Sport und Politik:Was US-Sportler Özil voraus haben

Lesezeit: 2 min

Stummer Protest: Bei der Nationalhymne vor dem Super Bowl im Februar sangen Spieler wie Malcolm Jenkins (#27) nicht mit. Dem US-Präsidenten im Weißen Haus die Hand schütteln wollten sie dann auch nicht. (Foto: REUTERS)

Schon immer hat die Politik versucht, den Sport für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Muss das so laufen? Football- und Basketball-Profis in den USA geben ein leuchtendes Beispiel.

Kommentar von Josef Kelnberger

Folgende Nachricht sollte man den deutschen Fußball-Natonalspielern İlkay Gündoğan und Mesut Özil ganz dringend übermitteln: Egal, wer die US-Basketballmeisterschaft gewinnt, ob die Cleveland Cavaliers oder die Golden State Warriors - sie wollen eine Einladung von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus auf gar keinen Fall annehmen. Das haben die Anführer der beiden Finalisten, LeBron James und Stephen Curry, nun wissen lassen.

Also doch: Man kann Einladungen von Staatspräsidenten ausschlagen. Und logisch, es ist ein politisches Statement, wenn ein Sportstar einen Politiker trifft - oder eben nicht trifft. Sehr seltsam, dass Gündoğan und Özil das nicht bedachten, als sie gemeinsam mit dem autokratischen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan für ein Foto posierten.

Immer schon hat die Politik versucht, den Sport für ihre Zwecke zu nutzen, und nur selten hat der Sport sich widersetzt. Die US-Profis geben ein leuchtendes Beispiel, nicht nur im Basketball, sondern auch im Football, einer uramerikanischen Sportart. Der aktuelle Champion, die Philadelphia Eagles, tragen einen Dauerstreit mit Trump aus, seit ein Spieler sich weigerte, die Nationalhymne zu singen, was in anderen Teams Nachahmer fand. Der Präsident geißelte die Profis als unamerikanisch und unpatrotisch; die Profis wiederum halten den Präsidenten für einen Spalter, der auf nichtweiße Minderheiten losgeht. Nur eine Handvoll der Eagles-Spieler wollte diese Woche einer Einladung Trumps ins Weiße Haus folgen - Trump war so unsouverän, daraufhin die ganze Mannschaft auszuladen. Der Sieg in dem Duell geht eindeutig an die Sportler.

Es tut sich ein wahres Minenfeld auf zwischen Sport und Politik, und in vielen Fällen sind Sportler schlicht überfordert, einen eigenen Weg zu finden. Welche Haltung, zum Beispiel, sollte man von den argentinischen Fußballprofis erwarten, die nun mitten hinein in den Nahostkonflikt katapultiert wurden? Aus augenscheinlich politischen Motiven verlegte Israel ein Testspiel gegen Argentinien von Haifa nach Jerusalem, wogegen die Palästinenser heftig protestierten, sogar mit blutgetränkten Messi-Trikots. Der argentinische Verband sagte das Spiel nun ab, und die Palästinenser feiern einen angeblichen Sieg über Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Aber letztlich gibt es in diesem schmutzigen Spiel nur Verlierer.

Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hat nun erklärt, bei der kommende Woche beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft in seinem Land gehe es nur um Sport und sonst nichts. Ein Witz, denn natürlich geht es auch um Staatspropaganda. Niemand erwartet nun von Gündoğan, Özil und ihren Kollegen knallige politische Statements. Aber dass sie in einem autokratisch geführten Land spielen werden - das sollte ihnen in groben Zügen doch bewusst sein.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Football
:Hymnenstreit: Trump lädt Super-Bowl-Sieger Philadelphia Eagles aus

Im Streit um Kniefälle beim Abspielen der Nationalhymne hat US-Präsident Trump einen Empfang im Weißen Haus abgeblasen. Ohnehin wollten nur wenige Mitglieder des Teams teilnehmen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: