haben es in sich.
  • In Löws Elf könnte Wagner bald eine wichtige Rolle spielen.

Von Jonas Beckenkamp, Kopenhagen

Als der liebe Gott auf der Erde unter den Menschen die Eigenschaften "Selbstbewusstsein" und "Großspurigkeit" verteilte, muss Sandro Wagner besonders laut "hier" gerufen haben. Wagner ist keiner, der sich versteckt - er stellt sich lieber in den Vordergrund. Seit dem Ausflug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach Dänemark dürfte beim Stürmer aus Hoffenheim die Brust noch einmal etwas geschwellter sein. Denn: Sandro Wagner, 29, ist jetzt Nationalspieler. Ein Kerl, der irgendwie immer mehr von sich selbst gehalten hatte als andere.

Für einen Angreifer, der vorne drin seine Chancen erwühlt, ist das an sich keine unpassende Eigenschaft. Schließlich ist mit hängenden Schultern noch keiner Weltmeister geworden - außer Miroslav Klose, aber bei dem gehörte das Schlurfen zur Grundhaltung. Wagner also, der Schlaks mit dem Ziegenbärtchen, der Typ, den sie bei vielen Bundesligaklubs nicht mehr haben wollten, er stand nach dem 1:1 in Brøndby gegen die Dänen im Gesprächspulk und erzählte von seinem Länderspiel-Debüt. "Das hat Spaß gemacht, es war ein schönes, ein tolles Gefühl. Darauf habe ich 29 Jahre gewartet."

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Heißt also: Sandro Wagner wusste schon immer, dass Sandro Wagner es eines Tages packen würde. Gerade dieses Urvertrauen ins eigene Können prägt ihn, und wer ihm so zuhörte, der gelangte zwangsläufig zu der Einsicht: Klar, dieser Wagner mag nie Deutschlands Mittelstürmer Nummer eins werden, aber eine ordentliche Nummer zwei oder drei ist er allemal. Gegen die Dänen hatte Wagner nämlich demonstriert, dass er durchaus mehr kann als nur vorne drin lauern und mal einen reinstöpseln. Er hatte mit den Kollegen kombiniert, hatte Bälle verteilt und sich gegen die dänischen Abwehr-Leuchttürme Christensen und Vestergaard behauptet.

"Wir sind vom Strand hierher gekommen"

"Besonders in der ersten Halbzeit" habe das Spiel "überraschend gut" geklappt, wie er fand. Und dann sagte er noch einen typischen Wagner-Satz, der Unverblümteste war er ja noch nie: "Wir haben zwei Wochen Urlaub gehabt, sind mehr oder weniger vom Strand hierher gekommen." Vom Strand zum Stammspieler in der DFB-Elf, diese Entwicklung trauen Wagner in diesem Sommer einige zu, denn es steht ihm ja weder Mario Gomez im Weg, noch Thomas Müller, noch Mario Götze. Die bleiben alle den Sommer über am Strand liegen. Seine Konkurrenten um den Platz vorne drin heißen derweil Timo Werner, Julian Brandt oder Lars Stindl.

Mit Letzterem spielte er sich gegen Dänemark flott die Bälle zu, so dass Wagner hinterher ganz selbstlos feststellte: "Mit Stindl ist es einfach zu kombinieren, er ist ein Superspieler." Doch auch Wagner selbst erhielt warme Worte, sogar vom Bundestrainer: Er habe "vorne viel gearbeitet, die Gegner gebunden und beschäftigt. Die Innenverteidiger der Dänen mussten Acht geben, weil er präsent ist", sagte Joachim Löw. Tatsache ist, dass die Position des Mittelstürmers eine der größten Baustellen beim DFB darstellt, seit Weltmeister Miroslav Klose 2014 in Rente ging. Neben Gomez ist Wagner der einzige Deutsche vom Typ "Stoßstürmer", der ein halbwegs breites Kreuz besitzt.

Einer, der den Nahkampf als Chance sieht und den man gerne als Einwechselspieler hat, wenn es gegen Frankreich in irgendeinem Halbfinale mal wieder in der 55. Minute 0:1 steht. So betrachtet, könnte Sandro Wagner mit seiner Spielweise und seinem Draufgängertum durchaus ein Gewinn sein für die anstehende WM 2018 in Russland. "Ich bin dabei, um mich hier einzufügen", erklärte er. Das waren dann doch überraschend moderate Töne von einem, der sich sonst schon sehr okay findet. Aufgeregt sei er bei seinem Debüt aber nicht gewesen: "Nervös bin ich ehrlich gesagt nie auf dem Platz. Fußball ist doch nur ein Spiel." Ein Spiel, das Sandro Wagner gerade recht leicht fällt.

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